Das in Bayern – ebenso wie in anderen Bundesländern – auf der Grundlage des Glücksspielstaatsvertrages bestehende staatliche Monopol für Sportwetten ist nur dann mit europäischem Recht vereinbar, wenn sich seine rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung widerspruchsfrei am gesetzlichen Ziel der Suchtbekämpfung orientiert; außerdem dürfen Regelung und Anwendungspraxis bei anderen Arten des Glücksspiels diesem Ziel nicht widersprechen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am 24.11.2010 entschieden.
Nach dem Glücksspielstaatsvertrag ist es allein den staatlichen bzw. staatlich beherrschten Lotterieverwaltungen der Bundesländer gestattet, Sportwetten zu veranstalten; zur Vermittlung sind ausschließlich die zugelassenen Annahmestellen befugt. Darüber hinaus dürfen Sportwetten weder veranstaltet noch an in- oder ausländische Anbieter vermittelt werden, auch nicht über das Internet. Gegenstand der Verfahren waren Bescheide der Stadt Nürnberg aus dem Jahr 2006. Den Klägern wurde untersagt, Sportwetten an in Österreich bzw. Malta niedergelassene und dort konzessionierte Unternehmen zu vermitteln. Klage und Berufung blieben erfolglos.
Die Revisionen betrafen allein die Frage der Rechtmäßigkeit der Bescheide unter Geltung des am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Glücksspielstaatsvertrages. Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Unionsrecht darauf abgestellt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) den Mitgliedstaaten die Befugnis zugesteht, das nationale Schutzniveau im Glücksspielbereich autonom festzulegen und unter Berücksichtigung der verschiedenen Glücksspielarten unterschiedliche Regelungen zu treffen.
Ein Monopol für bestimmte Glücksspiele kann trotz einer liberaleren Regelung in anderen Glücksspielbereichen zulässig sein. Der EuGH verlangt aber, dass derartige Beschränkungen der Niederlassungs- und der Dienstleistungsfreiheit die mit ihnen verbundenen Ziele in kohärenter und systematischer Weise verfolgen. Die Annahme des Berufungsgerichts, dieses Kohärenzerfordernis sei nur isoliert („sektoral“) für den dem jeweiligen Monopol unterworfenen Glücksspielsektor oder allenfalls auf ein krasses Missverhältnis der für die verschiedenen Glücksspielarten erlassenen und praktizierten Regelungen zu prüfen, trifft nicht zu.
Das auf die Suchtbekämpfung und den Spielerschutz gestützte Sportwettenmonopol erfüllt die vom EuGH aufgestellten Anforderungen nur, wenn andere Glücksspiele mit ähnlichem oder höherem Suchtpotenzial nicht diesen Zielsetzungen widersprechend behandelt werden. In den Blick zu nehmen ist dabei nicht allein die rechtliche Ausgestaltung, sondern auch die tatsächliche Handhabung.
Das Ziel der Begrenzung der Wetttätigkeiten darf weder konterkariert noch dürfen ihm entgegenlaufende Ausgestaltungen in den anderen Glücksspielbereichen geduldet werden. Diesbezüglich hat der Verwaltungsgerichtshof aufgrund seines sektoral verengten Prüfungsmaßstabes keine hinreichenden Feststellungen getroffen. In den Verfahren zwei Verfahren vim 24.11.2010 hat das Bundesverwaltungsgericht deshalb die Berufungsurteile aufgehoben und die Sachen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Im dritten Verfahren hat es dagegen die Revision des Klägers zurückgewiesen. Die von ihm im Vereinsheim eines Sportvereins durchgeführte Vermittlung von Sportwetten ist unabhängig von dem staatlichen Sportwettenmonopol bereits wegen fehlender räumlicher Trennung seiner Wettannahmestelle von Sporteinrichtungen und Sportereignissen rechtswidrig und damit nicht erlaubnisfähig. Der Kläger wird durch die Untersagung auch nicht in seinen durch das Grundgesetz geschützten Grundrechten verletzt. Auf eine Verletzung der unionsrechtlich garantierten Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit kann er sich als türkischer Staatsangehöriger nicht berufen.
Urteile vom 24.11.2011
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 24.11.2010