Am 10. September ist die Verlängerung und Ergänzung der SARS-Cov-2-Arbeitsschutzverordnung in Kraft getreten und soll – gekoppelt an die Dauer der epidemischen Lage – vorerst bis zum 24. November gelten. Die Verlängerung und Ergänzung der Corona-Arbeitsschutzverordnung ist Teil der Umsetzung der Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz vom 10. August 2021. Die Verordnung soll insbesondere die Impfquote forcieren. WBS informiert über die neuen Regelungen.
Die Arbeitsschutzverordnung dient dem „Ziel, das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei der Arbeit zu minimieren und Sicherheit und die Gesundheit der Beschäftigten zu schützen“. Hinsichtlich der Ergänzungen der Verordnung liegt der Fokus auf dem Bestreben, die Ausbreitung des Corona-Virus am Arbeitsplatz in den Herbst- und Wintermonaten einzudämmen und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu motivieren, sich impfen zu lassen. Ansonsten gelten die bestehenden Arbeitsschutzregeln fort.
Fortgeltung der bisherigen Schutzmaßnahmen
Unverändert sind betriebliche Hygienekonzepte wie bisher zu erstellen und zu aktualisieren. Dazu sind weiterhin die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregeln und die branchenbezogenen Praxishilfen der Unfallversicherungsträger heranzuziehen. Wenn kein ausreichender Schutz am Arbeitsplatz gewährleistet werden kann, sind Arbeitgeber weiterhin verpflichtet, medizinische Masken kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Auch die Testangebotspflicht in Unternehmen bleibt bestehen. Diese Regelung legt Arbeitgebern die Pflicht auf, Beschäftigten in Präsenz zweimal in der Woche ein Testangebot zu unterbreiten. Mitarbeitern, die bekanntermaßen geimpft oder genesen sind, muss kein Test angeboten werden.
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Informationspflicht & Freistellung für Arbeitnehmer
Ergänzend zu den bisher geltenden Regelungen sind Arbeitgeber gemäß § 5 Abs. 1 Corona Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) seit dem 10. September dazu verpflichtet, eine Impfung während der Arbeitszeit zu ermöglichen. Hierbei soll es sich nach überwiegender Auffassung um eine bezahlte Freistellung handeln. § 5 Abs. 1 der Corona-ArbSchV normiert auch die arbeitgeberseitige Verpflichtung, Betriebsangehörige im Rahmen der Unterweisung über die Gesundheitsgefährdung bei einer Corona-Infektion aufzuklären sowie über Impfmöglichkeiten zu informieren. Die neuen Regelungen sollen Informationslücken bei den Beschäftigten schließen und hervorheben, warum eine Impfung gegen das Corona-Virus geboten ist. Weiter ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Betriebsärzte und die überbetrieblichen Dienste von Betriebsärzten, die Schutzimpfungen im Betrieb durchführen, im personellen und organisatorischen Rahmen zu unterstützen. Mit der Freistellung von Beschäftigten, um einen Impftermin wahrnehmen zu können, möchte der Verordnungsgeber die Impfschwelle für unentschlossene Mitarbeiter senken.
Schutzkonzept darf an Impfstatus angepasst werden
Arbeitgeber dürfen zukünftig die betrieblichen Schutzmaßnahmen daran anpassen, wie viele ihrer Mitarbeiter geimpft und genesen sind. Es darf in Hygienekonzepten somit unterschiedliche Vorgaben für geimpfte und ungeimpfte Personen geben. Beispielsweise könnten geimpfte Beschäftigte mit mehr Personen in Kontakt treten oder unter Umständen von der Verpflichtung des Tragens eines Mund-Nasen-Schutzes befreit werden. Das Bundesarbeitsministerium erklärte im Vorfeld, dass erforderliche Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz sich zwar am Impf- und Genesenenstatus der Betriebsangehörigen orientieren könnten und entsprechend milder oder stärker durchgesetzt werden könnten, es jedoch keine Auskunftspflicht der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gebe. Damit hat der Arbeitgeber kein Fragerecht nach dem Impf- oder Genesungsstatus der Beschäftigten.
