Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass wenn der Arbeitgeber das Tragen von Berufskleidung vorschreibt und sie vor Beginn der Arbeit im Betrieb angezogen werden soll, auch das Umkleiden zur Arbeitszeit gehört (Az.: 5 AZR 678/11).
Somit hat das BAG eine Korrektur zu seiner vorherigen Rechtsprechung vorgenommen, da es noch im Jahr 2000 eine Vergütungspflicht abgelehnt hatte (Az.: 5 AZR 122/99).
Im konkreten Fall hatte eine Krankenschwester geklagt, deren Arbeitgeber ihr und ihren Kollegen angeordnet hatte, zu Arbeitsbeginn zunächst im Klinikgebäude Berufskleidung, die aus dunkelblauen Hosen und Hemden mit V-Ausschnitt besteht, anzuziehen. Im OP-Bereich musste sie sich erneut umziehen. Die von der Klinik gestellte Kleidung durfte die Beschäftigten nicht mit nach Hause nehmen und war täglich zu wechseln.
Da dadurch etwa 30 Minuten an Umkleidezeit täglich entstand, änderte die Klinik den Tarifvertrag und stellte die Vergütung der Umkleidezeiten ein. Hiergegen wehrt sich die Krankenschwester mit ihrer Klage. Bei seiner Entscheidung orientierte sich das BAG am Arbeitszeitgesetz. Dort ist in § 2 Abs. 1 ArbZG Arbeitszeit als „die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen“ definiert.
Unter Arbeit versteht man dabei jede Tätigkeit, die der „Befriedigung eines fremden Bedürfnisses“ dient. Hieraus entnehmen die Richter, dass Arbeit stets dann vorliege, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Kleidung und das Umziehen im Betrieb anordnet. Eine arbeitsvertragliche Verpflichtung wird nämlich durch seine Weisung begründet, die ein Anlegen der Arbeitskleidung zu Hause und ein Tragen auf dem Weg zur Arbeitsstätte ausschließt, so dass der Arbeitgeber die dafür notwendigen Zeiten als Arbeitsleistung zu vergüten habe. Dabei komme es nicht darauf an, ob das Tragen von Berufskleidung notwendig für den Betriebsablauf sei.
Denn die gesetzliche Vergütungspflicht des Arbeitgebers knüpft nach § 611Abs. 1 BGB an die „Leistung der versprochenen Dienste“ an. Dazu zählt nicht nur die eigentliche Tätigkeit, sondern jede vom Arbeitgeber verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit oder der Art und Weise von deren Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Zu den im Sinne von § 611 Abs. 1 BGB „versprochenen Diensten“ gehört nämlich auch das vom Arbeitgeber angeordnete Umkleiden im Betrieb. In einem solchen Falle macht der Arbeitgeber selbst mit seiner Weisung das Umkleiden und das Zurücklegen des Wegs von der Umkleide- zur Arbeitsstelle zur arbeitsvertraglichen Verpflichtung.