Ein Rettungsdienstleister bezahlte seinen Mitarbeitern, die gleichwertige Arbeit leisteten, einen unterschiedlichen Stundenlohn – je nachdem ob sie als Minijobber oder Voll- oder Teilzeitbeschäftigte arbeiteten. Doch dies müssen Minijobber laut Urteil des LAG München nicht akzeptieren. Allein die Möglichkeit einer flexibleren Zeiteinteilung rechtfertige es nicht, die Minijobber schlechter zu bezahlen.

Ein Unternehmen, das Notfallrettung betreibt und Krankentransporte sowie sonstige sanitätsdienstliche Leistungen durchführt, beschäftigt Mitarbeiter im Wesentlichen in zwei unterschiedlichen Gehaltsstrukturen. Die Gruppe der „hauptamtlichen“ Mitarbeiter wird nach einem Schichtsystem fest zu Diensten eingeteilt, die nur in Ausnahmefällen getauscht werden können. In diese Gruppe fallen alle Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigten. Diese Gruppe erhält einen Stundenlohn von 17,00 € brutto. Die Gruppe der sogenannten „nebenamtlichen“ Mitarbeiter, die das Unternehmen auf geringfügiger Basis beschäftigt, sogenannte „Minijobber“, wird nicht fest zu Diensten eingeteilt. Vielmehr werden die Mitarbeiter über WhatsApp für einzelne Schichten angefragt. Die nebenamtlichen Mitarbeiter können diese Schichten annehmen oder ablehnen und ihrerseits Wunschtermine für Einsätze benennen. Diese Mitarbeitergruppe erhält einen Stundenlohn von 12,00 € brutto.

Ein als Minijobber bei dem Unternehmen beschäftigter Rettungsassistent wollte nicht hinnehmen, dass er 5€ weniger pro Stunde verdiente, obwohl er genau die gleiche Arbeit verrichtete, wie die besserverdienenden „hauptamtlichen“ Kollegen. Seine Klage vor dem Arbeitsgericht München hatte zunächst keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht (LAG) München gab dem Rettungsassistenten jedoch in der Berufungsinstanz Recht. Die Differenzierung im Stundenlohn sei nicht gerechtfertigt (Urt. v. 19.01.2022, Az. 10 Sa 582/21).

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Unterschiedliche Bezahlung muss begründet sein

Arbeitsrechtlicher Hintergrund des Verfahrens ist der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“, der auch im Verhältnis von voll- und teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern gilt. Gem. § 4 Abs. 1 S. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) darf ein teilzeitbeschäftigter Arbeitnehmer wegen der Teilzeitarbeit nicht schlechter behandelt werden als ein vergleichbarer vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer, es sei denn, dass sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigten. Das Rettungsunternehmen trug hier vor, ein solcher sachlicher Grund sei die höhere Flexibilität, die die geringfügig beschäftigten Arbeitnehmer genießen: Beim Antritt des Arbeitsverhältnisses lasse man ihnen die Wahl zwischen dem Modell mit vollem Stundenlohn und zugewiesenen Schichten und der freien Zeiteinteilung bei geringerem Stundenlohn. Das Unternehmen müsse aber sicherstellen, rund um die Uhr Rettungsleistungen erbringen zu können und sei daher in hohem Maße auf Planbarkeit der Mitarbeitereinsätze angewiesen. Dass man den Mitarbeitern gleichwohl eine flexible Zeiteinteilung anbiete, stehe hierzu eigentlich im Widerspruch und rechtfertige daher die geringere Bezahlung.

Unterschiedliche Arbeitszeitmodelle rechtfertigen nicht unterschiedliche Bezahlung

Die Richter des LAG folgten den Ausführungen des Rettungsdienstleisters nicht und sahen vielmehr einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gem. § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG. Die Tatsache, dass die eine Mitarbeitergruppe fest zu Schichten eingeteilt werde, während die anderen Mitarbeiter frei entscheiden könnten, welche Schichten sie übernehmen, könne die unterschiedliche Bezahlung nicht rechtfertigen. Denn es entspreche gem. § 106 GewO dem Normalfall, dass Arbeitnehmer hinsichtlich Arbeitszeit- und Ort den Weisungen des Arbeitnehmers unterlägen. Daher erschließe sich nicht, warum die weisungsgebundene Gruppe besser bezahlt werden müsse. Darüber hinaus liege die Möglichkeit einer flexiblen Einteilung von Arbeitszeiten nicht nur im Interesse der Arbeitnehmer, sondern auch im Interesse des Unternehmens. Denn das kurzfristige Anbieten von Schichten ermöglich es, auch kurzfristig Lücken im Dienstplan zu schließen, was mit fest eingeteilten Arbeitnehmern nicht möglich wäre.

All dies gelte auch, obwohl die Differenzierung hier – entgegen dem Wortlaut von § 4 Abs. 1 S. 1 TzBfG – nicht zwischen Voll- und Teilzeitbeschäftigten, sondern zwischen zwei Gruppen von Teilzeitbeschäftigten erfolge. Denn auf Teilzeitbeschäftigte untereinander sei das Benachteiligungsgebot auch entsprechend anwendbar.

Das LAG äußerte weiterhin dass selbst, wenn man die Gründe für eine unterschiedliche Bezahlung anerkenne, jedenfalls ein Lohnunterschied von fast 43% nicht zu rechtfertigen wäre.

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jko