Eine Sparkasse darf normalerweise einen Antrag auf Kontoeröffnung nicht ablehnen. Das gilt aber nicht, soweit sie sich auf einen sachlichen Grund berufen kann. Dieser ist bei einem Inkassounternehmen gegeben, das als Handlanger von Abzockdiensten im Internet bei den Opfern von Abo-Fallen Geld eintreibt. Dies hat das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main in einer begrüßenswerten Entscheidung festgestellt.
Das Inkassounternehmen war in der Vergangenheit Kunde der Frankfurter Sparkasse gewesen. Nachdem sich zahlreiche Verbraucher an die Sparkasse gewandt und sich darüber beschwerten hatten, dass das Inkassobüro ungerechtfertigte Forderungen einzutreiben versuche, kündigte die Sparkasse das Konto.
Die Klägerin, deren Versuche, sich vor den ordentlichen Gerichten gegen die Kündigung zu wehren, gescheitert waren, beantragte darauf bei der Frankfurter Sparkasse erneut die Eröffnung eines Kontos. Sie vertrat die Auffassung, sie habe gegenüber der Sparkasse einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Eröffnung eines Kontos nach § 2 des Hessischen Sparkassengesetzes.
Nach dieser Vorschrift haben die Sparkassen als Anstalten des öffentlichen Rechts die Aufgabe, geld- und kreditwirtschaftliche Leistungen zu erbringen und insbesondere Gelegenheit zur sicheren Anlage von Geldern zu geben. Die Sparkasse sei aufgrund ihrer öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Daseinsvorsorge zur Kontoeröffnung verpflichtet und dürfe dies nicht ohne sachlichen Grund ablehnen.
Ein sachlicher Grund sei nicht darin zu sehen, dass sich Verbraucher gegen die Einforderung von Geldern durch die Klägerin wehrten. Denn deren Beschwerden beträfen das Rechtsverhältnis zu den Internetanbietern. Über das Bestehen dieser Forderungen und damit über die Rechtmäßigkeit der Einforderungen habe sie als Inkassounternehmen nicht zu entscheiden.
Die Frankfurter Sparkasse lehnte die Eröffnung des Kontos unter Hinweis darauf ab, dass die Kündigung des früheren Kontos von den ordentlichen Gerichten bestätigt worden sei. Zudem könne die Inkassotätigkeit der Klägerin nicht getrennt von der Tätigkeit ihrer Auftraggeber betrachtet werden, da die Verbraucherbeschwerden über die Vorgehensweise der Anbieter von internetbasierten Dienstleistungen auch direkt an die beklagte Sparkasse gerichtet gewesen seien. Dadurch sei ihr ein Reputationsschaden entstanden.
Mit Urteil vom 16. Dezember 2010 wies das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main die Klage ab (Az. 1 K 1711/10.F.) In den Gründen ist ausgeführt, es gäbe zwar keinen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Kontoeröffnung, weil § 2 Abs. 1 Sparkassengesetz nur die Aufgaben der Sparkassen beschreibe und keine subjektiven Rechte der Bürger auf Kontoeröffnung einräume. Die Sparkasse unterliege aber der öffentlich-rechtlichen Pflicht zur Gleichbehandlung und könne einen Kontoeröffnungsantrag nur ablehnen, wenn dies aus sachlichen Gründen gerechtfertigt sei.
Im vorliegenden Fall sei die Ablehnung der Kontoeröffnung im Hinblick auf die Belange des Verbraucherschutzes sachlich gerechtfertigt. Den zahlreichen auch an die Sparkasse gerichteten Verbraucherbeschwerden läge nämlich eine Inkassotätigkeit der Klägerin für Unternehmen zugrunde, deren Forderungen unter Ausnutzung der Unvorsichtigkeit der Verbraucher entstanden seien und sich als strafrechtlich relevante Täuschungshandlung darstelle. Die Täuschung bestünde beispielsweise darin, dass Unternehmen auf ihrer Website die Möglichkeit böten, Software herunterzuladen, ohne dass erkennbar werde, dass hierfür Kosten entstünden. Die Kostenpflicht ergäbe sich nämlich nur aus den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die durch Anklicken eines entsprechenden Buttons akzeptiert werden müssten. Die gesamte Gestaltung der Seite erwecke jedoch den Eindruck, dass der Download kostenfrei sei, was auch dadurch verstärkt werde, dass die nämliche Software von anderen Anbietern kostenlos zum Download angeboten werde. Die Verbraucher würden so in eine Falle gelockt. Nach Rechnungserhalt seien die Anbieter zudem für die Verbraucher nicht erreichbar.
Die Klägerin könne sich nicht darauf berufen, mit dieser Praxis der Internetanbieter nichts zu tun zu haben, denn es bestehe ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem Vorgehen der Unternehmen im Internet und dem Inkasso der Klägerin. Der Klägerin sei das Gebaren ihrer Auftraggeber auch bekannt. Sie wirke deshalb an einer Verbrauchertäuschung mit. In diese Täuschung werde auch das Kreditinstitut einbezogen, das für die Klägerin ein Konto bereit stelle, denn erst eine bestehende Girokontoverbindung versetze die Klägerin in die Lage, die angemahnten Forderungen auch tatsächlich einzuziehen. Dies rechtfertige im Hinblick auf die Bindung an Recht und Gesetz, der die beklagte Sparkasse unterliege, die Ablehnung der Kontoeröffnung.
Das Gericht weist in dem Urteil darauf hin, dass es der Klägerin freistehe, erneut die Eröffnung eines Kontos zu beantragen, wenn sie sich von den Unternehmen getrennt habe, deren Geschäftsmodell auf Verbrauchertäuschung im Internet beruhe, und wenn sie dies der Sparkasse nachweise.
Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof beantragt werden.
Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichtes Frankfurt am Main Nr. 01/2011 vom 17.01.2011