Viele Bürger in Deutschland sind ehrenamtlich tätig. Nicht wenige unter ihnen bekommen für ihre Tätigkeit eine monatliche Aufwandsentschädigung. Einige bekommen sogar eine Art „Stundenlohn“. Dazu zählen zum Beispiel die Ordner, die viele Sportvereine in der Spielsaison beschäftigen. Die ausgezahlten Summen liegen oftmals weit unter dem Mindestlohn, der für die Sicherheitsbranche gilt. Auch die gezahlten Aufwandsentschädigungen sind oft nur symbolischer Natur. Es werden Stimmen laut, dass ehrenamtliche Arbeit in manchen Bereichen nur der Tarnung diene und als Möglichkeit genutzt wird für sehr wenig Geld Arbeitskräfte zu beschäftigen. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Wo liegt die Grenze zwischen einer ehrenamtlichen Tätigkeit und einem Arbeitsverhältnis?

Abgrenzungskriterien

Bei einer ehrenamtlichen Tätigkeit liegt typischerweise ein Auftragsverhältnis vor (Vgl. §662 BGB). Die Tätigkeit erfolgt unentgeltlich, allerdings kann eine Aufwandsentschädigung gezahlt werden (Vgl. §670 BGB). Die Entschädigung ist dazu gedacht Unkosten, die im Zusammenhang mit der Ausführung der Tätigkeit entstehen, auszugleichen. Dazu zählen beispielsweise Fahrtkosten oder Verpflegungskosten. Die Aufwandsentschädigung darf jedenfalls nicht dazu dienen, die Arbeitsleistung zu vergüten.

Die Abgrenzung zwischen einer ehrenamtlichen Tätigkeit und einem Arbeitsverhältnis richtet sich nach mehreren Kriterien:

  • Zeitliche, örtliche und inhaltliche Weisungsgebundenheit (Gibt es feste Arbeitszeiten? Darf der Arbeitnehmer von Zuhause arbeiten?)
  • Eingliederung in den Betrieb (Indizien können sein: Die Einbindung in Dienstpläne, die Verpflichtung zur Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen)
  • Art der Tätigkeit (Wird dafür typischerweise ein Entgelt erhoben? Bei einer Tätigkeit in der Telefonsorge oder im ambulanten Hospizdienst ist in der Regel keine Vergütung zu erwarten)
  • Höhe der ausgezahlten Summe (Tragen die Einnahmen aus dieser Tätigkeit wesentlich zum Familieneinkommen bei, dann wird man von einem Arbeitsverhältnis ausgehen müssen. Wird in der Regel bei Nebentätigkeiten im Rahmen der Minijobgrenze angenommen)

Das Sächsische Landarbeitsgericht hat beispielsweise im Fall einer Mitarbeiterin bei der Telefonseelsorge entschieden, dass die Art der Tätigkeit und die Aufwandsentschädigung in Höhe von 30 Euro pro Monat nicht auf ein Arbeitsverhältnis hin deuten. (Urt. v. 20.05.2011 ; AZ: 3 Sa 579/10)

Jedes Vertragsverhältnis muss für sich genommen auf diese Kriterien hin untersucht werden. Erst nach der Gesamtwürdigung aller Umstände kann beurteilt werden, ob ein Arbeits- oder ein Auftragsverhältnis vorliegt.

Warum ist die Abgrenzung Ehrenamt – Arbeitsverhältnis wichtig?

Die Abgrenzung ist entscheidend, da bei einem Arbeitsverhältnis die zahlreichen Arbeitnehmer-Schutzvorschriften des Arbeitsrechts greifen würden. Dazu zählen die gesetzlichen Kündigungsfristen, der besondere Kündigungsschutz für Schwangere beispielsweise und nicht zuletzt könnte der vermeintlich ehrenamtlich tätige nach §612 BGB das übliche Gehalt für die ausgeübte Tätigkeit fordern, im Zweifelsfall den Tariflohn.

Im Beispiel der ehrenamtlichen Ordner, die von Sportvereinen eingesetzt werden, ist die Abgrenzung nicht eindeutig. Die Tätigkeit als Ordner ist nicht typischerweise als ehrenamtliche Tätigkeit einzuordnen. Es gibt diverse Sicherheitsdienste, die Arbeitskräfte für die Ausübung dieser Tätigkeit anbieten. Zudem wird ein Stundenlohn ausgezahlt und keine bloße Aufwandsentschädigung. Sollte sich nach eingehender Prüfung herausstellen, dass die Ordner zusätzlich regelmäßig und weisungsgebunden eingesetzt werden, müsste man vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausgehen. In diesem Fall könnten die Ordner hohe Nachforderungsansprüche gegenüber dem Verein geltend machen.

Fazit: Entscheidend ist nicht wie der Vertrag genannt wird, sondern wie dieser inhaltlich ausgestaltet ist. Bei einigen ehrenamtlichen Tätigkeiten entsteht der Verdacht, dass die Bezeichnung „Ehrenamt“ als Umgehung arbeitsrechtlicher Vorschriften genutzt wird. Eine solche Umgehung kann nicht zu unterschätzende finanzielle und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Sowohl das Finanzamt, als auch die Sozialversicherungsträger können im Nachhinein ihre Ansprüche geltend machen und hohe Nachzahlungen fordern.