Verschwörungstheorien gibt es seit vielen Jahrhunderten. Eine bekannte Theorie aus Deutschland ist die Bielefeldverschwörung, die besagt, dass die Stadt Bielefeld nicht existieren soll. Aus dieser Theorie machte sich die Marketing-Abteilung der Stadt einen Spaß und bot eine Millionen Euro für den, der beweisen kann, dass Bielefeld wirklich nicht existiert. Nachdem ein Mann seiner Meinung nach den Beweis erbrachte, das Geld aber nie erhielt, zog er vor Gericht.
Eine im Scherz ausgerichtete Marketing-Aktion hinsichtlich des Beweises der Nichtexistenz der Stadt Bielefeld berechtigt keinen Anspruch auf die Auslobung, wenn ein Teilnehmer einen sogenannten axiomatischen Beweis erbringt. Das entschied nun das Landgericht (LG) Bielefeld. Grund für den Gerichtsstreit war die Klage eines Teilnehmers, der auf die Auslobung einer Marketing-Aktion bestand (Urt. v. 26.09.2023, Az. 1 O 181/22).
1994 startete ein Mann namens Achim Held eine Verschwörungstheorie, die auch heute noch ein Dauerwitz im Internet ist: Mit seinem Spruch „Bielefeld gibt es doch gar nicht!“ startete er die sogenannte Bielefeldverschwörung. Auch heute noch ist vielen die Bielefeldverschwörung ein Begriff. Im Jahre 2019 (zum 25-jährigen Jubiläum der Verschwörung) ließ sich die Marketing-Abteilung der Stadt mit 340.000 Einwohnern eine Aktion einfallen: Wer beweisen kann, dass es Bielefeld wirklich nicht gibt, der soll eine Millionen Euro erhalten. Das Motto der Aktion lautete: „#Bielefeldmillion – Das Ende einer Verschwörung“. Dass diese Auslobung später Gegenstand eines Gerichtsstreits werden sollte, hat damals wohl noch keiner geahnt.
Zwei Wochen lang konnten Teilnehmer ihre „Beweise“ einreichen, die Teilnahmebedingungen waren im Internet zu finden. Ein Mann dachte, den Schlüssel zur Lösung des Rätselt gefunden zu haben. Er reichte im August 2019 einen Beweis für die Nichtexistenz Bielefelds ein und begründete seine Ausführungen mit einem sogenannten Axiom – einer theoretisch abstrakten grundlegenden Aussage, die ohne Beweis gültig ist. Jedoch folgte schnell die Ernüchterung für den Teilnehmer: Trotz seines angeblichen Beweises erhielt der Mann die Belohnung nicht. Also zog er vor das Gericht der Stadt, von der er beweisen wollte, dass sie nicht existiert.
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LG Bielefeld weist Klage ab
Vor dem LG Bielefeld kam dann der zweite Rückschlag. Das Bielefelder Gericht wertete alle zu der Aktion veröffentlichten Texte der Marketingabteilung sowie die Teilnahmebedingungen aus und stellte fest, dass die Aktion ein Scherz gewesen sei. Das Gericht führt dazu aus, dass der erforderliche Erfolg nach dem objektiven Empfängerhorizont nur der offensichtlich unmögliche empirische Beweis der Nichtexistenz Bielefelds gewesen wäre. Der axiomatische Beweis innerhalb eines axiomatischen Systems sei jedoch nicht erfasst gewesen.
Das LG nannte konkret einige Beispiele, die verdeutlichen sollten, dass die gesamte Aktion nicht ernst gemeint war. Zum Beispiel führte die Stadt aus, wer neben den Mitarbeitern der Stadt selbst nicht teilnehmen dürfe: „Mitarbeiter von Geheimdiensten, Mitglieder der Illuminati und Achim Held, der Erfinder der Verschwörung“. Darüber hinaus verdeutlichten laut Gericht auch die im Aufruf beispielhaft angeführten Beweise die Ausrichtung des Wettbewerbs: „Die Echsenmenschen aus dem Inneren der Erde haben dich angerufen und du hast es auf Band? Du hast die Landung eines UFOs in Bielefeld-Baumheide fotografiert? Kondensstreifen am Himmel haben dir eine geheime Botschaft zukommen lassen? Du hast da mal was auf Facebook gelesen? Zeig uns deine Beweise.“ Außerdem sei die sogenannte „Bielefeld-Verschwörung“ ohnehin keine Verschwörungstheorie, sondern ein satirischer Text, der die offensichtlich abwegige Behauptung enthält, dass die Stadt nicht existiert.
LG Bielefeld beendet Verschwörung
Am Ende lautete das Urteil also, dass die Klage unbegründet sei. Das Gericht beendete ein für allemal die Bielefeldverschwörung und hielt sogar fest, dass es eine offenkundige Tatsache sei, dass die Stadt existiere und es dafür auch keine Beweise im Sinne des § 291 der Zivilprozessordnung bedarf. Daher stehe dem Mann auch die Belohnung in Höhe von einer Millionen Euro nicht zu. Der Teilnehmer hat nämlich im Sinne der Teilnahmebedingungen nicht den erforderlichen Beweis erbracht.
Der Traum vom großen Geld ist für den Mann also geplatzt. Und es kam noch schlimmer: Nach der Niederlage vor dem LG muss er neben Gerichtsgebühren im fünfstelligen Bereich auch noch die Anwaltskosten der Marketing-GmbH tragen. Diese lagen sich bereits vorgerichtlich schon bei 8.500 Euro. Der Schuss ging insgesamt also gewaltig nach hinten los.
agr