Der Bundesgerichtshof hat erneut die Pressefreiheit gestärkt und die Urteile des LG Hamburg und des Hanseatischen OLG Hamburg aufgehoben und deutlich kritisiert.
Im vorliegenden Fall ging es um eine Verdachtsberichterstattung über eine mögliche IM-Tätigkeit. 2004 hatte der Fraktionsvorsitzende der PDS im Sächsischen Landtag und Spitzenkandidat der PDS für die Landtagswahl Klage auf Unterlassung der Berichterstattung über eine mögliche Stasi-Vergangenheit erhoben. Grund dafür waren die Berichte, die in der „Sächsischen Zeitung“, „Dresdner Morgenpost“ und „Dresdner Morgenpost am Sonntag“, sowie der „Bild“ und „Die Welt“ erschienen sind. Darin wurde der Verdacht geäußert, dass der Kläger als IM „Christoph“ für die Stasi gearbeitet habe und seine damalige Freundin und jetzige Frau bespitzelt habe. Dem widersprach der Kläger: Er sei ohne sein Wissen von der Staatssicherheit „abgeschöpft“ worden und erhob daraufhin Klage gegen die Axel Springer AG und das Dresdner Druck- und Verlagshaus wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Dem gab das LG Hamburg statt, auch in der Berufung wurde zugunsten des Klägers entschieden.
Urteile aufgehoben
Auf die Revisionen der Beklagten hat der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Urteile des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sachen zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. (LG Hamburg: Urteil vom 15. August 2008 – 324 O 774/04; Hanseatisches OLG Hamburg: Urteil vom 12. Oktober 2010 – 7 U 89/08 sowie LG Hamburg: Urteil vom 30. Mai 2008 – 324 O 18/05; Hanseatisches OLG Hamburg: Urteil vom 12. Oktober 2010 – 7 U 67/08)
Verstoß gegen Denkgesetze
So heißt es in der Pressemeldung zum aktuellen Urteil des BGH: „Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass das von den Beklagten verfolgte Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinter dem Interesse des Klägers am Schutz seiner Persönlichkeit zurückzutreten habe. Die Würdigung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten nicht bewiesen, dass der Kläger wissentlich und willentlich mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet habe, ist unvollständig und verstößt gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Die von ihm vorgenommene Deutung der in den Akten des MfS verwendeten Begriffe ist weit hergeholt und mit dem natürlichen Sprachempfinden kaum in Einklang zu bringen.“
Zudem sei die Anforderung an die richterliche Überzeugung vom Berufungsgericht überspannt worden, so die Meldung des BGH. Weiter heißt es dort: „Das Berufungsgericht hat auch zu Unrecht die Voraussetzungen einer zulässigen Verdachtsberichterstattung verneint. Es hat insbesondere nicht berücksichtigt, dass die Beklagten der Stellungnahme des Pressesprechers der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR, den gefundenen Unterlagen sei zweifelsfrei zu entnehmen, dass der Kläger als IM Christoph für den Staatssicherheitsdienst tätig gewesen sei, ein gesteigertes Vertrauen entgegenbringen durften. Bei dem Bundesbeauftragten handelt es sich um eine Bundesoberbehörde, der durch Gesetz die Aufgabe zugewiesen ist, die Stasi-Unterlagen auszuwerten und zu archivieren.“
Dies bekräftigt ein gesteigertes Vertrauen der Presse in die Verlautbarungen des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR.
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