In seiner Entscheidung vom 04.03.2010, AZ: III ZR 79/09 hat der Bundesgerichtshof die Einordnung des „Internet-System-Vertrag“ als Werkvertrag gemäß §§ 631 ff BGB bestätigt.
Der BGH führt aus, dass der „Internet-System-Vertrag“ den „Internet-Provider-Verträgen“ zuzuordnen sei. Zu den „Internet-Provider-Verträgen“ gehörten eine Vielzahl von unterschiedlichen Vertragstypen. Bei diesen Vertragstypen handele es sich meist um atypische und gemischte Verträge, die sich im Einzelnen im Rahmen der Schwerpunktbetrachtung, sowie unter Berücksichtigung der Zielrichtung des Auftraggebers den im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Vertragstypen zuordnen ließen. So wird z.B. der Access-Provider-Vertrag als Dienstvertrag, der Application-Service-Providing-Vertrag als Mietvertrag und der Webdesign-Vertrag als Werkvertrag, u. U. auch als Werklieferungsvertrag angesehen.
Der Internet-System-Vertrag weise zwar Bezüge zu den verschiedensten Vertragstypen auf, könne jedoch keinem der unterschiedlichen Typen vollständig zugeordnet werden. Vielmehr sei er als eigener Vertragstyp anzusehen. Gegenstand des Internet-System-Vertrages sei die auf einen bestimmten Zeitraum festgelegte Gewährleistung der Abrufbarkeit einer erstellten und betreuten Website im Internet. Es gehe also um die Beschaffung und Registrierung einer vom Kunden gewünschten Internet-Domain, um die Herstellung einer individuellen Website, sowie darum, die Abrufmöglichkeit dieser Website im Internet zu gewährleisten. Demnach ist nach Ansicht des BGH nicht lediglich die Verschaffung des Zugangs zum Internet Gegenstand des Vertrags, sondern vielmehr die Herbeiführung eines Erfolgs. Der Einordnung als Werkvertrag stehe auch nicht entgegen, dass der Internet-System-Vertrag aufgrund der monatlich Zahlungen Züge eines Dauerschuldverhältnisses aufweise, da diesem Umstand -aufgrund des vordergründig geschuldeten Erfolgs als Vertragszweck- kein entscheidendes Gewicht beizumessen sei.
Der BGH sah darüber hinaus, die in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Internet-System-Vertrags angeführte Vorleistungspflicht-Klausel nicht als unwirksam an.
Wortlaut der AGB-Klausel:
„ Der Berechnungszeitraum beginnt mit dem Datum der Unterschrift unter diesen Vertrag. Das nach diesem Vertrag zu zahlende Entgelt ist am Tag des Vertragsabschlusses und jeweils am selben Tag des folgenden Jahres jährlich im Voraus fällig. Abweichend von Satz zwei ist im ersten Vertragsjahr das Entgelt dreißig Tage nach Vertragsschluss jährlich im Voraus fällig.“
Der BGH führt hierzu aus, dass die Klausel nach der die Vorleistungspflicht in den AGB bestimmt werde zwar von dem Leitbild der der gesetzlichen Regelung (im Werkvertragsrecht Leistung Zug um Zug) abweiche, sich die Regelung vorliegend jedoch auf sachliche Gründe stütze. Auch dem berechtigten Interesse des Kunden, insbesondere da es sich um ein Unternehmen handele, werde ausreichend Rechnung getragen.
Als sachlich rechtfertigenden Grund sah der BGH die Tatsache an, dass der Anbieter zu Beginn des Vertrages bereits den überwiegenden Teil seiner Leistungspflicht (Erstellen der Internetseite und Abrufbarkeit der Website im Internet) erbracht habe. Folglich habe der Anbieter ein berechtigtes Interesse, mit der Zahlung nicht bis zur vollständigen Erbringung seiner Leistung warten zu müssen. Mithin müsse der Kunde lediglich in Höhe von etwa einem Drittel der Gesamtvergütung in Vorleistung treten.? Auch erkennt der BGH die Beeinträchtigung des Druckmittels des Kunden (Durchsetzung seines Anspruchs auf vertragliche Erfüllung) durch die bestehende Vorleistungspflicht als verhältnismäßig gering an. Der Kunde können jederzeit bei Nichterfüllung des Anbieters die für die Folgejahre geschuldeten Entgeltbeträge einbehalten und nach wie vor Erfüllungs- und Gewährleistungsansprüche geltend machen.
Quelle: ? BGH-Urteil vom 04.03.2010, AZ: III ZR 79/09