Schlechte Nachrichten für die Fußball-Bundesliga-Klubs. Diese müssen sich an den Kosten für Polizeieinsätze beteiligen. Das OVG Bremen hat einen Gebührenbescheid für einen Polizeieinsatz anlässlich des Fußball-Bundesligaspiels SV Werder Bremen gegen den Hamburger SV am 19. April 2015 für rechtmäßig befunden. So könnten künftig jedenfalls bei Hochrisikospielen Millionenforderungen auf den Profifußball in Deutschland zukommen.

Polizeieinsatz bei Fußballspiel

Für die Deutsche Fußball Liga (DFL) könnte es zukünftig teuer werden. Der Ligaverband wird sich vor allem bei sogenannten Risikospielen nicht mehr um eine Beteiligung an den Kosten für den Polizeiaufwand drücken können.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bremen hat entschieden, dass der gegen die Deutsche Fußball Liga GmbH ergangene Gebührenbescheid der Polizei Bremen vom 18. August 2015 rechtmäßig ist. Mit dem Bescheid war für den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte anlässlich des Fußball-Bundesligaspiels SV Werder Bremen gegen den Hamburger SV eine Gebühr in Höhe von 425.718,11 Euro erhoben worden. Um Auseinandersetzungen zwischen gewaltbereiten Anhängern beider Vereine zu verhindern, waren bei dem Bundesligaspiel am 19. April 2015 insgesamt 969 Polizeibeamte eingesetzt worden.

Das OVG hat anders als das Verwaltungsgericht in erster Instanz die Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides bejaht. Die dem Bescheid zugrundeliegende Vorschrift des § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes (BremGebBeitrG) sei rechtlich nicht zu beanstanden (OVG Bremen, Urteil vom 21.02.2018 – 2 LC 139/1).

§ 4 Abs. 4 des BremGebBeitrG lautet:

Eine Gebühr wird von Veranstaltern oder Veranstalterinnen erhoben, die eine gewinnorientierte Veranstaltung durchführen, an der voraussichtlich mehr als 5000 Personen zeitgleich teilnehmen werden, wenn wegen erfahrungsgemäß zu erwartender Gewalthandlungen vor, während oder nach der Veranstaltung am Veranstaltungsort, an den Zugangs- oder Abgangs-wegen oder sonst im räumlichen Umfeld der Einsatz von zusätzlichen Polizeikräften vorhersehbar erforderlich wird. Die Gebühr ist nach dem Mehraufwand zu berechnen, der aufgrund der zusätzlichen Bereitstellung von Polizeikräften entsteht. Der Veranstalter oder die Veranstalterin ist vor der Veranstaltung über die voraussichtliche Gebührenpflicht zu unterrichten. Die Gebühr kann nach den tatsächlichen Mehrkosten oder als Pauschalgebühr berechnet werden.

Die Begründung des OVG Bremens

In seiner Begründung stellte das Gericht heraus, dass es zu den grundlegenden Aufgaben des Staates gehöre, die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten. Diese Kernaufgabe sei zwar in erster Linie durch Steuern zu finanzieren. Allerdings habe der Gesetzgeber einen weiten Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, für welche Leistungen er Gebühren erheben will, wenn diese individuell zurechenbar sind. So sei es zulässig, die Erhebung einer Gebühr für den Einsatz zusätzlicher Polizeikräfte an die Verantwortlichkeit der Beteiligten anzuknüpfen.

Dem liege die Erwägung zugrunde, dass die Veranstalterin einen wirtschaftlichen Nutzen aus der Veranstaltung ziehe und somit ein besonderes Interesse an deren störungsfreier Durchführung habe. Da die Größe der Veranstaltung und hohe Zuschauerzahlen die Attraktivität von Veranstaltungen steigern, seien sie auch bewusst beabsichtigt. Nicht zuletzt gehe mit Großveranstaltungen allgemein ein gesteigertes Gefahrenpotential einher. Jedenfalls stünden die Veranstalter der Veranstaltung und somit den Gefahrenrisiken näher als die Allgemeinheit.

Kein (verbotenes) Einzelfallgesetz

Der § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes sei kein nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) verbotenes Einzelfallgesetz. Dieses Verbot soll verhindern, dass der Gesetzgeber Einzelfälle gesetzlich regelt, was nach dem in Deutschland herrschenden Prinzip der Gewaltenteilung grundsätzlich in den Aufgabenbereich der Verwaltung und der Rechtsprechung fällt. Darüber hinaus sollen durch das Verbot  Verstöße gegen das  Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 GG vermieden werden. Ein Einzelfall darf zwar Anlass einer gesetzlichen Regelung sein, das Gesetz darf aber nicht darauf abzielen, ausschließlich diesen Einzelfall zu regeln. Als Einzelfall versteht das Bundesverfassungsgericht dabei auch eine bestimmte Gruppe konkreter Fälle.

Vorliegend ergebe sich das Nichteingreifen des Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG insbesondere daraus, dass nicht nur Fußball-Bundesligaspiele, sondern auch andere Großveranstaltungen von der Vorschrift erfasst seien. Von einer Regelung bzgl. einer Gruppe von konkreten Fällen kann hier daher nich ausgegangen werden. Vielmehr handele es sich bei § 4 Abs. 4 des Bremischen Gebühren- und Beitragsgesetzes um eine sog. Abstrakt-generelle Regelung.

Kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot

Überdies genüge der konkrete Wortlaut der Norm auch dem aus Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Bestimmtheitsgebot. Nach diesem Prinzip müssen die Adressaten gesetzlicher Regelungen erkennen können, welche Rechtsfolgen sich eventuell aus ihrem Verhalten ergeben. Die staatliche Reaktion auf Handlungen muss voraussehbar sein, andernfalls wäre der Bürger der Willkür des Staates ausgesetzt.

Die verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe wie  „Gewalthandlungen“, „Zu und Abgangswege“ und  „räumliches Umfeld“ seien mit den üblichen Auslegungsregeln ermittelbar. Somit werde den Betroffenen ermöglicht, die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten daran ausrichten. Das gelte auch im Hinblick auf die Gebührenhöhe, die im Voraus zu beziffern sei, da diese von der Anzahl der eingesetzten Polizeibeamten abhänge.

Die eine Seite sieht das Urteil nun als wichtigen Etappensieg für alle Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Die DFL indessen kündigte die DFL an, Revision gegen das Urteil einzulegen. Sie sehen die Wertung des Gerichts als unzutreffend an. Die Bremer Norm ist keinesfalls unumstritten. Für zahlreiche deutsche Juristen sprechen grundlegende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Norm, denn die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit ist öffentliche Aufgabe und muss deshalb aus Steuermitteln finanziert werden. Nach dem Urteil ist es nun denkbar, dass weitere Länder nachziehen werden.

egü