40% auf ALLES! Dieser bahnbrechende Deal hat in den vergangenen Tagen hohe Wellen geschlagen. Möglich machen sollten dies ein argentinischer Umrechnungskurs sowie eine VISA-Karte, die man auch bei PayPal hinterlegen kann. Wie ist der aktuelle Stand? Mache ich mich strafbar, wenn ich das nutze? Kann der volle Betrag zurückgefordert werden?
Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Durch eine Umstellung der eigenen Währung beim Zahlungsanbieter PayPal auf Argentinische Pesos konnten Käufer zumindest bis Dienstag, den 25.1.2021, bei Online-Käufen insbesondere mit VISA-Kreditkarten rund 40% sparen. Für teils mehrere tausende Euro kauften sich derzeit Personen beispielsweise Gutscheinkarten und Software. Auch der normale Geldversand über PayPal war erfasst, sofern dort eine VISA hinterlegt war, sodass bei einem versendeten Betrag von 1.000 Euro nur 600 Euro versendet wurden. Richtig bekannt wurde dieser Trick durch MyDealz.
Tatsächlich funktioniert das Ganze über PayPal bereits nicht mehr. Direkte Visa-Zahlungen scheinen noch möglich, allerdings berichten Nutzer bereits über Kreditkarten-Sperrungen. Außerdem heißt es, PayPal werde nun den vollen Preis in Euro abbuchen, ohne die 40% Rabatt. Nun fragten sich Schnäppchenjäger: War das Ganze überhaupt legal? Und kann es sein, dass mir am Ende doch der volle Preis abgebucht wird? Welche Konsequenzen drohen dennoch? Und was kann man in einem solchen Fall tun?
Hintergrund: argentinischer Touristen-Dollar
Hintergrund dieses Mega-Rabatts ist eine schwere Wirtschaftskrise, die gerade Argentinien beherrscht. Deswegen wurde der sogenannte „Touristen-Dollar“ durch die argentinischen Finanzbehörden ins Leben gerufen. Die Zentralbank hat dazu einen eigenen Umrechnungskurs für Touristen geschaffen, der im Vergleich zum normalen Umrechnungskurs von Euro zu Pesos ca. 40% günstiger ist. Dieser gilt aber nur für Kartenzahlungen wie mit Visa- oder Mastercard, die im Ausland erstellt wurden. Dadurch sollte eigentlich für ausländische Touristen ein Anreiz geschaffen werden, nach Argentinien zu reisen und vor Ort Geld auszugeben. Im Ergebnis hätte sich das auch gelohnt, auch wenn die Zentralbank mit dem schlechten Wechselkurs etwas Geld verloren hätte. Denn auch ein bisschen Einnahmen im Land sind besser als gar keine Einnahmen.
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Durch die massenhafte Ausnutzung online, die ausschließlich im Ausland stattfindet, ist das natürlich nicht der Fall. Im Endeffekt wird hier scheinbar Geld generiert, denn aus dem nichts kann man aus einer 60€-Abbuchung 100€ machen. Die wie funktionierte der „Rabatt“?
Zumindest bislang gibt es keine Kontrolle, ob es sich tatsächlich um eine Zahlung in Argentinien handelt, sodass im Ergebnis jede Zahlung in einem Online-Shop über Paypal auf diese Art und Weise günstiger durchgeführt werden konnte. Der Trick lag in der Abbuchung des Geldes von dem Konto hinter der Kreditkarte. PayPal rechnet den zu zahlenden Euro-Betrag nach dem regulären Wechselkurs um, damit der Betrag in Argentinischen Peso bezahlt werden kann. Diesen Betrag leitet PayPal dann an VISA weiter, damit VISA das Geld von der Karte abbuchen kann. Da hinter der Kreditkarte ein Euro-Konto steht und nur Umsätze in Euro gemacht werden können, wird der zu zahlende Betrag in Pesos wieder in Euro umgerechnet. Dafür finden nach den gängigen Kreditkartenvereinbarungen die Umrechnungspreise der Kreditkartenanbieter Anwendung, die in diesem Fall den günstigen Umrechnungskurs der argentinischen Zentralbank beinhalten. Von dem belasteten Konto werden daher nur 60 % des eigentlichen Betrages abgebucht.
Wer hat den Schaden?
Es handelt sich dabei um eine Kette von Beteiligten. Höchstwahrscheinlich muss am Ende die Argentinische Staatsbank, also der argentinische Staat für die Kosten aufkommen. Im Einzelnen:
Zahlt man über PayPal mit den argentinischen „Touristen“-Pesos und hat dort VISA hinterlegt, zieht PayPal das Geld direkt bei VISA ein. Bei der direkten Bezahlung mit Kreditkarte läuft es direkt über VISA. VISA geht daraufhin als Zahlungsdienstleister in Vorleistung und hat damit zunächst den Schaden.