Auskunftspflicht in gesonderten Bereichen
Die Gesundheitsdaten der Beschäftigten sind besonders sensible Daten, so dass die Datenerhebung strengen rechtlichen Grenzen unterliegt. Gegner der Auskunftspflicht verweisen auf schwerwiegende verfassungsrechtliche Bedenken. Dennoch hat sich die Bundesregierung dazu entschlossen, eine entsprechende Pflicht zu prüfen. Mittlerweile gilt eine solche Auskunftspflicht über den Impf- und Genesungsstaus seit dem 10. September und unter der Einschränkung des § 36 Abs. 3 Infektionsschutzgesetz (IfSG) nur für Mitarbeiter, die in bestimmten Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindertagesstätten und Pflegeheimen arbeiten. Der Impfstatus kann über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses oder die Art und Weise der Beschäftigung entscheiden. Sollten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber die Auskunft verweigern oder wahrheitswidrig antworten, so stellt dies arbeitsrechtlich eine Pflichtverletzung dar. Folge kann eine Abmahnung und im schlimmsten Fall eine Kündigung des Beschäftigten sein.
Die Auskunftsverpflichtung gilt nur so lange, wie auch die epidemische Lage von nationaler Tragweite durch den Bundestag festgestellt wird. Zuletzt wurde die Feststellung der epidemischen Lage am 25. August um drei Monate verlängert.
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Lohnfortzahlung bei Quarantäne nur noch für Geimpfte
Gestritten wurde über die Streichung der Lohnfortzahlung für nicht geimpfte Beschäftigte im Quarantänefall. Im Falle einer behördlich angeordneten Quarantäne haben bisher Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach § 56 IfSG Anspruch auf Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalles. Dies gilt aber nicht, wenn durch Inanspruchnahme einer öffentlich empfohlenen Schutzimpfung eine Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot hätte vermieden werden können. Die Gesundheitsministerkonferenz (GMK) hat nun am 22. September 2021 beschlossen, die Entschädigungszahlungen für Ungeimpfte in Quarantäne spätestens zum 01. November 2021 zu beenden. Eine gemeinsame bundeseinheitliche Lösung war nach der GMK nötig geworden, da einzelne Bundesländer ein solches Vorgehen bereits angekündigt oder sogar schon umgesetzt hatten. Arbeitnehmer, die eine medizinische Kontraindikation nachweisen können und mithin aus gesundheitlichen Gründen keine Impfung erhalten dürfen, sind von der neuen Regelung ausgenommen; ebenso Personen, für die in einem Zeitraum von bis zu acht Wochen vor der Quarantäneanordnung keine öffentliche Empfehlung für eine Impfung vorlag.
Insbesondere Ver.di kritisiert die neue Vorgehensweise von Bund und Ländern. Dadurch würden nicht geimpfte Personen benachteiligt. Auch der DGB sieht das Vorhaben kritisch. Die Gewerkschaften sehen in der Streichung der Zahlungen eine „Impfpflicht durch die Hintertüre“. Auch stehen sie der Offenlegung von sensiblen Gesundheitsdaten skeptisch gegenüber. Die Bundesregierung würde politische und gesetzliche Konflikte nun in die Betriebe tragen und auf diese verlagern. Dagegen wird teilweise eingewendet, dass ein Auskunftsrecht über den Impfstatus im Zusammenhang mit der Verdienstausfallentschädigung bereits besteht. Der Datenschutz stelle deshalb kein Problem dar.
Ausblick für die Praxis
Eine generelle Auskunftspflicht am Arbeitsplatz ist vorerst vom Tisch und auch in den Bereichen, in welchen sie nun Anwendung findet, gilt diese befristet. Schwieriger zu beurteilen ist die Streichung der Lohnersatzleistung. Diese wird bereits von einigen Stimmen kritisiert, die einen Druck auf Ungeimpfte und eine „Impfpflicht durch die Hintertüre“ beklagen. Problematisch erscheint auch, dass Ungeimpfte womöglich nun Tests oder Quarantäneanordnungen umgehen könnten, um finanzielle Einbußen zu vermeiden. Gegner der Streichung der Lohnersatzleistungen kündigen bereits die verfassungsrechtliche Prüfung an, so dass sich wohl die Gerichte bald mit diesen Fragestellungen auseinandersetzen müssen.
WBS hilft Ihnen!
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