Durch eine Reform des deutschen Heilmittelwerberechts wollte der Gesetzgeber die sehr strengen nationalen Vorschriften mit dem Recht der Europäischen Union in Einklang bringen. Dabei unterlief diesem jedoch ein folgenschwerer Fehler, der eine nicht gewollte umfassende Liberalisierung mit sich bringen könnte.
Das deutsche Heilmittelwerberecht galt als eines der strengsten innerhalb der Europäischen Union. Werbung für Medizinprodukte, Arzneimittel sowie Kosmetika und Pflegeprodukte waren nur unter äußerst restriktiven Bedingungen möglich. So war es beispielsweise untersagt Medikamente mit einer Anleitung zur Eigentherapie zu bewerben oder Personen mit Heilberufskleidung abzubilden.
Der Europäische Gerichtshof hatte bereits im Jahre 2007 entschieden, in welchem Maße die Mitgliedsstaaten aufgrund der einschlägigen Richtlinie noch eigenverantwortlich Einschränkungen des Heilmittelwerberechts vornehmen dürfen.
Die Reform aus dem Herbst 2012 war damit mehr als überfällig. Nach einem derart langen Zeitraum kann der Gesetzgeber das nun folgende Missgeschick allerdings sicher nicht damit begründen, dass man unter Zeitdruck gestanden habe. Nach der Novelle beziehen sich die Vorschriften zur Einschränkung des Heilmittelwerberechts nicht mehr auf Werbung für Kosmetika und Produkte zur Körperpflege, sondern nur noch auf Arzneimittel. Zwar war der Wortlaut ersichtlich nicht in dieser Weise gewollt. Eine weitere Anwendung der einschlägigen Vorschriften auf andere als Arzneimittelprodukte dürfte sich jedoch schwierig gestalten. Dies liegt besonders daran, dass es sich um Bußgeldvorschriften handelt, die eine analoge Anwendung sicher ausschließen.
Es wird abzuwarten sein, in welcher Weise die deutschen Gerichte dieses Problem lösen werden. Einer höchstrichterlichen Entscheidung oder einer erneuten Gesetzesänderung wird jedoch aller Voraussicht nach eine längere Zeit der Rechtsunsicherheit vorausgehen.
Der Gesetzgeber wird sich fragen lassen müssen, warum ihm trotz der langen Vorbereitungszeit ein solcher Fehler unterläuft. Möglicherweise wurde hier im Schnellverfahren das deutsche Recht aus der Richtlinie abgeschrieben. Dieser Fehler könnte ungewollt dazu beigetragen haben, dass Deutschland nicht länger eines der strengsten, sondern eines der liberalsten Heilmittelwerberechte der Europäischen Union hat.