Generell ist es so, dass Zahlungsinstitute wie Banken oder eben VISA immer ein Konto bei einer Bank in dem Land brauchen, mit dessen Währung bezahlt wird. Hier eben bei der Staatsbank Argentinien. VISA wird auch eine Vereinbarung mit der argentinischen Staatsbank haben, dass sie sich die Differenz der Zahlungen von der Staatsbank wiederholen kann. Gäbe es die nicht, würde VISA aus dieser Sache mit einem großen Verlust rausgehen. VISA wird das Geld also von Argentinien erstattet bekommen.
Unklar ist, ob der argentinische Staat mit VISA vereinbart hat, dass die Erstattung nur für Zahlungen gilt, die in Argentinien getätigt werden. Gäbe es eine solche Vereinbarung, dann läge die Schuld für die finanziellen Einbußen sehr wahrscheinlich bei VISA selbst und sie hätten keinen Erstattungsanspruch gegen den argentinischen Staat. Es ist allerdings auch nicht geklärt, ob es für VISA technisch überhaupt möglich wäre, Zahlungen in einer bestimmten Währung nur inländisch zuzulassen.
Den Schaden trägt wohl letztlich die argentinische Wirtschaft. Denn das ausgegebene Geld kommt nicht in Argentinien an, der Staat trägt aber die Kosten dieser 40% Differenz. Es sieht allerdings aktuell so aus, als hätte die argentinische Regierung diese Lücke nicht bedacht oder nicht ernst genug genommen. Im Ergebnis dürfte die derzeitige Umsetzung dieser Regelung der Wirtschaft eher schaden.
Übrigens: Auch MasterCard hat eine Vereinbarung über den geringeren Umrechnungskurs mit der argentinischen Nationalbank geschlossen. Die Ausschüttung der Differenzbeträge soll dort jedoch erst nachträglich im Wege einer Gutschrift erfolgen. Angesichts des derzeitigen Missbrauchs dieser Regelung ist unklar, ob und in welchem Maße dies noch geschieht.
Mache ich mich strafbar, wenn ich das ausnutze?
Damit stellt sich für euch natürlich die Frage, ob man sich strafbar macht, wenn man diesen Trick benutzt. Dafür könnte zunächst der Betrug in Betracht kommen. Das scheidet aber aus mehreren Gründen aus. Es bräuchte zunächst eine Täuschung über Tatsachen. Es wird aber in diesem gesamten Prozess über nichts getäuscht. VISA hat in ihrem System schließlich keine Abfrage, die voraussetzen soll, dass man tatsächlich in Argentinien ist. Es könnte natürlich sein, dass PayPal oder VISA als Reaktion eine Checkbox einbauen, mit der man bestätigen muss, in Argentinien einzukaufen. Sollte man dort falsche Angaben machen, käme eine Strafbarkeit durchaus in Betracht.
Es gibt dann noch den Computerbetrug aus § 263a StGB. Man arbeitet in diesem Fall nicht mit Menschen, sondern mit Computerprogrammen. Dafür müsste dann in Bezug auf die digitalen Abläufe eine tatbestandliche Handlung gegeben sein. Man müsste also beispielsweise falsche oder unrichtige Daten verwendet und so ein eigentlich unerwünschtes Ergebnis erzielt haben. Auch die Verwendung von Daten, die man eigentlich nicht benutzen dürfte oder eine sonstige unzulässige Einwirkung auf den Ablauf könnte den Tatbestand erfüllen. Das ist aber alles nicht gegeben. Es wird einfach nur in einer anderen Währung bezahlt, das ist die ureigene Aufgabe von Kreditkarten und nicht unzulässig.
Als letztes kommt dann noch der Kreditkartenmissbrauch gemäß § 266b StGB in Betracht. Dass der Aussteller der Karte zu einer Zahlung veranlasst wird, ist hier unproblematisch. Bei einer Kreditkarte geht der Anbieter immer in Vorauszahlung und in der Regel wird dann monatlich abgerechnet. Es geht also um die Frage, ob die Karte durch diese Benutzung missbraucht wird. Dafür maßgeblich ist das sogenannte „rechtliche Dürfen im Innenverhältnis“. Das bedeutet ein Missbrauch liegt dann vor, wenn ihr schwer gegen die Bestimmungen des Kreditkartenvertrages verstößt. Ein Verbot für Fremdwährungszahlungen in diesen Bestimmungen würde gegen den grundsätzlichen Gedanken einer Kreditkarte verstoßen, sodass von so einer Klausel nicht auszugehen ist. In den VISA-Bestimmungen () gibt es auch keine Bestimmung, gegen die hier verstoßen worden sein könnte. Dass man in Argentinien bezahlen muss, war zwar der Gedanke hinter diesem Umrechnungskurs, das wurde so allerdings nicht umgesetzt. In Punkt 8 steht nur, dass die Wechselkurse bei Währungen außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums von VISA gestellt werden.
Strafrechtlich dürfte dieser Trick für also nicht relevant sein.
Kann der Betrag nachträglich korrigiert werden?
