Eine Arztpraxis wollte eine Arzthelferin kündigen. Wie der mangelnde Nachweis über die Zustellung der Kündigung dies verhindert, hatte nun das BAG zu entscheiden.

Eine nicht nachweisbare Zustellung der Kündigung macht diese unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) zur Zustellung der Kündigung entschieden. Das BAG entschied zugunsten einer Arzthelferin, die den Zugang der Kündigung bestritt. Das Gericht betonte, dass es für den Nachweis der Zustellung eines Auslieferungsbelegs bedurft hätte, den die Arbeitgeberin nicht habe vorweisen können (BAG, Urteil vom 30.01.2025, Az. 2 AZR 68/24).

Kündigung wegen Fälschung einer Patientenakte

Die Arzthelferin war seit Mai 2021 als medizinische Fachangestellte in einer Augenarztpraxis tätig. Diese warf ihr vor, im Impfpass ihres Ehemanns drei vermutlich nicht vorgenommene Corona Impfungen vermerkt zu haben, woraufhin mehrere Kündigungsversuche der Arztpraxis folgten. Diese hatten sich dann jedoch im Kündigungsschutzklageverfahren aus formalen Gründen und da sie zwischenzeitlich schwanger wurde, als problematisch erwiesen.

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In der Berufungsinstanz relevant war noch die Frage des Zugangs einer außerordentlichen Kündigung vom 26. Juli 2022. Diese hatte die Arztpraxis am 26. Juli 2022 per Einwurf-Einschreiben ausgestellt. Die Arzthelferin berief sich jedoch darauf, diese Kündigung nicht erhalten zu haben, woraufhin die Arbeitgeberin dem Gericht den Einlieferungsbeleg des Einwurf-Einschreiben bei der Deutschen Post vom 26. Juli 2022 um 15.35 Uhr, wie auch die Sendungsnummer vorlegte. Damit wollte die Arztpraxis den Zugang der Kündigung beweisen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg entschied jedoch nun zu Gunsten der Arzthelferin. Ein Einlieferungsbeleg und die Sendungsnummer sei kein ausreichender Beweis für den tatsächliche Zugang der Kündigung bei der Arbeitnehmerin. Um diesen sicherzustellen, sei ein Auslieferungsbeleg notwendig, den die Arbeitgeberin nicht vorweisen konnte. Zudem konnte die Arbeitsgeberin die Zustellung nicht durch einen Zeugen, der den Einwurf vorgenommen haben soll, belegen.

Einlieferungsbeleg gilt nicht als ausreichender Nachweis

Das BAG bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz nun und stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 26. Juli 2022 beendet worden sei. Die darlegungs- und beweisbelastete augenärztliche Praxis habe den Zugang der Kündigung in den Hausbriefkasten der Mitarbeiterin nicht nachweisen können. Hierfür wäre ein Auslieferungsbeleg erforderlich gewesen, der jedoch nicht vorgelegt wurde.

Auch ein sog. Anscheinsbeweis liege nicht vor. Der vorgelegte Einlieferungsbeleg sowie der Sendungsstatus seien kein hinreichender Nachweis für den Zugang. Zudem hätten laut BAG konkrete Angaben zur Person des Postzustellers sowie zu weiteren Einzelheiten der Zustellung gefehlt, sodass ein Zeugenbeweis nicht möglich gewesen sei.

Der Sendungsstatus allein biete keine verlässliche Gewähr für den tatsächlichen Zugang und lasse nicht erkennen, auf welche Weise die Zustellung erfolgt sei – sei es persönlich an die Empfängerin, an eine andere Person in deren Haushalt oder durch Einwurf in den Hausbriefkasten. Ohne einen Auslieferungsbeleg bestehe daher praktisch keine Möglichkeit, einen Anscheinsbeweis zu führen.

Als sicherste Zustellmethode hätte sich nach Ansicht der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) der persönliche Einwurf in den Hausbriefkasten durch einen bekannten Boten erwiesen. Dieser hätte im Streitfall als Zeuge benannt werden können. Auf diese Möglichkeit wies die BRAK in einer Mitteilung zur Entscheidung des LAG hin.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Revision liegt dem BAG bereits vor.

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eni/tsp