Ein Arbeitgeber muss einer seiner Beschäftigten 5.000 € Schmerzensgeld zahlen, da dieser ein Foto von ihr ohne ihre Einwilligung verwendete. Durch das Foto sollte der Fokus darauf gelenkt werden, dass eine multikulturelle Umgebung im Unternehmen herrsche.
Das Arbeitsgericht (AG) Münster sprach einer Klägerin den Anspruch auf 5.000 € Schmerzensgeld wegen Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes, des Gesetzes betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste und der Photographie sowie der Datenschutzgrundverordnung zu; gefordert hatte sie nicht weniger als 10.000 Euro.
Worum geht es?
Der beklagte Arbeitgeber hatte 2018 auf Initiative seines Marketingbereichs Fotos von der Klägerin angefertigt. Zuvor hatte der Arbeitgeber die Klägerin dazu aufgefordert, eine entsprechende Einwilligungserklärung für die Veröffentlichung zu unterschreiben, die diese jedoch nicht unterzeichnete. Auf der entsprechenden Erklärung merkte sie an, dass sie dies nicht nur „für ihr Aussehen“ tun möchte. Dennoch druckte die Arbeitgeberin Broschüren, welche unter anderem auch die Klägerin beim Unterrichten zeigten. Der Beklagte zielte darauf ab, mit diesem Foto die Internationalität hervorzuheben und warb innerhalb der Broschüre mit Slogans, die auch auf die 3600 ausländischen Studierenden aufmerksam machen sollten. Nach der Veröffentlichung teilte die Klägerin gegenüber den Verantwortlichen mit, mit der Nutzung der Bilder aufgrund des eindeutigen Bezuges zu ihrer Hautfarbe nicht einverstanden zu sein. Der Beklagte löschte die Fotos, teilte der Klägerin aber mit, dass die Veröffentlichung in bereits gedruckten Broschüren nicht mehr zurückgezogen werden könnte. Die Klägerin machte daraufhin Ansprüche nach dem AGG geltend. Ihr wurde mitgeteilt, dass die Broschüren zurückgerufen worden seien.
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Benachteiligung aufgrund der Ethnie
Das AG Münster sah in dem Vorgehen des Beklagten einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7 Abs. 1 AGG und sprach der Klägerin einen Anspruch auf Entschädigung in Geld gemäß § 15 AGG zu. Auch stehe der Klägerin ein Anspruch auf Schmerzensgeld gemäß § 82 Abs. 1 DS-GVO bzw. § 823 I BGB i.V.m. § 22 KUG zu. Der Arbeitgeber habe gegen die Datenschutzgrundverordnung und das Kunst-Urhebergesetz verstoßen, indem er ein Bild der Klägerin nutzte, ohne vorab eine entsprechende Einwilligung eingeholt zu haben. Die Klägerin habe mit ihrer Anmerkung auf dem Dokument zum Ausdruck gebracht, dass sie keinesfalls bereit gewesen sei, aufgrund „ihres Aussehens“ für den Arbeitgeber zu werben und keinesfalls wegen ihrer Ethnie für eine „bunte Gesellschaft“ abgelichtet werden wollte. Das Arbeitsgericht stellte fest, dass durch die Nutzung des Bildes der Eindruck eines internationalen Umfeldes erweckt werden sollte. Zentrale werbende Aussage sei die Hervorhebung von Hautfarbe und Ethnie der Klägerin gewesen. Für dieses Bild wäre eine Person mit weißer Hautfarbe nicht herangezogen worden. Das Bild der Klägerin sei vielmehr gerade wegen ihrer Hautfarbe verwendet worden. Darin liege eine Benachteiligung der Klägerin und damit ein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
Einwilligung nicht eingeholt
Gemäß Art. 26 Abs. 2 S. 3 BDSG ist vor der Verarbeitung von personenbezogenen Daten eine schriftliche Einwilligung einzuholen. Das KUG stellt dagegen für die Einwilligung keine Formerfordernisse auf. Nach dem KUG kann daher grundsätzlich die Einwilligung auch formlos oder konkludent geschehen. Jedoch ist § 22 KUG nach ständiger Rechtsprechung verfassungskonform auszulegen. So hat das Bundesverfassungsgericht die Pflicht der Gerichte bestätigt, zu prüfen, ob im Sinne einer Abwägung der betroffenen Belange, zwischen dem Verwendungsinteresse des Arbeitgebers und dem Recht der Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung, eine Erlaubnis erforderlich ist, und wenn ja, in welcher Form (BVerfG 27.10. 2006 -1 BvR 1811/99- BVerfGK 9, 399; 11. Juni 1991 -1 BvR 239/90 – BverfGE 84, 192; zum Recht auf informationelle Selbstbestimmung grundlegend: BVerfG 15.12.1983 -1 BvR 209/83). Wegen der Bedeutung des Rechts der Arbeitnehmer, auch im Arbeitsverhältnis ihr Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ausüben zu dürfen, führt eine solche Abwägung nach dem Bundesarbeitsgericht im Ergebnis dazu, dass auch und gerade im Arbeitsverhältnis die Einwilligung der Arbeitnehmer der Schriftform bedarf (BAG Urteil v. 11.12.2014 – 8 AZR 1010/13). Nur dadurch könne verdeutlicht werden, dass die Einwilligung der Arbeitnehmer zur Veröffentlichung ihrer Bildnisse unabhängig von den jeweiligen Verpflichtungen aus dem eingegangenen Arbeitsverhältnis erfolge und dass die Erteilung oder Verweigerung der Einwilligung für das Arbeitsverhältnis keine Folgen haben dürfen. § 23 KUG sieht aber eine Ausnahme für den Fall vor, dass eine Person nur untergeordnet zu sehen ist. Dies war im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da die Klägerin gerade im Mittelpunkt des Fotos stand und es explizit um sie als „Aushängeschild“ ging. Mit der Einwilligung muss gleichzeitig in Textform darüber informiert werden, welcher Zweck hinter der Datenverarbeitung steht und auf die Widerrufsmöglichkeit aufmerksam gemacht werden.
Einwilligung ist der sichere Weg
Arbeitgeber sollten stets die Einwilligung ihrer Beschäftigten einholen, wenn sie personenbezogene Daten dieser verwenden oder verarbeiten möchten. Die Einwilligungserklärung muss sorgfältig formuliert werden damit sie wirksam ist und dabei insbesondere den Einsatzzweck der Fotos benennen. Mit einer Einwilligung sind Arbeitgeber zunächst auf der sicheren Seite. Ausnahmsweise ist die Verarbeitung von personenbezogenen Daten im Rahmen des Beschäftigungsverhältnisses auch ohne Einwilligung zulässig, wenn dies für die Begründung, Durchführung oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich ist oder der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse an der Verarbeitung hat. So kann es Sonderfälle, wie etwa die Verwendung eines Mitarbeiterfotos für den notwendigen Betriebsausweis geben, bei denen die Verwendung nach § 26 BDSG auch ohne Einwilligung gerechtfertigt ist. Bei Werbefotos wird dies nie der Fall sein. Zu beachten ist, dass auch wenn die Einwilligung zunächst erteilt wurde, diese mit Wirkung für die Zukunft durch den Arbeitnehmer widerrufen werden kann.
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