Einige Hoteliers hatten eine Verfassungsbeschwerde gegen die in ihren Städten auf private Übernachtungen erhobenen Übernachtungssteuern angestrengt. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte nun nicht lediglich die Rechtmäßigkeit der Steuererhebung, sondern stellte klar, dass sogar deren Ausweitung auf geschäftliche Übernachtungen möglich wäre.
Gemeinden dürfen für private und beruflich veranlasste Übernachtungen eine Übernachtungssteuer von Beherbergungsbetrieben erheben. Das hat das Bundesverfassungsgericht mit nun veröffentlichtem Beschluss entschieden (Beschluss vom 22.03.2022, Az. 1 BvR 2868/15 u.a.).
Seit dem Jahr 2005 führten zahlreiche Städte und Gemeinden unter Berufung auf Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG eine Steuer auf entgeltliche Übernachtungen in Beherbergungsbetrieben im Gemeindegebiet ein. Insbesondere, nachdem 2010 die Umsatzsteuer von Beherbergungsbetrieben von 19% auf 7% gesenkt wurde, entdeckten viele Gemeinden diese sogenannte „Übernachtungsteuer“, „Hotelsteuer“ oder „Bettensteuer“ als alternative Einnahmequelle. Sie beläuft sich zumeist auf einen niedrigen Prozentsatz des Preises einer beruflich veranlassten Übernachtung (Nettoentgelt) und wird in der Regel vom Übernachtungsgast (Steuerträger) bei der Buchung oder der Anmeldung im Beherbergungsbetrieb erhoben. Steuerschuldner ist der jeweilige Beherbergungsbetrieb. Er führt die Übernachtungssteuern an das Finanzamt ab.
Einige Beherbergungsbetriebe sind nun gegen diese Praxis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen. Konkret haben Betriebe aus Hamburg, Bremen und Freiburg im Breisgau Verfassungsbeschwerde gegen verschiedene staatliche Akte Verfassungsbeschwerde erhoben. Ihre Beschwerden richteten sich gegen Steueranmeldungen, Entscheidungen über ihre dagegen gerichteten Einsprüche und Gerichtsentscheidungen, welche alle auf verfassungswidrigem Landesrecht beruhten, sowie im Falle Freiburgs gegen eine kommunuale Steuersatzung.
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Kein Kompetenz- oder Grundrechtsverstoß durch Übernachtungssteuern
Die Verfassungsrichter sahen jedoch weder einen Kompetenz- noch einen Grundrechtsverstoß der Gemeinden. Gemäß Art. 105 Abs. 2a GG könnten Aufwandssteuern auf landesrechtlicher Grundlage erhoben werden, sofern sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Die Übernachtungssteuer sei aber keiner bundesgesetzlich geregelten Steuer gleichartig. Denn eine Besteuerung von Beherbergungsbetrieben durch den Bund finde nicht statt. Auch handele es sich nicht um eine flächendeckende Umsatzsteuer. Vielmehr werde die Steuer durch die Übernachtung in einem Beherbergungsbetrieb ausgelöst und sei darauf ausgelegt, vom Beitrieb auf den Gast abgewälzt zu werden (indirekte Steuererhebung). Darüber hinaus hätte eine Bettensteuer keine Lenkungswirkung und könne daher mit steuerpolitischen Zielsetzungen des Bundes nicht in Konflikt geraten.
Neben der Kompetenzfrage prüften de Richter die Vereinbarkeit der Besteuerung mit Grundrechten. Sie gelangten hier unter anderem zu dem Schluss, dass der Eingriff in die Berufsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) verhältnismäßig ist. Die Steuer werde zwar durch die Übernachtung ausgelöst, es sei aber zweckmäßig und nachvollziehbar, die Beherbergungsbetriebe mit der Steuer zu belasten. Diese hätten die Möglichkeit, die Steuer auf die Übernachtungsgäste abzuwälzen. Der zusätzliche Verwaltungsaufwand, der ihnen entstünde, stelle eine unternehmenstypische Tätigkeit dar, die über ähnliche Belastungen, etwa durch das Melde- und Umsatzsteuerrecht, nicht hinausgehe.
Übernachtungssteuer künftig auch für berufliche Übernachtungen möglich
Schließlich liege auch kein Verstoß gegen das Gleichheitsgrundrecht (Art. 3 Abs. 1 GG) durch die Ausnahmen von der Besteuerung für beruflich veranlasste Übernachtungen vor. Ein Normgeber könne die berufliche Veranlassung als Anknüpfungspunkt für eine Differenzierung bei der Aufwandbesteuerung wählen und für die Berufsausübung zwingend erforderliche Übernachtungen von der Besteuerung ausnehmen, um etwa der (lokalen) Wirtschaftsförderung zu dienen. Der Gesetzgeber sei von Verfassungs wegen indes nicht dazu gezwungen, von einer Besteuerung beruflich veranlasster Übernachtungen abzusehen.
Letzteres hatte das Bundesverwaltungsgericht 2011 noch anders gesehen (Urteil vom 11.07.2012, Az. 9 CN 1.11). In ihrem Grundsatzurteil entschieden Deutschlands oberste Verwaltungsrichter, dass beruflich veranlasste Übernachtungen von der Steuer auszunehmen seien. Seither sehen die Übernachtungssteuergesetze deutschlandweit nur noch eine Besteuerung von Touristen, nicht aber von Geschäftsreisenden vor. Durch die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wäre es den Gemeinden ab sofort wieder möglich, auch von Geschäftsreisenden eine Übernachtungssteuer zu verlangen. Statt einer Abschaffung der Übernachtungssteuer erreichten die Hoteliers mit ihrer Verfassungsbeschwerde somit deren Ausweitung.
jko