Die Mietpreise steigen immer weiter. Vermieter nutzen dabei Mieterwechsel gerne aus, um nochmal so viel wie möglich an monatlicher Miete herauszuholen. Wenn der Vormieter bereits mehr gezahlt hat, darf der Vermieter weiterhin eine höhere Miete als die ortsübliche Vergleichsmiete verlangen. Und wenn die Vormiete bereits unzulässig hoch war? Darf dann auf die Miete des Vor-Vormieters zurückgegriffen werden? Dieser simplen und zugleich komplizierten Frage ging nun der BGH nach.
Ist die Vormiete unzulässig hoch, darf die Miete bis auf den Betrag der zulässigen Vor-Vormiete gesenkt werden. Das entschied nun der Bundesgerichtshof (BGH) nach entsprechender Auslegung des § 556e Abs. 1 BGB, nachdem ein Mieter gegen seine Vermieterin geklagt hatte (Urt. v. 19.07.2023, Az. VIII ZR 229/22).
Für die Beurteilung dieses Falls bedarf es eines kleinen Blicks in die Mietpreishistorie der betroffenen Wohnung: Eine Frau vermietete ihre knapp 40 Quadratmeter große Wohnung in Berlin. Im Jahr 2017 nahm sie 460 Euro Miete. Die ortsübliche Miete lag damals jedoch bei 255 Euro. Zwei Jahre zuvor zahlte der Vormieter gemäß dem Mietvertrag 422 Euro, der Vor-Vormieter musste im Jahr 2014 jedoch nur 380 Euro Nettokaltmiete an die Vermieterin überweisen.
Da der Mieter nicht mehr als 296 Euro Nettokaltmiete zahlen wollte, die Vermieterin ab November 2021 jedoch eine Nettokaltmiete von 405,01 Euro verlangte, klagte der Mieter. Das zuständige Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte stellte sich noch auf Seiten des Mieters (Urt. v. 06.04.2022, 17 C 306/21), das Landgericht (LG) Berlin jedoch nicht mehr (Urt. v. 22.09.2022, 67 S 113/22). Am Ende ging der Fall vor den BGH, wo die Vermieterin zumindest in Teilen Recht bekam: Laut den Karlsruher Richtern könne sie sich auf § 556e Abs. 1 S. 1 BGB berufen, wonach eine Miete bis zur Höhe der vorherigen Miete (Vormiete) vereinbart werden kann, wenn diese höher gewesen sei als die nach § 556d Abs. 1 BGB zulässige Miete.
In diesem Fall seien aber die 380 Euro des Vor-Vormieters heranzuziehen. Dieser Mietpreis war noch vor Inkrafttreten der Mietpreisbremse (§§ 556d ff. BGB) vereinbart worden, weshalb diese Miete nicht an der ortsüblichen Vergleichsmiete gemessen werden musste. Die direkte Vormiete hingegen überschritt die Grenze des § 556d Abs. 1 BGB, die die Vergleichsmiete plus maximal zehn Prozent vorsieht, in unzulässiger Weise.
Vermieterin hat Anspruch auf Zahlung der Vor-Vormiete
Der VIII. Zivilsenat, der unter anderem für Mietrecht zuständig ist, bestätigte einen Anspruch der Vermieterin auf Zahlung einer Miete in Höhe der Vormiete, jedoch reduziert auf den noch zulässigen Mietbetrag des Vor-Vormietverhältnisses – also die 380 Euro. Begründet hatte das Gericht dies mit der Auslegung des Wortlauts des § 556e Abs. 1 S. 1 BGB. Daraus ergebe sich, dass die Miete, zu dessen Zahlung der Vormieter rechtlich verpflichtet war, berücksichtigt werden sollte. Dies sei die vom vorherigen Mieter zuletzt geschuldete Miete, also der Betrag, den er zuletzt tatsächlich als Miete zahlen musste. Da die ursprünglich vereinbarte Vormiete hier jedoch unzulässig überhöht war, ist als geschuldete Vormiete die auf die zulässige Höhe reduzierte Miete anzusehen, so der BGH. Aus diesem Grund konnte sich die Vermieterin nicht auf die Vormiete in Höhe von 422 Euro berufen.
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Dieser Ansatz stimme auch mit dem gesetzgeberischen Willen und dem Sinn und Zweck von
§ 556e Abs. 1 S. 1 BGB überein. Die Norm beinhalte laut den Karlsruher Richtern eine Schutzregelung für den Fall, dass die Vormiete im vorherigen Mietverhältnis die nach § 556d BGB zulässige Miete übersteige. Ziel dieser Regelung sei es, unverhältnismäßige Mietsteigerungen bei Neuvermietungen zu verhindern, nicht jedoch bereits vereinbarte Mieten zu senken. Die vom Gesetzgeber zugestandene Bestandsschutzregelung würde dem Vermieter ohne sachlichen Grund entzogen werden, wenn er dazu verpflichtet wäre, die Miete aus dem vorherigen Mietverhältnis zu senken.
Was der Mieter am Ende zahlen muss
Das war viel Theorie, wie sieht der Fall aber in der Praxis aus? Der Mieter muss nicht die ursprüngliche Miete von 460 Euro zahlen und die 422 Euro des Vormieters schuldet er der Vermieterin ebenfalls nicht, weil diese bereits zu hoch angesetzt waren. Eine Miete in Höhe von 296 Euro, wie der Mieter sie forderte, sei laut BGH jedoch zu niedrig angesetzt. Außerdem würde so der Bestandsschutz umgangen werden. Die zuletzt zulässige Miete lag bei 380 Euro, die Miete des Vor-Vormieters also. Da eine Indexmiete vereinbart war, erhöhte sich dieser Betrag im November 2021 auf 400,90 Euro. Insofern beträgt die Nettokaltmiete für den Mieter seit November 2021 400,90 Euro. Ein kompliziertes Verfahren fand nun also sein Ende vor dem BGH.
agü