Ein männlicher Jurastudent bewirbt sich als Sekretärin, nur um abgelehnt zu werden und dagegen zu klagen. Das ist aber nicht das erste Mal, dass er sich auf diese Art und Weise Schadenersatz verschaffen will. Nun hat auch das BAG über die kuriose Bewerbung des jungen Mannes entschieden.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hatte im Dezember 2023 entschieden, dass die Klage eines Jurastudenten rechtsmissbräuchlich sei. Das Gericht verneinte seinen Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG). Das Gericht toleriere ein systematisches und zielgerichtetes Ausnutzen des AGG nicht und erachte solche Praktiken als unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) (LAG Hamm, Urt. v. 05.12.2023 – 6 Sa 896/23).
AUch vor dem Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte der junge Mann nun keinen Erfolg (BAG, Urteil vom 19.09.2024, Az. 8 AZR 21/24).
Hintergrund der Entscheidung ist der Fall eines Jurastudenten, der versucht hatte, das AGG für seine Zwecke zu nutzen. Er bewarb sich auf Stellenausschreibungen von Unternehmen, die explizit nach weiblichem Personal suchten, um dann bei Ablehnung zu klagen, da er als männlicher Bewerber diskriminiert worden sei. Der Student, der Wirtschaftsrecht im Fernstudium studiert, bewarb sich in einem konkreten Fall auf eine Stelle als „Bürokauffrau/Sekretärin“ in einer 170 km entfernten Stadt. Seine Bewerbung war jedoch mangelhaft: Sie enthielt Rechtschreib- und Grammatikfehler und ging nur oberflächlich auf die Anforderungen der Stelle ein. Nachdem er abgelehnt wurde und die Stelle anschließend auch an eine Frau ging, reichte er zunächst Klage vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Dortmund ein. Er warf dem Unternehmen Diskriminierung vor und forderte eine Entschädigung nach dem AGG.
Der Hintergrund des AGG-Hoppings
Der Jurastudent, offenbar auf der Suche nach einer schnellen finanziellen Entschädigung, hatte bereits zuvor ähnliche Klagen in ganz Deutschland eingereicht, immer nach demselben Muster. Dies kam während des Verfahrens heraus. Sein Ziel war es offensichtlich, durch das AGG-Hopping finanzielle Entschädigungen zu erzielen. Das AGG sieht in § 15 Abs. 2 bei Nichteinstellung aufgrund von Diskriminierung eine Entschädigung von bis zu drei Monatsgehältern vor.
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Die Entscheidung des LAG Hamm
Sowohl das ArbG als auch das LAG Hamm wiesen seine Klage jedoch als rechtsmissbräuchlich ab. Das LAG Hamm verneinte eine Entschädigung, trotz des evidenten AGG-Verstoßes in den Stellenausschreibungen, die explizit auf eine weibliche Sekretärin abzielten.
Das LAG Hamm stellte fest, dass der Student sich gezielt missbräuchlich in den Bewerberstatus nach § 6 Abs. 1 S. 2 AGG gebracht hatte, um anschließend Schadenersatz wegen Benachteiligung als Mann zu fordern. Seine Bewerbungen waren aufgrund der Rechtsschreibfehler und dem Mangel an aussagekräftigen Unterlagen so gestaltet, dass sie kaum Erfolg haben konnten. Sein Vollzeitstudium Wirtschaftsrecht lasse, auch wenn im Fernstudium absolviert, eine Erwerbstätigkeit in Vollzeit auch gar nicht zu.
Seine Bewerbungen seien daher insgesamt so gestaltet gewesen, dass sie schlussendlich auch gar nicht zum Erfolg führen konnten. Sie seien vielmehr gerade auf eine Ablehnung ausgerichtet gewesen.
Das LAG erkannte auch, dass der Student sein Vorgehen im Laufe der Zeit den in seinen Fällen bereits ergangenen Urteilen angepasst hatte. In den Verfahren habe er praktisch ausschließlich rechtlich argumentiert, tatsächlichen Vortrag sei er hingegen schuldig geblieben. Er habe zum Beispiel nie dargelegt, warum er gut geeignet wäre für eine der Stellen, auf die er sich beworben hatte. Vielmehr habe er nach mehreren in der Vergangenheit verlorenen AGG-Verfahren gezielt genau die Rechtsmissbrauchsmerkmale sukzessiv verringert, die die Gerichte ihm vorgehalten hatten.
Das Urteil des LAG Hamm machte deutlich, dass solche Versuche, das AGG auszunutzen, nicht toleriert werden. Es sah in solchem Verhalten eine unzulässige Rechtsausübung im Sinne des § 242 BGB.
Das BAG betonte hier nochmals, dass das LAG Hamm die Anspruchsvoraussetzungen für die Entschädigung gar nicht erst geprüft hatte. Das aber könne auch dahinstehen, da jedenfalls ein Rechtsmissbrauch vorgelegen habe, so das BAG. Die Revision des Mannes gegen das Urteil des LAG Hamm wurde daher zurückgewiesen. Er hat nun auch die Kosten der Revision zu tragen.
akl/tsp