Wer gutgläubig einen Gebrauchtwagen von jemandem kauft, der nicht der Eigentümer war, kann daran dennoch Eigentum erwerben. Doch wer muss beweisen, dass der Käufer wirklich gutgläubig war, wenn (möglicherweise) ein gefälschter Fahrzeugbrief vorgelegt wurde? Das hat nun der BGH entschieden.
Der Bundesgerichthof (BGH) hat die Voraussetzungen des gutgläubigen Erwerbs beim Gebrauchtwagenkauf konkretisiert. Die Frage war, wer beweisen muss, dass der Käufer tatsächlich gutgläubig war, als er vom Nichtberechtigten das Fahrzeug erwarb. Beim gutgläubigen Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen hängt die Gutgläubigkeit nämlich davon ab, ob sich der Erwerber den Fahrzeugbrief hat vorlegen lassen und ob er diesen geprüft hat. Nun sagte der BGH: Die Beweislast hierfür liege beim bisherigen Eigentümer des Fahrzeugs. Der Erwerber müsse lediglich darlegen, dass er sich den Fahrzeugbrief habe vorlegen lassen und diesen auch hinreichend geprüft habe (Urt. v. 23.09.2022, Az. V ZR 148/21).
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Wem gehört das verkaufte Auto?
In der oben geschilderten Situation befand sich zuletzt eine Gesellschaft italienischen Rechts. Sie hatte über einen Vermittler einen PKW von einem Autohaus gekauft. Bald darauf stellte sich heraus, dass der PKW überhaupt nicht dem Autohaus gehörte, sondern dass das Fahrzeug nur an das Autohaus verleast wurde. Der bisherige Eigentümer war mit dem Verkauf des Fahrzeuges nicht einverstanden und verlangte aus § 985 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), dass die Gesellschaft den gekauften PKW wieder an ihn als Eigentümer zurückgibt. Die Gesellschaft allerdings wollte das Fahrzeug behalten und berief sich darauf, den PKW gutgläubig gem. § 932 BGB erworben zu haben. Sie verlangte wiederum, dass der bisherige Eigentümer die Zulassungsbescheinigung Teil II an sie § 985 i. V. m. § 952 BGB analog herausgibt.
Die Gesellschaft könnte das Fahrzeug, obwohl das Autohaus zu dem Verkauf eigentlich nicht berechtigt war, aber nur dann wirksam erworben haben, wenn zum Zeitpunkt des vermeintlichen Eigentumserwerbs gutgläubig gewesen war. Gutgläubig bedeutet, dass der Käufer nicht wusste und auch nicht wissen musste, dass der Verkäufer zu dem Verkauf nicht berechtigt war. Bei Gebrauchtfahrzeugen hängt der gutgläubige Erwerb davon ab, ob dem Käufer der Fahrzeugbrief (Zulassungsbescheinigung II) vorgelegt wurde oder nicht. Darüber stritten sich das italienische Unternehmen und die beklagte Eigentümerin. Die Käuferin meinte, der Vermittler habe bei der Abholung des Fahrzeugs einen gefälschten Fahrzeugbrief vorgelegt bekommen, in welchem das Autohaus als Halter eingetragen war.
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Wer trägt die Beweislast, dass der (gefälschte) Fahrzeugbrief vorgelegt wurde?
Wie es sich tatsächlich zugetragen hatte, ließ sich aber nicht mehr aufklären, sodass der Fall letztlich nach der Beweislast entschieden werden musste. Entscheidend für das Urteil war die Frage, ob die die Gesellschaft ihre Gutgläubigkeit oder ob der bisherige Eigentümer beweisen müsse, dass die Gesellschaft nicht gutgläubig war.
Das Landgericht Stuttgart gab zunächst dem bisherigen Eigentümer Recht und wies die Klage der Gesellschaft auf Herausgabe des Fahrzeugbriefs ab. Es verurteilte die Gesellschaft außerdem dazu, das Fahrzeug an den bisherigen Eigentümer zurückzugeben.
Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart sah dies jedoch anders. Es hat umgekehrt entschieden, dass die Gesellschaft das Auto gutgläubig erworben hat und der bisherige Eigentümer der Gesellschaft die Zulassungsbescheinigung Teil II aushändigen muss. Nach Ansicht des OLG treffe die Gesellschaft lediglich eine sogenannte „sekundäre Darlegungslast“. Das bedeute, sie müsse zur Annahme ihrer Gutgläubigkeit zwar darlegen, also hinreichend vortragen, dass sie sich den Fahrzeugbrief habe vorlegen lassen und dass sie diese auch hinreichend geprüft habe. Die Beweislast treffe allerdings den bisherigen Eigentümer. Dieser müsse also das Gegenteil beweisen, nämlich dass die Gesellschaft sich die Zulassungsbescheinigung nicht vorlegen lassen hat.
Der BGH folgte dieser Ansicht und stimmt der Begründung des OLG zu. Auch er ist der Auffassung, der bisherige Eigentümer müsse beweisen, dass der neue Erwerber nicht gutgläubig war und nicht etwa umgekehrt. Die Gesellschaft hatte hier dargelegt, dass ihr die Bescheinigung vorgelegt wurde und der bisherige Eigentümer konnte auch nichts Gegenteiliges beweisen.
Selbst wenn die Zulassungsbescheinigung eine Fälschung gewesen sei, hätte die Gesellschaft keine weiteren Nachforschungspflichten vornehmen müssen, so der BGH. Sie habe das Fahrzeug gutgläubig erworben und der bisherige Eigentümer müsse die Bescheinigung an die Gesellschaft herausgeben.
Gegen den Geschäftsführer des mittlerweile geschlossenen Autohauses läuft mittlerweile ein strafrechtliches Verfahren wegen des Verdachts auf Betrug in über 100 Fällen.