Deutschlands ambitioniertester Datenschützer, Dr. Thilo Weichert, erklärt zum Jahresende die Errungenschaften und Niederlagen von 2011 und seine Pläne für das neue Jahr. Allen voran steht weiterhin der Kampf gegen Social-Media-Riesen Facebook, aber auch kleinere Baustellen werden in Angriff genommen. Die Unterstützung aus der Politik bleibt dabei vage.
„Auf unserer Weihnachtsfeier musste ich eine sehr durchwachsene Bilanz ziehen. Für den Datenschutz war 2011 kein gutes Jahr.“, äußert sich der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) Schleswig-Holstein. Das läge unter anderem an der schwachen Unterstützung durch die Politik. Wenn die Parteien von seiner Argumentation Gebrauch machen konnten, sei Dr. Weichert ein gutes Mittel gewesen. Wenn er aber gefährlich wurde, sei er ignoriert oder gar mit unlauteren Mitteln bekämpft worden. Eines davon sei das geänderte Landesdatenschutzgesetz. Darin sollen weitere Wiederwahlen des Datenschutzbeauftragten verhindert werden. Die einmalige Wiederwahl solle die Unabhängigkeit des Datenschutzbeauftragten gewährleisten, und um frischen Wind reinzubringen, sei eine zweite Wiederwahl nicht sinnvoll, heißt es von FDP und CDU. Lediglich die Grünen stellten einen Antrag auf weitere Wiederwahlen, der von schwarz-gelb aus den oben genannten Gründen keine Zustimmung bekam. Dr. Weichert bleibt aber optimistisch und hofft auf eine kurzfristige Ausnahmesituation, die schon in einem halben Jahr behoben sein wird.
Der Datenschutzbeauftragte glaubt nicht, dass er in seinem Kampf gegen Facebook allein da steht: „Ich stehe nicht alleine, sondern habe die hundertprozentige Unterstützung aller Datenschutzbehörden in Deutschland. […]Und auch von den Datenschützern in Europa werden unsere Positionen voll und ganz geteilt.“ Trotzdem stößt Dr. Weichert mit seiner Kritik auf Unglauben – und zwar bei den Nutzern der Plattform. Weichert betont, dass es ihm nicht darum geht, dass er den Leuten verbieten will, Facebook zu nutzen. Seine Tochter nutze auch Facebook und es sei vor allem für Jüngere schwer, sich dem sozialen Netzwerk zu entziehen. Es geht ihm um den Konzern Facebook, und darum, was möglicherweise unrechtmäßig mit den Daten geschieht, die jeder nach seinem eigenen Gewissen ins Netz stellen kann. „Die Nutzer müssen die Chance haben, zu erfahren, was mit ihren Daten passiert. Und Facebook verweigert das wegen des banalen Interesses, Geld zu verdienen.“ Es ginge ihm nicht einmal darum, irgendetwas zu gewinnen, sondern um einen Prozess in Gang zu setzen, der eine rationale und rechtlich korrekte Auseinandersetzung mit sich brächte und zu politisch akzeptablen, demokratisch legitimierten und gesellschaftlich akzeptablen Lösungen führe.
Das größte Problem bei Facebook sei, dass sich etwas Illegales als Kommunikationsmittel in der Gesellschaft verfestigen würde. Dass die Ausgabe der Daten in die USA die Nutzer so kalt lassen würde. Die Argumentation Facebooks, sich mit dem Sitz der Firma in dem „rechtsfreien“ Gebiet der USA zu befinden, sei zu einfach, das würden alle Datenschützer so sehen. Dass sie damit die „Spielverderber“ für die Nutzer sind, sei ihnen klar: „Aber beim Datenschutz ist es immer so: 80 Prozent wollen wissen, was mit ihren Daten passiert und 20 Prozent ist es absolut egal.“ Auch den Vorwurf, Dr. Weichert wolle sich mit seinem Projekt ins Rampenlicht bringen, wies der Datenschutzbeauftragte ab. Er erklärt, dass es auf dem Weg zu einer Gesellschaft, in dem die Persönlichkeitsrechte nicht mehr verletzt werden können, nicht nur um die großen Baustellen wie Facebook oder Google+ ginge, sondern eben auch um die Mitarbeiter-Videoüberwachung beim örtlichen Bäcker, oder Nachbarstreitigkeiten, bei denen jemand gefilmt wurde. Es sei jedoch wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten und Medienkompetenz zu vermitteln. In der Politik sei Datenschutz – außer bei den Piraten – ein zu missachtetes Thema. So wünscht Dr. Weichert sich für das Jahr 2012 größere Aufmerksamkeit für Informationstechnik im Zusammenhang mit den Grundrechten. Das ganz große Thema 2012 wird wohl die Diskussion über die europäische Datenschutzverordnung werden.