Der Aktionskünstler Wolfram Kastner hat das Grab des NS-Kriegsverbrechers Alfred Jodl beschädigt. Das AG München hat ihn deswegen zur Zahlung von rund 4.000 € an die Nachfahren von Jodl verurteilt. Der Künstler wehrte sich dagegen mit einer Verfassungsbeschwerde. Die hat das BVerfG allerdings nicht zur Entscheidung angenommen.
Alfred Jodl hatte im Zweiten Weltkrieg die Leitung verschiedener Kriegsoperationen inne und war ein enger Vertrauter Adolf Hitlers. In den Nürnberger Prozessen war er durch den Internationalen Militärgerichtshof daraufhin wegen Kriegsverbrechen zum Tode verurteilt und 1946 hingerichtet worden.
Heute befindet sich sein Grab auf der Fraueninsel im Chiemsee. Auch wenn Jodl selbst dort nicht begraben ist, befindet sich auf dem Familiengrab ein steinernes Kreuz, das mit einer Grabinschrift versehen ist, auf der sich sein Name, Dienstgrad und Lebensdaten finden. Dieses Andenken sorgte beim Künstler Wolfram Kastner regelmäßig für Unmut. Er empfindet das Grabkreuz als „unerträgliche öffentliche Ehrung eines Kriegsverbrechers und Massenmörders.“
Künstler Kastner verunstaltet Grab des NS-Verbrechers Jodl
Der Rechtsstreit um das Grab des Kriegsverbrecher Alfred Jodl zieht sich schon über Jahre. Bereits in den Jahren 2015 und 2016 beschädigte Kastner das Grab von Jodl. Er klebte nicht nur ein Schild mit der Aufschrift „Keine Ehre dem Kriegsverbrecher“ auf das Grabkreuz, sondern brach auch einen Buchstaben aus dem Namenszug aus und bemalte das Kreuz gleich zweimal mit roter Farbe.
Die Familie Jodl verklagte ihn daraufhin wegen der Verunstaltungen des Grabes. Sowohl das Amtsgericht (AG) München in erster Instanz als auch das Berufungsgericht Landgericht (LG) München I verurteilten ihn im Jahr 2018 zur Übernahme der Reparatur- und Reinigungskosten in Höhe von rund 4.000€.
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Verfassungsbeschwerde des Künstlers – Kunstfreiheit verletzt?
Gegen diese Entscheidung erhob der Künstler Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht, denn er sah sich insbesondere in seiner Kunstfreiheit verletzt. Die zuständige Kammer nahm die Beschwerde allerdings nicht zur Entscheidung an. Es fehle eine hinreichend substantiierte und schlüssige Darlegung, dass eine unmittelbare und gegenwärtige Verletzung in einem verfassungsbeschwerdefähigen Recht möglich erscheine, heißt es in dem Nichtannahmebeschluss (Beschluss vom 30.03.2021, Az. 1 BvR 160/19).
Darin machte die Kammer auch Ausführungen zur Kunstfreiheit. Für den Anwendungsbereich des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Var. 1 GG sei es nicht ausreichend, dass Kastner sich selbst als „engagierten Künstler“ bezeichnete. Er hätte auch hinreichend darlegen müssen, dass die von ihm an dem Grabmal durchgeführten Aktionen ein Kunstwerk darstellen.
Die Kammer sah keine Anhaltspunkte dafür, dass die Aktionen eine freie schöpferische Gestaltung seien, durch die Erfahrungen und Erlebnisse des Künstlers durch das Medium einer bestimmten Formsprache zur Anschauung gebracht würden, sodass sie die Anforderungen an ein Kunstwerk erfüllen würden. Nach Auffassung der Kammer liege nur eine plakative Meinungsäußerung vor, aber keine vom Kunstbegriff gedeckte Aktion, für die Kastner haften müsse.
lpo