Muss das Land NRW die Einsatzvorschriften für die neuen Elektroschocker offenlegen oder würde damit die Einsatztaktik und dadurch sogar die öffentliche Sicherheit gefährdet werden? Dieser Frage ging nun das VG Düsseldorf nach. Ein Softwareentwickler hatte auf Offenlegung geklagt, nachdem dieser einen Fernsehbeitrag über einen umstrittenen Tasereinsatz in Dortmund gesehen hatte.

Die Offenlegung der neuen Einsatzvorschriften für Elektroschocker stellt nicht zwingend eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar. Das Land Nordrhein-Westfalen (NRW) darf die Vorschriften also nicht hinter verschlossenen Türen halten. Das entschied nun das Verwaltungsgericht (VG) Düsseldorf, nachdem ein Mann auf die Preisgabe der Einsatzvorschriften geklagt hat (Urt. v. 24.08.2023, Az. 29 K 5628/21).

Manch einer kennt sie aus Filmen und Serien, sie werden jedoch auch in der Realität eingesetzt. Gemeint sind Elektroschocker, auch Taser genannt. Bei Elektroschockern handelt es sich um Waffen, die elektrische Impulse erzeugen und diese dann über Elektroden an den Körper des Ziels abgeben. Die Elektroschock-Pistolen sind in NRW in einem auffälligen gelb gehalten und bereits aus der Ferne gut sichtbar. Die Polizisten haben die Möglichkeit, einen kleinen Lichtbogen zu erzeugen, um die Wirkungsweise des Tasers zu verdeutlichen. Im Ernstfall werden zwei Elektroden an Drähten auf den Angreifer abgeschossen, um ihn durch elektrische Impulse außer Gefecht zu setzen. In NRW stehen den Polizisten seit zwei Jahren Taser zur Verfügung. Noch ist die Polizei aber nicht flächendeckend mit Elektroschockern ausgestattet.

Mann sieht Fernsehbeitrag über Tasereinsatz und klagt

Ein 22-jähriger Softwareentwickler hat im Fernsehen einen Beitrag über einen umstrittenen Einsatz in Dortmund vom vergangenen Oktober gesehen. Damals ereignete sich der erste Todesfall im Zusammenhang mit dem Einsatz eines Tasers in NRW. Ein 44-jähriger Mann verstarb in Dortmund, nachdem er zwei elektrische Stromstöße erhalten hatte. Der Mann wog 137 Kilogramm und war 1,99 Meter groß. Zuvor hatte er einen Polizisten verletzt und versucht, mit einem Streifenwagen zu fliehen. Bei der Obduktion stellte sich heraus, dass der Mann an einer schweren Herzkrankheit litt und stark alkoholisiert war. Es konnte jedoch nicht eindeutig festgestellt werden, ob sein Tod tatsächlich auf die Anwendung der Elektroschocks zurückzuführen war.

Soforthilfe vom Anwalt

Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Wir sind bekannt aus

Dieser Fernsehbeitrag hat den 22-jährigen aus Karlsruhe stutzig gemacht. Der Mann, der vom Verein „Frag den Staat“ unterstützt wurde, fragte beim Landesamt nach Informationen über die Einsatzvorschriften und argumentierte unter anderem damit, dass die Einsatzvorschriften für Taser bei der Bundespolizei und in mehreren anderen Bundesländern ebenfalls offen einsehbar seien. Nachdem er jedoch keine Informationen erhielt, klagte er. Dabei berief sich der Softwareentwickler auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG).

VG Düsseldorf nimmt das Land NRW in die Pflicht

Das Land NRW wehrte sich vor Gericht gegen die Offenlegung der Einsatzvorschriften. Die Vertreter des Landes waren besorgt, dass eine mögliche Offenlegung negative Auswirkungen auf Einsatztaktik haben könnte. Störer könnten sich demnach mit dem Wissen um die Einsatzvorschriften bewusst so verhalten, dass die Polizei die Geräte nicht einsetzen dürfte. Dadurch könnten Gefahren für die öffentliche Sicherheit entstehen. Darüber hinaus würde man sich laut den Vertretern des Landes noch in der Pilotphase befinden.

Doch die Argumentation half nicht, das VG Düsseldorf stellte sich auf die Seite des Karlsruhers. Die Ausführungen zu den möglichen Gefahren für die öffentliche Sicherheit überzeugten das Gericht nicht. Es hätte plausibler dargelegt werden müssen, warum durch die Offenlegung eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit entstehen könnte.

Taser politisch umstritten

Einig ist sich die Politik in NRW noch nicht, was die Taser angeht. In der schwarz-grünen Regierungsfraktion gibt es dahingehend Unstimmigkeiten. Bei den Koalitionsverhandlungen nach den Landtagswahlen im Mai einigte sich die Koalition erstmal darauf, die bereits bestellten Geräte an weitere Polizei-Dienststellen zu verteilen. Die Taser sollen bis 2024 weiterhin getestet und mit einer Bodycam gekoppelt werden. Wie genau sich der Einsatz von Tasern entwickelt, wird wohl erst nach der Testphase entschieden.

agü