Hat man mit VISA direkt gezahlt, so dürfte eine Nacherhebung der eingesparten Beträge nicht möglich sein. Die AGB von Visa sehen für solche Fälle auch keine Möglichkeit vor, die Zahlung im Nachhinein zu stornieren. Nutzer berichten allerdings derzeit von Kreditkartensperrungen für die Zukunft.
Waren VISA-Karten in PayPal hinterlegt, so könnte es sein, dass reine Überweisungen ohne einen kaufvertraglichen Hintergrund storniert werden. Laut AGB von PayPal darf man „keine Währungen für Spekulationsgeschäfte… oder andere Aktivitäten … umrechnen, mit denen primär auf der Grundlage von Wechselkursen Geld verdient oder erwirtschaftet werden soll.“ Als Konsequenz eines Verstoßes behält sich PayPal vor, dass sie: „jede Transaktion… einbehalten, stornieren oder zurückbuchen“. Allgemein sieht PayPal bei AGB-Verstößen noch weitere Konsequenzen vor, etwa die Kontosperrung.
Die Verbotsklausel dürfte allerdings nur dann greifen, wenn Geld von PayPal Konten hin- und her verschoben wird, um Geld zu generieren. Anders sieht es aus, wenn von dem Geld tatsächlich Waren gekauft wurden. Die Klausel setzt explizit voraus, dass Geld verdient oder erwirtschaftet werden muss. Beim Kauf von Waren verdient man allerdings aufgrund des Umrechnungskurses keines, sondern erhält für weniger Geld eine Gegenleistung. Es ist also unwahrscheinlich, dass Buchungen plötzlich storniert werden und der Original-Preis aufgrund der kaufvertraglichen Pflichten bezahlt werden muss.
Jetzt ist natürlich noch nicht gerichtlich geklärt, ob die Klausel von PayPal überhaupt gültig oder ungültig ist. Deshalb sollte man immer noch alle anderen Möglichkeiten in Betracht ziehen, die PayPal rechtlich anbringen könnte. Man könnte deshalb überlegen, ob PayPal die Transaktionen wegen eines Irrtums anfechten könnte. Das ist zwar inhaltlich nicht ganz klar und es gibt gute Gründe, das abzulehnen, da sich bei der Zahlungsabwicklung niemand geirrt hat. Eine Anfechtung muss allerdings so oder so unverzüglich geschehen. Es dürfte also kein schuldhaftes Zögern gegeben haben. Spätestens durch verschiedene Presseanfragen weiß PayPal jetzt Bescheid und müsste sehr zeitnah jede einzelne Transaktion anfechten.
Wenn VISA oder PayPal jetzt dennoch den vollen Betrag abbuchen – was kann man tun?
Aktuell gibt es tatsächlich Berichte, dass PayPal beabsichtigt, den vollen Betrag abzubuchen. Das wird schwer zu begründen sein – zumindest auf Basis der AGB der genannten Zahlungsdienstleister gibt es nach aktueller Einschätzung keine Grundlage für eine plötzliche Änderung. Und die Kurse von Währungen sind in der Regel verbindlich. Was also sollte man tun, wenn PayPal tatsächlich so agiert?
Hier kann man zunächst versuchen, einer Anhebung des Preises durch PayPal zu widersprechen und dem Unternehmen gegenüber äußern, dass man zu diesen Konditionen an dem Vertrag nicht festhalten will. Dabei kann man sich darauf berufen, dass die AGB eine solche Preisänderung nicht vorsehen. Ein eigenes Anfechtungsrecht, mit dem man die gesamte Transaktion rückgängig machen könnte, besteht jedoch mangels relevantem Irrtum nicht.
Es gibt aber letztlich leichtere Möglichkeiten, aus dem Dilemma wieder herauszukommen:
1. Wurde mit dem Rabatt online eingekauft, gibt es das 14-tätige Widerrufsrecht bei Online-Verträgen. Dies muss man gegenüber dem Verkäufer aussprechen, dann wird auch die Bezahlung über PayPal wieder rückgängig gemacht.
2. Sollte PayPal eine reine Überweisung nicht von sich aus stornieren, sondern zu einem höheren Preis aufrechterhalten, lässt sich die Transaktion zwar nicht direkt über PayPal wieder zurückbuchen – dies gilt nur, wenn z.B. das Konto gehackt wurde. Aber die Person, mit der man diese Transaktion unternommen hat, kann das Geld einfach wieder zurücküberweisen, per „Freunde und Familie“-Option ohne Gebühren.
Fazit
Strafrechtlich haben Kunden wahrscheinlich nichts zu befürchten. Haben sie mit PayPal gezahlt könnte es sein, dass zumindest reine Überweisungen rückgängig gemacht werden – Käufe hingegen wahrscheinlich nicht. Kunden berichten außerdem bereits von Kreditkartensperrungen. Möglicherweise könnte auch PayPal erstmal das Konto sperren. Risikofrei sind die entsprechenden Transkationen daher nicht und die im PayPal-Konto gespeicherte Zahlungswährung kann darüber hinaus erst nach einem Monat erneut geändert werden.
lfe/ahe