Im Bundestagswahlkampf 2021 hatten Plakate der rechtsextremen Kleinstpartei „Der III. Weg“ für viel Aufruhr gesorgt. Mit Slogans wie „Hängt die Grünen!“ und „Volksverräter Stoppen!“ warb die Partei um Wählerstimmen. Bereits das LG München I hatte den damaligen Vorsitzenden der Partei in zweiter Instanz wegen Volksverhetzung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten sowie der Billigung von Straftaten zu einer Geldstrafe verurteilt. Nun bestätigte auch das Bayerische Oberste Landesgericht die Verurteilung.
Der Vorsitzende der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ ist rechtskräftig zu einer Geldstrafe wegen Volksverhetzung gemäß § 130 Strafgesetzbuch (StGB) und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten gemäß § 111 StGB verurteilt. Seine Revision gegen das vorinstanzliche Urteil des Landgerichts (LG) München I ist vom Bayerischen Obersten Landesgericht (BayObLG) als offensichtlich unbegründet verworfen worden (Beschl. v. 19.10.2023, Az. 207 StRR 325/23).
Bereits das LG München I hatte ein amtsgerichtliches Urteil gegen den Vorsitzenden der Partei wegen Volksverhetzung und öffentlicher Aufforderung zu Straftaten sowie der Billigung von Straftaten bestätigt und ihn zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen zu je 60 € verurteilt (Urt. v. 28.03.2023, Az. 18 NBs 112 Js 178777/21). Nach den Feststellungen des LG lag der Verurteilung zugrunde, dass der Angeklagte als Vorsitzender der Partei „Der III. Weg“ und presserechtlich Verantwortlicher die Fertigung eines Wahlplakates für den Bundestagswahlkampf und dessen Aufhängung an mindestens 20 verschiedenen Orten in Bayern und Sachsen veranlasst hatte. Das Plakat war rund 85 cm hoch und 59 cm breit. Im oberen Bereich bedeckte der großformatige Schriftzug „Hängt die Grünen“ etwa die Hälfte des Plakates. Jedes der drei Worte war dabei in einer eigenen Zeile geschrieben. Gegen die Verurteilung durch das LG München I wendete sich der Parteivorsitzende mit seiner Revision und begehrte seinen Freispruch. Seiner Auffassung nach sei bereits der Inhalt des Wahlplakates nicht strafbar. Nach dem Abhängen der Plakate durch die Behörden hatte er deren „umgehende Wiederaufhängung“ gefordert.
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Mehrere Auslegungsmöglichkeiten?
Unter anderem griff der Parteivorsitzende die Beweiswürdigung des LG an. Das LG hatte den Plakattext dahin ausgelegt, dass es sich um eine Aufforderung zur Verübung von Tötungsdelikten im Stile einer Exekution an Mitgliedern der unter der Kurzbezeichnung „Die Grünen“ bekannten Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ handelt. Diese Auslegung sei laut dem BayObLG nicht zu beanstanden. Das LG habe alle in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten in Betracht gezogen und diese mit nachvollziehbarer Begründung ausgeschlossen. So habe das Gericht ausdrücklich die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass nicht nur Parteimitglieder, sondern allgemein Wähler bzw. Anhänger der „Grünen“ oder weitergehend allgemein ökologisch eingestellte Personen gemeint gewesen sein könnten. Es habe diese Möglichkeit jedoch verworfen, denn es entspreche nicht dem allgemeinen Sprachgebrauch, solche Personen als „die Grünen“ zu bezeichnen, welche nicht der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ angehören.
Auch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) dürften Gerichte außerdem bei mehreren in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten eine zur Bestrafung führende Deutung zugrunde legen, wenn sie zuvor andere, keine Strafbarkeit begründende Deutungsmöglichkeiten mit überzeugenden Gründen ausgeschlossen haben.
Meinungsfreiheit tritt hier zurück
Weiter betonte das BayObLG, dass auch eine Rechtfertigung der Tat durch die verfassungsrechtlich garantierte Meinungsfreiheit hier nicht in Betracht komme. Die Meinungsfreiheit sei nicht vorbehaltlos gewährleistet, sondern finde im konkreten Fall seine Schranken in den allgemeinen Gesetzen, zu denen auch die Vorschriften der Strafbarkeit der Volksverhetzung sowie der öffentlichen Aufforderung zu Straftaten gehören. Zwar müssten diese wiederum im Rahmen einer Abwägung im Licht der Meinungsfreiheit ausgelegt werden. In Hinblick auf den überragenden Stellenwert des Schutzes menschlichen Lebens ergebe die Abwägung jedoch eindeutig, dass im Falle der Aufforderung zur Tötung von Menschen die Beeinträchtigung der Meinungsfreiheit des Angeklagten zurücktrete.
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BayObLG bestätigt die Rechtsauffassung der Vorinstanzen
Das BayObLG verwarf also die gegen das landgerichtliche Urteil gerichtete Revision des Parteivorsitzenden als offensichtlich unbegründet und korrigierte lediglich den Schuldspruch dahingehend, dass der Angeklagte wegen Volksverhetzung in Tateinheit mit öffentlicher Aufforderung zu Straftaten schuldig gesprochen wird. Zur Begründung führte das Gericht an, der Parteivorsitzende habe ein sogenanntes „Organisationsdelikt“ begangen. Zu den einzelnen Fällen, in denen die gegenständlichen Plakate aufgehängt wurden, habe er jedoch keinen individuellen Tatbeitrag geleistet. Die Korrektur des Schuldspruchs hatte keine Auswirkungen auf den Rechtsfolgenausspruch.
Das Urteil des LG ist damit rechtskräftig. Weitere Rechtsmittel stehen dem angeklagten Parteivorsitzenden nicht mehr zur Verfügung.
ezo