Mit Urteil vom 21.01.2010 (Az. I ZR 47/09) hat der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung hinsichtlich der Möglichkeit, die Kosten einer zweiten Abmahnung vom Abgemahnten ersetzt zu verlangen (BGHZ 52, 393 ff. – Fotowettbewerb), aufgegeben. Das Gericht hat entschieden, dass ein Wettbewerbsverband, der den Schuldner nach einer selbst ausgesprochenen, ohne Reaktion gebliebenen ersten Abmahnung ein zweites Mal von einem Rechtsanwalt abmahnen lässt, die Kosten dieser zweiten Abmahnung nicht erstattet verlangen kann.
Abmahnung durch Verein und durch Rechtsanwalt
Geklagt hatte der Verein gegen Unwesen in Handel und Gewerbe Köln. Wegen einer wettbewerbswidrigen Werbung für Kräutertee mahnte der die Beklagte ab, ohne dass diese hierauf reagierte. Ebenso blieb eine weitere, diesmal durch die Rechtsanwälte der Klägerin ausgesprochene Abmahnung ohne Erfolg, sodass diese den Klageweg beschritt. Für die eigene Abmahnung verlangte der Verein einen Pauschalbetrag von 181,13 €, die Kosten für die zweite Abmahnung beliefen sich auf 899,14 €.
Keine berechtigte Abmahnung nach UWG
Der BGH lehnte eine Erstattungspflicht der Rechtsanwaltskosten für die zweite Abmahnung in Abkehr seiner in der „Fotowettbewerb-Entscheidung“ von 1969 aufgestellten Grundsätze ab. Berechtigt i.S.d. § 12 Abs. 1 S. 2 UWG sei lediglich die erste Abmahnung gewesen. Zwar sei auch die weitere Abmahnung begründet gewesen, weil ihr ein Unterlassungsanspruch der Klägerin zu Grunde gelegen habe. Berechtigt sei eine Abmahnung jedoch nur, wenn sie erforderlich sei, um dem Schuldner einen Weg zu weisen, den Gläubiger ohne Inanspruchnahme der Gerichte klaglos zu stellen. Nur wenn die Abmahnung diese Funktion erfüllt, handelt es sich um eine berechtigte Abmahnung gemäß § 12 Abs. 1 S. 2 UWG.
Grundsätzliche Begründung des Kostenanspruchs
Der Kostenerstattungsanspruch rechtfertigt sich daraus, dass die Abmahnung zumindest auch im Interesse des Schuldners liegt. Hat der Gläubiger den Schuldner bereits auf die Möglichkeit der Streitbeilegung durch Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung hingewiesen, kann eine zweite Abmahnung diese Aufgabe nicht mehr erfüllen.
Zweite Abmahnung keine notwendige Folge der ersten mehr
Dies hat der BGH im Rahmen der Fotowettbewerb-Entscheidung noch anders gesehen und eine zweite (anwaltliche) Abmahnung als notwendige Folge einer ohne Reaktion gebliebenen ersten Abmahnung eines Wettbewerbsverbandes angesehen. Die nunmehrige Abkehr begründet das Gericht damit, dass die damalige Entscheidung am Anfang einer umfangreichen Rechtsprechung steht, bei der es nicht zuletzt darum geht, eine missbräuchliche Geltendmachung des Kostenerstattungsanspruchs sowie eine unbillige Belastung des Schuldners mit Kosten zu vermeiden, die zur Erreichung des Ziels einer Streitbeilegung ohne Inanspruchnahme der Gerichte nicht erforderlich sind.
Besondere Stellung der Wettbewerbsvereine
Wettbewerbsvereine wie der klagende müssten darüber hinaus? in der Lage sein, durchschnittlich schwere Abmahnungen selbst auszusprechen. Dies diene dazu, den Anreiz einer durch Kosteninteressen begründeten Abmahntätigkeit eines mit einem Verband zusammenarbeitenden Rechtsanwalts von vornherein zu unterbinden.
Keine Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA)
Letztlich ergebe sich, so der BGH, ein Kostenerstattungsanspruch auch nicht aus Geschäftsführung ohne Auftrag: die zweite Abmahnung entsprach nicht dem Interesse und mutmaßlichen Willen der Beklagten, die bereits durch die erste Abmahnung auf den Wettbewerbsverstoß und auf die Möglichkeit der Streitbeilegung durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung hingewiesen worden war.