Wenn ein Zugangsprovider nicht seinen Kunden auf eine drohende Kostenexplosion hinweist, muss er unter Umständen für die dadurch entstandenen Kosten aufkommen. Allerdings muss der Inhaber eines Internetanschlusses auch wachsam sein. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Bundesgerichtshofes.
Vorliegend hatte ein Zugangsprovider mit dem Anschlussinhaber einen nutzungsabhängigen Tarif für seinen Internetanschluss vereinbart. Dieser zeichnete sich dadurch aus, dass dem Anschlussinhaber eine Pauschale für eine Nutzung im Umfang von 40 Stunden pro Monat in Höhe von 19,79 Euro eingeräumt wurde. Die darüber hinausgehende Nutzung des Internetanschlusses wurde dem Kunden zusätzlich in Rechnung gestellt. Die zusätzliche Vergütung hing dabei allein von der genutzten Zeit ab.
Nachdem der Inhaber des Internetanschlusses seinen Anschluss über einen Zeitraum von mehreren Jahren lediglich im Rahmen der Pauschale genutzt hatte, stellte ihm der Provider plötzlich einen Betrag in Höhe von 290,94 Euro in Rechnung. In den nachfolgenden Monatsrechnungen wurden Beträge zwischen etwa 500 Euro und über 600 Euro in Rechnung gestellt, die über einen Zeitraum von acht Monaten ohne Beanstandung per Lastschrift bezahlt wurden. Dann wendete sich der Kunde an den Provider und beanstandete dies rückwirkend.
Der Anschlussinhaber verlangte nunmehr von dem TK-Anbieter, dass dieser ihm die für acht Monate zusätzlich in Rechnung gestellten und per Lastschrift eingezogenen Beträge erstattet. Er berief sich darauf, dass über seinen Router über einen Zeitraum von 24 Stunden eine Internetverbindung bestanden habe. Der TK-Anbieter habe versäumt, ihn vor dieser auffälligen Kostenexplosion zu warnen. Weil er dies versäumt habe, müsse er für die ihm entstandenen Kosten aufkommen.
Sowohl das Amtsgericht Hamburg-St. Georg als auch das Landgericht Hamburg wiesen seine Klage ab. Die Richter begründeten das damit, dass eine solche Hinweispflicht auch dann nicht besteht, wenn allem Anschein nach ein ungewöhnliches und offenbar ungewolltes Verhalten des Kunden zu einer Kostenexplosion führt. Der Anbieter brauche darauf nicht zu achten. Dies sei ihm aufgrund der weitgehenden Automatisierung nicht zumutbar. Hiergegen legte der Anschlussinhaber jedoch Revision ein.
Der Bundesgerichtshof hob diese Entscheidung mit Urteil vom 19.07.2012 (Az. III ZR 71/12) auf. Die Richter stellten klar, dass ein Anbieter bei einem derartig ungewöhnlichen Nutzerverhalten den Inhaber des Anschlusses womöglich warnen muss. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass er dazu technisch imstande gewesen ist. Darüber hinaus muss der Kunde auch alle ihm zumutbaren Maßnahmen getroffen haben, um einen Missbrauch seines Anschlusses zu verhindern.
Auf der anderen Seite muss der Kunde laut BGH seine Rechnungen durchlesen und diese im Falle einer derart augenfälligen Kostenexplosion beanstanden. Ansonsten steht ihm ab diesem Zeitpunkt gegenüber dem Provider kein Anspruch auf Rückzahlung der Vergütung zu. Infolgedessen kommt hier eine Haftung des Anbieters – als Zugangsprovider – nur für die erste beanstandete Rechnung in Höhe von 653,86 Euro in Betracht. Ob diesbezüglich wirklich ein Anspruch auf Erstattung besteht, muss die Vorinstanz aufgrund von tatsächlichen Feststellungen prüfen. Er muss insbesondere nachweisen, dass sein Router fehlerhaft gearbeitet hat und er alle ihm zumutbaren Sicherungsmaßnahmen getroffen hat.
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