Ein Facebook-Post mit antisemitischen Inhalten kann den Job kosten – muss er aber nicht. Das LAG Düsseldorf urteilte, dass selbst problematische Äußerungen im Netz nicht automatisch zur Kündigung führen dürfen. Entscheidend ist, ob und wie der Arbeitgeber erkennbar betroffen ist.

Ein Schlosser hatte auf Facebook antisemitische und gewaltverherrlichende Beiträge veröffentlicht. Weil sein ehemaliger Arbeitgeber dort noch namentlich genannt war, sah sich sein jetziger Arbeitgeber gezwungen, das Arbeitsverhältnis fristlos – hilfsweise ordentlich – zu kündigen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf entschied, dass die Äußerungen zwar höchst problematisch gewesen seien, eine Kündigung aber trotzdem unwirksam sei. Der Bezug zum Arbeitgeber sei veraltet und wohl unbeabsichtigt gewesen, weshalb eine Abmahnung ausgereicht hätte (LAG Düsseldorf, Urteil vom 08.10.2024, Az. 3 SLa 313/24).

Facebook-Posts mit antisemitischem Inhalt

Im Mittelpunkt des Falls steht ein Arbeitnehmer, der seit 2017 als Schlosser für ein Unternehmen, bei der Z. AG, tätig war. Ursprünglich war er dort als Auszubildender beschäftigt worden. Nach der Ausbildung wurde er übernommen, das Arbeitsverhältnis bestand zuletzt mit der heutigen Arbeitgeberin, einer rechtlich selbstständigen Nachfolgegesellschaft, die weiterhin unter dem Dach der bekannten Marke „Z.“ tätig ist.

Am 31. Oktober 2023 – also nur wenige Wochen nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober – veröffentlichte der Schlosser zwei Beiträge auf seinem öffentlich zugänglichen Facebook-Profil. Zunächst fragte er, wann und wo die nächste „Demo gegen Juden“ in NRW stattfinde, ergänzt um die Formulierung „Wird Zeit, dass Rheinhausen bebt“. Zusätzlich teilte er ein Video, das zeigte, wie ein Mob auf einem Flughafen in Dagestan ein aus Tel Aviv kommendes Flugzeug stürmte, israelische Passagiere herauszerrte und teilweise schwer verletzte. Den Kommentar dazu versah er mit den Worten: „Das sind Männer […] Ehrenmänner.

Was zunächst als private Meinung gepostet wurde, zog schnell weitere Kreise. Über einen anonymen Hinweis gelangte die Information an die Z. AG, die den Mann jedoch nicht mehr als Mitarbeiter zuordnen konnte. Aufgrund der noch im Facebook-Profil vorhandenen Information „Hat angefangen, bei der Z. AG zu arbeiten“ (aus dem Jahr 2017) wurde der Fall an die Nachfolgegesellschaft – also den aktuellen Arbeitgeber des Schlossers – weitergeleitet. Zeitgleich wurde eine Presseanfrage der Bild-Zeitung bekannt, in der nach arbeitsrechtlichen Konsequenzen für den Schlosser gefragt wurde.

Nach einem internen Gespräch mit dem Mitarbeiter und Rücksprache mit dem Betriebsrat kündigte der Arbeitgeber am 15. November 2023 fristlos, hilfsweise ordentlich zum 31. Januar 2024. Der Schlosser erhob Kündigungsschutzklage – mit Erfolg.

Kündigung unwirksam: Pflichtverstoß, aber keine Unzumutbarkeit

Zunächst hatte das Arbeitsgericht (ArbG) Oberhausen dem Mann Recht gegeben. Es sah keine ausreichende Grundlage für eine Kündigung – weder fristlos noch ordentlich. Eine konkrete betriebliche Beeinträchtigung konnte nicht festgestellt werden, ebenso wenig eine unmittelbare Verbindung zwischen den Posts und der Tätigkeit des Schlossers. Auch einen öffentlichen Reputationsschaden für das Unternehmen hielt das Gericht nicht für ausreichend dargelegt.

Der Arbeitgeber ging daraufhin in Berufung. Dies jedoch erfolglos, denn das LAG Düsseldorf bestätigte das Urteil der Vorinstanz in vollem Umfang. Die Kündigung sei nicht gerechtfertigt, obwohl das Verhalten des Schlossers im Einzelfall durchaus als schwerwiegende Pflichtverletzung nach § 626 Abs. 1 BGB eingestuft werden könne. Entscheidend sei, dass der Bezug zum Arbeitgeber auf dem Facebook-Profil veraltet gewesen sei. Dieser stammte aus dem Jahr 2017 und war nach dem Hinweis auch sofort gelöscht worden. Der Schlosser hatte die Posts außerhalb seiner Arbeitszeit verfasst, ohne dienstliche Mittel zu nutzen und ohne seinen aktuellen Arbeitgeber direkt zu erwähnen.

