Dass man mit Online-Pokerspielen seinen Lebensunterhalt bestreiten kann, klingt erst einmal unrealistisch. Umso erstaunlicher ist der Fall eines Mathematikstudenten, der allein im Jahr 2009 einen Gewinn von 82.826,05 Euro erzielte. Von einem „armen Studenten“ kann hier jedenfalls nicht die Rede sein. Doch selbst der größte Glückspilz ist vor dem Finanzamt nicht gefeit. Dieses sah das Handeln des Studenten als steuerpflichtige gewerbliche Tätigkeit an – der BFH bestätigte dies nun.
Gewinne aus dem Online-Pokerspiel können laut dem Bundesfinanzhof (BFH) einkommenssteuerpflichtig sein. Sobald der Rahmen einer privaten Hobbytätigkeit überschritten werde und es dem Spieler nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse, sondern um die Erzielung von Einkünften gehe, sei sein Handeln als gewerblich anzusehen. Maßgebend sei die strukturelle Vergleichbarkeit mit einem Berufsspieler (Urt. v. 22.02.2023, Az. X R 8/21).
Der zugrunde liegende Fall handelte von einem Mathematikstudenten, der im Jahr 2007 mit dem Online-Pokerspiel in der Spielvariante „Texas Hold´em/Fixed Limit“ begonnen hatte. Zunächst nutzte er nur Cent-Beträge als Einsatz, steigerte seine Einsätze jedoch allmählich. Auch seine Gewinne stiegen mit der Zeit erheblich an. Bis Ende 2008 erzielte er mit dem Online-Spiel einen Gesamtgewinn von ca. 1.000 US-Dollar. Im Jahr 2009 spielte der damals zwanzigjährige Student mit verschiedenen Benutzernamen bei vier Online-Portalen Poker. Seine Einsätze erhöhte zu dieser Zeit zu einem niedrigen zweistelligen US-Dollar-Betrag. Außerdem nutzte er während seiner Spielzeit eine Software, die umfangreiche Statistiken über das Verhalten der Gegenspieler anbot.
Soforthilfe vom Anwalt
Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.
Allein im Jahr 2009 erzielte er damit einen Gewinn von über 80.000 Euro, der in den Folgejahren sogar noch weiter anstieg. Während seine Spielzeiten in den Jahren 2007 und 2008 noch ca. fünf bis zehn Stunden im Monat betrugen, summierte sich die registrierte Gesamtspielzeit allein im Zeitraum von Juli bis Dezember 2009 auf 673 Stunden.
Als der Mathematikstudent am 26. Mai 2014 erstmals für 2009 eine Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärung abgab, ging er davon aus, dass seine Gewinne nicht steuerpflichtig seien. Das Finanzamt erließ jedoch einen Einkommensteuer- und Gewerbesteuermessbescheid, gegen den er erfolglos Einspruch und sodann Klage vor dem Finanzgericht (FG) Münster erhob. Das FG Münster nahm allerdings ebenfalls eine einkommensteuerpflichtige gewerbliche Tätigkeit an (Urt. v. 10.3.2021 – 11 K 3030/15). Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache wurde die Revision zugelassen.
Abgrenzung zwischen Hobbytätigkeit und gewerblichem Handeln
Bereits das FG Münster kam unter Bezugnahme auf wissenschaftlich-mathematische Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass Texas Hold´em Poker in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht kein reines Glücksspiel sei, sondern auch durch Geschicklichkeitselemente gekennzeichnet sei. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung würden die Geschicklichkeitselemente selbst bei einem Durchschnittsspieler überwiegen. Gewinne aus Online-Pokerspielen seien daher auch dann einkommens- und der gewerbesteuerpflichtig, wenn es sich nicht um ein Poker-Turnier handele und kein persönlicher Kontakt zu den Mitspielern möglich sei. Dies bestätigte nun auch der BFH in der Revisionsinstanz und knüpfte dabei an einige seiner früheren Entscheidungen an, in denen er sich mit Gewinnen aus Poker-Turnierspielen beschäftigt hatte.
Hobby-Pokerspieler müssten sich allerdings keine Sorgen machen. Nicht jeder Pokerspieler unterfiele gleich der Einkommenssteuer, so der BFH. Erst wenn der Rahmen einer privaten Hobbytätigkeit überschritten werde und es dem Spieler nicht mehr um die Befriedigung seiner Spielbedürfnisse, sondern um die Erzielung von Einkünften gehe, sei sein Handeln als gewerblich und damit als steuerpflichtig anzusehen. Maßgeblich für die Differenzierung sei die strukturelle Vergleichbarkeit mit einem Berufsspieler. Dabei komme es entscheidend auf die Planmäßigkeit des Handelns, die Ausnutzung eines Marktes oder der Umfang des investierten Geld- und Zeitbudgets an.
ezo