In unserer neuen mehrteiligen Serie stellt Rechtsanwalt Christian Solmecke von der Kanzlei Wilde & Beuger unter dem Motto „Achtung Abmahngefahr: Welche Verstöße sind nach der Schwarzen Liste abmahnfähig?“ die juristischen Hürden für Online-Händler beim Handel im Netz dar. Im heutigen 16. Teil geht es um das Thema „Ausübung moralischen Drucks bzw. räumlichen Zwangs“.Die meisten werden so eine unangenehme Situation schon einmal erlebt haben: Man interessiert sich für ein Produkt bzw. eine Produktart und lässt sich von einem Verkäufer ausführlich beraten. Letztendlich hat jedoch keines der Produkte überzeugt und man ist an einem Kauf nicht interessiert. Doch dann wird der Verkäufer aufdringlich oder verärgert und suggeriert dem Kunden dieser könne nicht ohne die Kaffeemaschine etc. aus dem Geschäft gehen. Oder ein Versicherungsmakler kommt zu einem Hausbesuch vorbei und will die Wohnung nicht ohne weiteres verlassen. Die Schwarze Liste des UWG verbietet in einigen Klauseln ausdrücklich die Ausübung von räumlichem Zwang oder moralischem Druck auf Kunden.
Schwarze Klausel Nr. 25
Die Schwarze Klausel Nr. 25 wendet sich gegen die Ausübung von räumlichem Zwang:
„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind das Erwecken des Eindrucks, der Verbraucher könne bestimmte Räumlichkeiten nicht ohne vorherigen Vertragsabschluss verlassen.“
Unter den Tatbestand der Klausel fällt damit jedes Verhalten eines Unternehmers bzw. dessen Verkäufers, das dem Kunden das Gefühl vermittelt, er könne nicht ohne etwas zu kaufen die Räumlichkeit verlassen. Es reicht hierfür bereits aus, dass das Verhalten des Verkäufers diesen Eindruck beim Kunden erweckt. Eine direkte Aufforderung etwas zu kaufen ist nicht notwendig. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob der Unternehmer bzw. Verkäufer beabsichtigt den Kunden unter Druck zu setzen.
Der Begriff der Räumlichkeiten ist bei der Beurteilung des Sachverhaltes sehr weit zu fassen. Darunter fallen nicht nur Ladengeschäfte sondern auch Verkaufsstände auf Märkten oder in Fußgängerzonen sowie Werbestände von Zeitungen. In der Gesetzesbegründung wird zu Klausel Nr. 25 ausgeführt:
„Nach Nummer 25 des Anhangs ist es unzulässig, einen Verbraucher dadurch unter Druck zu setzen, dass ihm der – falsche oder gar zutreffende – Eindruck vermittelt wird, er könne die Geschäftsräume erst verlassen, wenn er sich auf einen Geschäftsabschluss einlässt. Unerheblich ist dabei, ob sich der Unternehmer zugleich wegen Nötigung nach § 240 StGB strafbar macht.“
Schwarze Klausel Nr. 26
Mit einem ähnlichen Verhalten beschäftigt sich auch die Schwarze Klausel Nr. 26:
„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind bei persönlichem Aufsuchen in der Wohnung die Nichtbeachtung einer Aufforderung des Besuchten, diese zu verlassen oder nicht zu ihr zurückzukehren, es sein denn, der Besuch ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt.“
Demnach ist es unzulässig, wenn ein Unternehmer oder dessen Angestellter den Kunden in seinen privaten Räumlichkeiten aufsucht, um ihm Waren oder Dienstleistungen zu verkaufen und er der Aufforderung zu gehen bzw. nicht zurückzukehren nicht sofort nachkommt. Dabei ist es unerheblich, ob der Unternehmer bzw. Angestellte mit dem Einverständnis des Kunden oder sogar auf dessen Einladung hin in die private Wohnung gekommen ist. Entscheidend ist vielmehr, dass der Aufforderung des Kunden die Räumlichkeiten zu verlassen bzw. nicht zurückzukehren nicht Folge geleistet wird. In der Gesetzesbegründung wird zur Schwarzen Klausel Nr. 26 ausgeführt:
