Weil ein 18-jähriger beim Sex mit einer Prostituierten zu früh gekommen ist, hat er sie kurzerhand bei der Polizei wegen Betruges angezeigt. Sie hätte nur zehn Minuten anstatt der vereinbarten Stunde gearbeitet und sich nicht an seine Wünsche gehalten. Wie ist die Rechtslage?
Eigentlich heißt es ja: „Wer zu früh kommt, den bestraft das Leben.“ Ein 18jähriger Mann wollte diese Lebensweisheit für sich jedoch nicht gelten lassen. Der 18-jährige hatte die Dame aus Rumänien im Internet kennengelernt und mit ihr ein Treffen vereinbart. Der vereinbarte Preis: 160 Euro für „das volle Programm“. Es wurde Vorkasse vereinbart. Nun ging es am Ende jedoch für den jungen Herrn bedauerlicherweise schneller als erwartet: Den Höhepunkt erreichte er bereits nach 10 Minuten durch „manuelle Befriedigung“. Danach war der Spaß vorbei und er konnte nicht mehr die volle Stunde, für die er bezahlt hatte, in Anspruch nehmen.
Das reichte dem Herrn jedoch nicht. Er behauptet, er habe zuvor klar den Willen geäußert, nicht zu früh kommen zu wollen. Die Dame habe seiner Ansicht nach bewusst weiter gemacht, damit es schneller vorbei sei.
Und weil er der Ansicht war, die Frau habe bewusst das Geld eingesackt, aber nie die Absicht gehabt, ihre versprochenen Dienste voll erfüllen zu wollen, zeigte er sie kurzerhand bei der Polizei an. Der Vorwurf: Betrug. Sie habe bereits zu Beginn nie vorgehabt, das „volle Programm“ zu leisten. Angeblich ermittelt nun tatsächlich die Staatsanwaltschaft.
Doch wie ist hier eigentlich die Rechtslage? Kann ein Freier tatsächlich eine Prostituierte wegen Betruges anzeigen? Hat man überhaupt einen Anspruch auf die Erbringung der Leistung, für die man bezahlt?
Wie sieht die vertragliche Situation aus?
Früher gingen Juristen und Gerichte davon aus, dass ein Vertrag mit einer Prostituierten komplett sittenwidrig ist. Damit wäre er nach § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nichtig. Leider hätte dies aber auch zur Folge, dass auch die Frau keinen Anspruch auf die Zahlung des Geldes hatte, obwohl sie die Leistung erbracht hatte.
Diese Situation wollte der Gesetzgeber mit dem Prostitutionsgesetz (ProstG) ändern, welches 2002 in Kraft trag. Laut Gesetzesbegründung sollte der Vertrag eindeutig nicht mehr sittenwidrig sein. So klar ist das aber immer noch nicht, denn viele Gerichte gehen heute noch davon aus, dass im Grunde Sittenwidrigkeit vorgeht. Einig sind sich letztlich aber alle darin, dass die §§ 1-3 ProstG den Vertrag zwischen Freier und Prostituierter als sog. „einseitig verpflichtenden Vertrag“ abschließend regeln und innerhalb dieses Regelungsbereiches Vorrang vor § 138 BGB besteht – in diesem Rahmen ist der Vertrag also wirksam. Einseitig verpflichtend bedeutet, dass im Grunde nur die Dame einen Anspruch auf das Geld hat. So sagt § 1 ProstG: „Sind sexuelle Handlungen gegen ein vorher vereinbartes Entgelt vorgenommen worden, so begründet diese Vereinbarung eine rechtswirksame Forderung.“ Diesen Anspruch kann sie auch vor Gericht einklagen.
Schaut man sich dann aber die folgenden §§ 2 und 3 an, so sieht man, dass der Freier (fast) keinen Anspruch auf die vereinbarte Dienstleistung an seinem Körper hat:
Das bedeutet: Wenn die Frau völlig untätig geblieben ist, hat der Freier einen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes.
Nicht aber, wenn sie etwas getan hat, was in irgendeiner Hinsicht sexuell war. Dann besteht weder ein Anspruch auf volle, noch auf teilweise Rückzahlung des Geldes. Und § 3 setzt noch einen drauf: Nicht nur hat der Mann keinen Anspruch darauf, dass seine Weisungen befolgt werden – er ist nicht einmal befugt, solche Weisungen zu geben: „Weisungen, die das Ob, die Art oder das Ausmaß der Erbringung sexueller Dienstleistungen vorschreiben, sind unzulässig.“
In diesem Fall hat sie zumindest 10 Minuten an ihm sexuelle Dienstleistungen erbracht, sodass er keinen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes hatte.
Und was ist nun mit dem Betrugsvorwurf?
In dem entsprechenden Betrugs-Paragraphen § 263 Abs. 1 StGB steht: Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtum erregt oder unterhält.
Klar, selbst wenn hier dennoch ein Betrug in Betracht käme, könnte man der Dame den entsprechenden Vorsatz wohl kaum nachweisen. Denn sie müsste ja von Anfang an den Vorsatz gehabt haben, das Geld zu behalten, ohne sich an die Weisungen zu halten. Die Tatsachen sprächen aber wohl eher dafür, dass die Dame getan hat, was zu tun war und der junge, 18-jährige sich einfach nicht unter „Kontrolle“ hatte.
Aber: Kann hier überhaupt der sog. objektive Tatbestand erfüllt sein, wenn eigentlich schon kein Anspruch auf die volle Leistung bestand und der Herr auch keinen Anspruch auf Rückzahlung des Geldes hatte? Die Antwort ist: Nein. Denn nach der gesetzlichen Wertung wäre der „Vermögensvorteil“ schon nicht rechtswidrig. Sie hat, nachdem sie überhaupt etwas getan hat, einen Anspruch auf das volle Geld. Falls sie von Anfang an vorhatte, die Stunde nicht durchzuziehen, ist das zwar ärgerlich, aber nicht strafbar, weil dies der rechtlichen Wertung widersprechen würde. Dass es nur zehn Minuten waren, ist hier irrelevant. Insoweit bleibt der Staatsanwaltschaft eigentlich nichts anderes übrig, als das Verfahren deswegen einzustellen.
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