Das LAG räumte ein, dass die Äußerungen „menschenverachtend“, „gewaltverherrlichend“ und „antisemitisch“ seien und unter Umständen sogar strafrechtlich gemäß § 130 StGB relevant sein könnten. Dennoch reiche dies nicht aus, um das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden. Die Pflichtverletzung bestehe vielmehr darin, dass durch die Angabe des früheren Arbeitgebers auf Facebook ein mittelbarer Bezug zum heutigen Unternehmen entstanden sei. Doch da diese Angabe alt und offensichtlich vergessen war, handele es sich nach Auffassung des LAG lediglich um eine fahrlässige Pflichtverletzung und nicht um ein vorsätzliches oder bewusst rufschädigendes Verhalten. Für private Äußerungen sehe das Arbeitsrecht keinerlei Sanktionen vor. 

Auch wenn die Äußerungen ein „äußerst grenzwertiges Verhältnis zu menschlichem Leben, körperlicher Unversehrtheit und Gewalt im Allgemeinen und zu der jüdischer und/oder israelischer Menschen im Besonderen“ widerspiegelten, so könne kein vorsätzliches Handeln im Hinblick auf die hier relevante arbeitsvertragliche Pflichtverletzung festgestellt werden, so das LAG.

Eine Abmahnung hätte deshalb ausgereicht, so das LAG. Diese wäre als milderes Mittel geeignet gewesen, um zukünftiges Fehlverhalten zu verhindern.

Rücksichtnahmepflicht verletzt, aber keine vorsätzliche Rufschädigung

Das LAG Düsseldorf machte in seiner ausführlichen Urteilsbegründung deutlich, dass das private Verhalten von Arbeitnehmern grundsätzlich außerhalb der Einflusszone des Arbeitgebers liege, auch wenn es in sozialen Netzwerken stattfindee. Nur dann, wenn eine klare Verbindung zum Arbeitsverhältnis bestehe und dadurch konkrete betriebliche Interessen beeinträchtigt würden, könne ein Verhalten außerhalb der Arbeitszeit arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, so das LAG Düsseldorf.

In Fall des Schlossers aber sei die Verbindung zwischen seines Facebook-Profils und seinem Arbeitgeber zwar nicht völlig ausgeschlossen, aber nur über Umwege herstellbar. Dass die Z. AG und deren Nachfolgeunternehmen denselben Markennamen tragen und zum Teil auch räumlich eng zusammenarbeiten, reiche nach Auffassung des LAG nicht aus, um automatisch eine Rufschädigung anzunehmen. Auch die Anfrage der Bild-Zeitung belege nicht, dass tatsächlich ein konkreter Reputationsverlust eingetreten sei.

Zudem betonte das Gericht, dass die eigentliche Pflichtverletzung nicht in der Meinungsäußerung an sich bestanden habe, sondern allein darin, dass der Arbeitgeber potenziell erkennbar gewesen sei. Dass dies in der Öffentlichkeit zu einem Imageschaden führe, habe der Arbeitgeber aber nicht belegen können.

Auch die internen Compliance-Richtlinien und Business Conduct Guidelines (BCG), auf die sich der Arbeitgeber berufen hatte, könnten daran nichts ändern. Sie würden primär das Verhalten im dienstlichen Kontext betreffen, nicht aber das außerdienstliche Privatverhalten. Und dies insbesondere nicht bei fehlendem Vorsatz.

Dass der Arbeitnehmer seinen Account nach dem Gespräch mit dem Arbeitgeber sofort gelöscht und damit auch den Arbeitgeberbezug entfernt hatte, wurde vom LAG ebenfalls positiv berücksichtigt. Es zeige, dass eine Abmahnung mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolgreich gewesen wäre. Die fristlose Kündigung war deshalb unverhältnismäßig und somit unwirksam.

So empörend und rechtlich problematisch die Facebook-Posts des Schlossers auch gewesen sein mögen, so zeigt das Urteil des LAG Düsseldorf deutlich, dass selbst wenn Äußerungen in sozialen Netzwerken extreme, radikale oder sogar strafbare Inhalte haben, arbeitsrechtliche Sanktionen nicht automatisch zulässig sind. Entscheidend ist immer der Bezug zum Unternehmen. Ein privates Fehlverhalten kann nur dann zur Kündigung führen, wenn der Arbeitgeber konkret betroffen ist – etwa durch Rufschädigung, Imageschäden oder eine Störung des Betriebsfriedens. Diese Auswirkungen müssen belegt werden.

Unsere Experten im Arbeitsrecht stehen hierbei sowohl Arbeitgebern wie auch Arbeitnehmern jederzeit beratend zur Seite. Kontaktieren Sie uns jederzeit unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit).