US-Musikstar Taylor Swift veröffentlichte vor wenigen Tagen ihr Album „Red“. Und zwar bereits zum zweiten Mal, denn die Rechte an der Tonaufnahme der ersten Version liegen nicht bei ihr. Ein aus urheberrechtlicher Sicht besonderer Fall, schließlich umgeht sie damit in gewissem Maße auch den Sinn und Zweck des Tonträgerherstellerrechts, welches die wirtschaftlichen Investitionen an einer Aufnahme schützen soll.
Die Sängerin Tylor Swift ist aus der Popkultur des 21. Jahrhunderts nicht mehr wegzudenken. Mit weltweit über 170 Millionen verkauften Tonträgern und elf Grammy-Auszeichnungen gehört sie zu den erfolgreichsten Künstlern überhaupt. Vergangene Woche veröffentlichte sie ein Album – doch wirklich neu ist dies nicht. Denn es handelt sich dabei um eine neue Aufnahme ihres Albums „Red“, das eigentlich aus dem Jahr 2012 stammt. Hintergrund der Neuveröffentlichung ist ein außergewöhnlicher Urheberrechtsstreit mit ihrem früheren Plattenlabel.
Das Album „Red“ war 2012 ein großer Erfolg und ihre Fans feiern Songs wie „We Are Never Ever Getting Back Together“ bis heute. Doch seit letzter Woche gibt es das Album und die Songs doppelt. Auf allen gängigen Musikplattformen kann man seit Samstag „Red (Taylor’s Version)“ aufrufen und unter anderem den Song „We Are Never Ever Getting Back Together (Taylor’s Version)“ anhören. Und es ist auch nicht das erste Mal, dass Taylor ein ganzes Album in der Taylor’s Version neu veröffentlicht. Im April veröffentlichte sie schon ihr zweites Studioalbum „Fearless“ erneut mit dem Zusatz.
Die neu veröffentlichten Songs klingen genau wie die bereits früher veröffentlichten. Doch die Country- und Popsängerin hat die Alben komplett neu aufgenommen. Grund dafür ist ein Rechtsstreit mit ihrem früheren Plattenlabel „Big Machine Records“, bei dem sie bis 2018 unter Vertrag stand. Denn dieses Label hat die Rechte an Taylors sogenannten Masters, also den ersten Tonaufnahmen ihrer Songs, inne. Sie hingegen hat die Rechte an den eigentlichen Texten und Melodien, die sie allesamt selbst schreibt oder mindestens mit-schreibt. Sie ist die Urheberin der geschaffenen Musik.
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Scooter Braun kauft Label
Grundsätzlich ist es keine Besonderheit, dass ein Label hinter einem Künstler steht, der die Rechte an den Tonaufnahmen, die dann über das Label veröffentlicht werden, innehat. So war auch Taylor Swift 2006 als noch völlig Unbekannte darauf angewiesen, einen Vertrag mit einem Label einzugehen, die ihre Musik veröffentlichen würden. Bestenfalls ist der Vertrag auch für beide Parteien eine Win-Win-Situation: Dem Künstler wird zu Ruhm und Erfolg verholfen und das Label nimmt auch einen Teil des Geldes ein, dafür dass sie die Produktion und Veröffentlichung organisieren.
Anscheinend lief auch die Zusammenarbeit zwischen Taylor Swift und Big Machine Records lange gut, denn sie war dort schon seit 2006 und veröffentlichte mit ihnen zahlreiche Alben und Singles. Doch im Jahr 2018 wurde das Label an Scooter Braun verkauft. Er ist Unternehmer und Manager und repräsentiert unter anderem Stars wie Justin Bieber, Ariana Grande und Kanye West. Taylor Swift passte die Zusammenarbeit mit ihm jedoch nicht. Sie behauptete öffentlich, dass Braun sie in der Vergangenheit gemobbt habe und ein Tyrann sei. Konsequenterweise wechselte Swift 2018 das Label und unterschrieb einen Vertrag, bei dem sie künftig auch die Rechte an ihren Aufnahmen haben wird. Doch das ändert erst einmal nichts für die Vergangenheit.
