Während der Pandemie gingen diverse Anbieter von Pauschalreisen insolvent. Offen blieb lange die Frage, ob Reisende, die aufgrund besonderer Umstände vor der Insolvenz des Unternehmens von ihrem Reisevertrag zurücktraten, einen Anspruch darauf haben, ihr Geld zurückzubekommen. Die zuständige Generalanwältin am EuGH sagt: Ja.
Urlauber, die während der Pandemie aufgrund besonderer Umstände (nämlich der Pandemie) von ihrer Pauschalreise zurückgetreten sind, können ihr Geld zurückverlangen – auch, wenn der Veranstalter infolge der Pandemie insolvent ging. Zumindest hat das die zuständige Generalanwältin Laila Medina am EuGH beantragt.
Rückzahlungsansprüche von Urlaubern
Konkret ging es um zwei Fälle aus Österreich und Belgien. Urlauber hatten Pauschalreisen für März und Juni 2020 gebucht, traten von den Verträgen aber aufgrund besonderer Umstände zurück und verlangten die geleisteten Zahlungen zurück.
Kurz darauf meldeten die Reiseveranstalter Zahlungsunfähigkeit an, sodass sich die Ansprüche auf Rückzahlung nun gegen die Insolvenzversicherungen wendeten. Diese lehnten eine Rückerstattung ab: Die Urlauber seien nicht aufgrund der Insolvenz, sondern aufgrund der Pandemie von ihren Verträgen zurückgetreten, weshalb die Insolvenzversicherungen für den Schaden nicht verantwortlich seien.
Gerichte aus Wien und Brüssel hatten die Fälle nun dem EuGH vorgelegt. Es ging um die Interpretation einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2015. Dort heißt es, dass die Mitgliedsstaaten sicherstellen müssten, dass Reiseveranstalter Sicherheiten für geleistete Zahlungen von Urlaubern gewährleisten, „sofern die betreffenden Leistungen infolge der Insolvenz des Reiseveranstalters nicht erbracht werden.“ Heißt: Die EU-Mitglieder müssen dafür sorgen, dass sich Reiseveranstalter gegen Zahlungsunfähigkeit versichern, damit Urlauber ihr Geld zurückbekommen, falls die Reise infolge einer Insolvenz nicht zustande kommt. Fraglich war nun, ob davon auch Rückzahlungsansprüche umfasst sind, die nicht unmittelbar aus der Insolvenz, sondern schon vor der Insolvenz entstanden sind.
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Nun liegt dazu zwar noch kein Urteil vor, aber die Generalanwältin hat ihre Schlussanträge veröffentlicht. Sie stellt darin zunächst fest, dass ihrer Ansicht nach der Wortlaut der Regelung nicht eindeutig besagt, dass ausschließlich Ansprüche abgesichert sind, die aufgrund der Insolvenz entstanden sind. Sinn und Zweck der Regelung sei, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen. Das würde dafürsprechen, dass „der Insolvenzschutz auch Erstattungsansprüche von Reisenden abdeckt, die vor Eintritt der Insolvenz des Reiseveranstalters entstanden sind.“ Im Sinne der Gleichbehandlung sei die Richtlinie zudem so zu interpretieren, dass sie auch Zahlungen einschließt, die von „Reisenden, die vor Eintritt der Insolvenz des Reiseveranstalters vom Vertrag zurückgetreten sind, geleistet wurden.“
Bei dem Gutachten handelt es sich noch nicht um ein rechtskräftiges Urteil. Die EuGH-Richter orientieren sich aber oft an den Gutachten ihrer Generalanwälte.
tke