„Umgekehrt ist es nach Nummer 26 des Anhangs unzulässig, wenn der Unternehmer den Verbraucher in der Wohnung aufsucht und sich der Aufforderung widersetzt, diese zu verlassen oder nicht dorthin zurück zu kehren. Dieses Verhalten stellt regelmäßig auch einen Verstoß gegen § 4 Nr. 1 und Nr. 11 UWG dar und kann als Hausfriedensbruch nach § 123 StGB oder Nötigung nach § 240 StGB strafbar sein. Wie bei Nummer 25 kommt es aber nicht darauf an, ob die Schwelle zur Strafbarkeit erreicht wird. Eine Ausnahme von diesem Verbotstatbestand gilt für Besuche, die der Durchsetzung vertraglicher Rechte des Unternehmers dienen und deshalb rechtlich nicht zu beanstanden sind. Dies kommt z. B. in Betracht, wenn den Verbraucher eine vertragliche Mitwirkungspflicht trifft, die das Aufsuchen seiner Wohnung erforderlich macht.“
Schwarze Klausel Nr. 30
Auch die Schwarze Klausel Nr. 30 beschäftigt sich mit einem unzulässigen Verhalten, bei dem der Kunde unter Anwendung moralischen Drucks dazu überredet werden soll ein bestimmtes Produkt bzw. Dienstleistung abzunehmen:
„Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind die ausdrückliche Angabe, dass der Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers gefährdet sei, wenn der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung nicht abnehme.“
Demnach ist es aus wettbewerbsrechtlicher Sicht nicht zulässig, wenn der Kunde mithilfe von moralischem Druck dazu gebracht werden soll Waren oder Dienstleistungen des Unternehmers zu beziehen. In diesem Zusammenhang muss nicht der Unternehmer, also der Chef selbst, den Druck auf den Kunden ausüben. Vielmehr ist als Unternehmer in diesem Sinne auch jeder Angestellte oder Handelsvertreter etc. zu sehen. Entscheidend für die Erfüllung des Tatbestandes der Schwarzen Klausel Nr. 30 ist, dass der Verkäufer ausdrücklich erklärt, dass der Arbeitsplatz oder der Lebensunterhalt gefährdet ist, wenn der Verbraucher die Ware nicht kauft.
Diese Art von moralischem Druck wird oft von Handelsvertretern, die von Tür zu Tür gehen und versuchen Telefonverträge oder Zeitungs-Abos zu verkaufen, eingesetzt. Und nicht selten führt diese Taktik bei gutmütigen Menschen auch zum Erfolg. Diese haben dann z.B. ein 2-Jahres-Abo einer Zeitschrift, die sie eigentlich gar nicht lesen. Um solchen Verkaufspraktiken entgegenzuwirken verbietet die Schwarze Klausel Nr. 30 ein solches Verhalten. In der Gesetzesbegründung wird hierzu ausgeführt:
„Nach Nummer 30 des Anhangs ist die ausdrückliche Angabe unzulässig, Arbeitsplatz oder Lebensunterhalt des Unternehmers seien gefährdet, wenn es nicht zum Geschäftsabschluss komme. Ein solches Verhalten ist auch jetzt schon nach § 4 Nr. 1 UWG wegen der unzulässigen Ausübung moralischen Drucks unlauter. Denn der Verbraucher sieht sich u. U. mit dem moralischen Vorwurf mangelnder Hilfsbereitschaft oder fehlender Solidarität konfrontiert. Allerdings sind derartige Auswirkungen für die Erfüllung des Verbotstatbestands der Nummer 30 nicht erforderlich.“
Nächste Woche geht unsere Servicereihe „Achtung Abmahngefahr: Die Schwarze Liste des UWG“ weiter. Das Thema unserer nächsten Freitagsausgabe lautet: „Unwahre Angaben“.
Sollten Sie noch weiterführende rechtliche Fragen haben und eine Einzelberatung wünschen, dann stehen Ihnen die Rechtsanwälte Christian Solmecke und Otto Freiherr Grote von der Kanzlei Wilde & Beuger gerne unter der Telefonnummer 0221 951 563 0 oder per E-Mail an info@wbs.legal zur Verfügung.