Mittlerweile hat Scooter Braun die Rechte an Taylors Originalaufnahmen anscheinend für mehrere hundert Millionen US-Dollar weiterverkauft. Die Sängerin soll davon allerdings keine Kenntnis gehabt haben und auch kein Angebot erhalten haben, die Rechte selbst zu kaufen, obwohl sie dies wohl gern getan hätte. Die Sängerin gab zudem an, man habe ihr angeboten, weiterhin bei „Big Machine Records“ zu bleiben und sich mit jedem neu veröffentlichten Album eins ihrer alten „zurückzuverdienen“.
Wem gehören die Rechte?
Nach deutschem und wohl auch nach amerikanischem Recht, kann sich Taylor Swift aber kaum gegen das Vorgehen des Labels und Brauns wehren. Denn vertraglich wurde wahrscheinlich vereinbart, dass die Nutzungsrechte an den Tonaufnahmen dem Label zustehen und dieses auch darüber verfügen kann, sie also an Dritte veräußern kann. Auch darauf, dass das Label selbst nicht an einen neuen Inhaber verkauft würde, hat die Sängerin keinen vertraglichen oder gesetzlichen Anspruch. Anders hätte dies nur sein können, wenn man solche Regelungen vertraglich festhält. So hätte sich Taylor auch vertraglich ein Vorkaufsrecht an den Aufnahmen sichern oder ein Mitspracherecht im Label einräumen lassen können. Dies scheint jedoch, wenn man das Geschehen nun betrachtet, unbestritten nicht der Fall zu sein.
Taylor Swift wählt ungewöhnlichen Weg
Um ihre eigenen Songs wieder vollständig selbst nutzen zu können, ist Taylor Swift nun einen Schritt gegangen, der in der Musikgeschichte wohl einmalig ist: Sie hat damit begonnen ihre Alben nahezu identisch neu aufzunehmen und neu herauszubringen. Die Rechte an den Texten und Melodien stehen ihr ohnehin schon zu und nun auch die Rechte an den neuen Aufnahmen, die sie beim Label „Republic Records“ erstellt. In ihrem Vertrag mit „Big Machine Records“ wurde zwar in einer Klausel festgehalten, dass Swift genau dies nicht machen dürfte – allerdings nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach Vertragsende. Und diese Frist ist Ende 2020 schon verstrichen.
So existieren nun also zwei Tonaufnahmen ihrer Alben „Fearless“ und „Red“ und vier weitere Alben sollen noch folgen. Damit verfolgt die Musikerin den Plan, die älteren Aufnahmen wirtschaftlich zu entwerten, was sie wohl auch schafft. Denn ihre treue Fangemeinde, kauft und streamt fleißig die Neuveröffentlichungen, die auch neue Songs enthalten. Zudem könnten Nutzer aus der Werbe- oder Filmbranche zukünftig auf sie und das neue Label zukommen, um Lizenzen für die Nutzung der Musik einzukaufen. Damit hat immer noch ein Dritter die Rechte an ihren älteren Aufnahmen, doch sind diese bald deutlich weniger wert, wenn sie kaum noch genutzt werden.
Swift setzte sich schon früher für Rechte von Künstlern ein
Auch schon in der Vergangenheit hat sich Taylor Swift für faire vertragliche und finanzielle Bedingungen für Musiker eingesetzt. Schon 2014 und 2015 kritisierte sie öffentlich die zu niedrige Bezahlung von Künstlern durch die Streamingdienste Spotify und Apple, was bei Apple innerhalb eines Tages zur Änderung der Geschäftsbedingungen führte. Und auch bei ihrem Vertragswechsel 2018 setzte sie sich für andere Musiker ein. Denn zum damaligen Zeitpunkt plante die Universal Music Group, zu der ihr neues Label gehört, seine Anteile an Spotify für circa eine Milliarde US-Dollar zu verkaufen. Taylor Swift ließ sich bei ihrem Vertragswechsel zusichern, dass der Erlös für diese Anteile nicht nur der Firma zugutekommen soll, sondern vor allem an Musiker ausgeschüttet werden soll.
ses