In der Corona-Pandemie 2020 kamen zahlreiche Arbeitnehmer in eine unglückliche Situation: Während des bewilligten Erholungsurlaubs ordneten die Behörden eine persönliche Quarantäne an. Nun hatte das BAG darüber zu entscheiden, ob ein solcher Quarantäne-Urlaub als verbraucht gilt, oder nachgeholt werden kann. Das Ergebnis dürfte betroffene Arbeitnehmer enttäuschen.
Ereignisse, die einen Urlaub stören könnten, fallen in das Risiko des Arbeitnehmers. Insoweit schulde der Arbeitgeber zwar das Urlaubsentgelt, aber darüber hinausgehend keinen tatsächlichen „Urlaubserfolg“. Wer seinen bewilligten Urlaub wegen einer behördlichen Anordnung also in Quarantäne verbringen musste, könne diesen nicht nachholen. So entschied jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) und folgte damit einer Vorlageentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) (BAG, Urteil vom 28.05.2024, Az. 9 AZR 76/22).
Hintergrund war der Fall eines Schlossers, der auf eine Gutschrift von acht Urlaubstagen klagte. Der Schlosser, der seit inzwischen über 20 Jahren bei derselben Arbeitgeberin beschäftigt ist, hatte sich acht Tage Urlaub im Oktober 2020 genommen und dann für den gesamten Zeitraum und drei weitere Tage die behördliche Absonderungsanordnung aufgrund eines Ansteckungsverdachts mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bekommen. Der Mann durfte damals seine Wohnung nicht verlassen und keinen Besuch bekommen. Die Arbeitgeberin betrachtete die Tage dennoch als erledigten Urlaub. Laut dem BAG belastete der Arbeitgeber das Urlaubskonto des Schlossers dennoch zurecht. Der Urlaub sei erledigt.
Corona im Urlaub: BAG folgt EuGH
Die Entscheidung des BAG folgt dabei einer Vorabentscheidung des EuGH. Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hatte dem EuGH die Frage vorgelegt, ob der Urlaubsverbrauch mit Unionsrecht vereinbar sei. Der EuGH hatte im Dezember 2023 entscheiden, dass genommene Urlaubstage, die ein Arbeitnehmer in Quarantäne verbringen musste, der Arbeitgeber ihm nicht gutschreiben müsse. Es liege in der Risikosphäre der Beschäftigten, wenn bestimmte Ereignisse den Urlaub störten. Arbeitgeber schulden die Freistellung von der Arbeit bei voller Entlohnung, aber keinen darüberhinausgehenden Urlaubserfolg (EuGH, Urt. v 14.12.2023, Az. C-206/22).
Zudem verfolge der bezahlte Jahresurlaub für den Arbeitnehmer zwei Zwecke: Eine Erholung von den arbeitsvertraglichen Pflichten und das freie Verfügen über einen „Zeitraum der Entspannung und Freizeit“. Dazu verwies er auf vergangene EuGH-Rechtsprechung. Auch beim Krankheitsurlaub überwiege der Zweck, sich von der körperlichen und psychischen Belastung einer Krankheit zu erholen. Dieser würde den Zweck des Erholungsurlaubs überlagern. Eine angeordnete Quarantäne während des Urlaubs sei zwar durch den Arbeitnehmer ebenfalls nicht vorgesehen, im Hinblick auf diesen Zweck aber nicht vergleichbar.
Dementsprechend ließ das BAG den Einwand des Schlossers auch nicht gelten, dass die Quarantäne mit einer Krankheitszeit nach § 9 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) ähnlich genug sei, um auch hier eine Anrechnung zu gewähren.
Das BAG folgt im Ergebnis dennoch der Auslegung des EuGH und entspricht damit auch den bisherigen Entscheidungen anderer deutscher Gerichte.
Neuregelung des IfSG nicht rückwirkend angewandt
Damit haben Betroffene besonderes Pech, denen dieser Fall in den frühen Jahren der Pandemie widerfahren ist. Denn per Gesetz vom 17.09.2022 wurde der § 59 Abs. 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) dahingehend geändert, dass eine behördliche Absonderung durch Quarantäne gerade nicht auf den Jahresurlaub angerechnet werden soll. Nach Auffassung des BAG wirke das allerdings nicht auf den vorherigen, und damit auf den bedeutend größeren Teil der Pandemie zurück.
Die Corona-Pandemie dürfte damit demnächst für das BAG abgeschlossen sein, denn viele der Corona-Fälle sind nun abgearbeitet. Die Pandemie hatte zahlreiche arbeitsrechtliche Fragen aufgeworfen. Das BAG hatte so u.a. zu Themenkomplex aus den Bereichen Kündigungsschutz, Entgeltfortzahlung, Kurzarbeit und Urlaub entschieden.
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