Das Arbeitsverhältnis eines städtischen Mitarbeiters kann nur dann aufgrund einer Mitgliedschaft in einer konspirativen und rassistischen Vereinigung gekündigt werden, wenn die Mitgliedschaft konkrete Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat. Das LAG Hamm hat daher ein Urteil des ArbG Bochum bestätigt. Die bloße Mitgliedschaft in der Vereinigung „Hammerskins“ und die Drucksituation aus der Belegschaft hätten für eine Kündigung aber nicht ausgereicht.
Die bloße Mitgliedschaft eines städtischen Mitarbeiters in einer rassistischen Vereinigung rechtfertigt eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht. Erforderlich ist, dass diese Mitgliedschaft mit Blick auf die konkreten Arbeitsaufgaben des Angestellten unzumutbare Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis hat. Das hat die 17. Kammer des Landesarbeitsgerichts Hamm mit Urteil vom 06. Dezember 2022 entschieden (Az.: 17 Sa 139/22). Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.
Stadt Bochum kündigt Angestellten aufgrund mutmaßlicher Mitgliedschaft bei den Hammerskins
Geklagt hatte ein seit dem Jahr 2005 eingestellter Mitarbeiter der Stadt Bochum gegen die ihm gegenüber ausgesprochenen fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung seiner Arbeitgeberin. Als Kündigungsgrund trug die Stadt Bochum eine mutmaßliche Mitgliedschaft des Klägers in der grenzüberschreitend agierenden Vereinigung der „Hammerskins“ sowie eine dadurch bedingte Drucksituation aus der Belegschaft vor. Bei der Vereinigung Hammerskins handelt es sich um ein 1986 in den USA gegründetes Neonazi-Netzwerk, welches in mehr als zehn europäischen Ländern aktiv ist. Die sich selbst als „Hammerskin Nation“ bezeichnende Vereinigung sieht sich als militante Elite der internationalen Naziskinhead-Bewegung. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es diese Vereinigung – mit ihrer vom Gedankengut her verfassungsfeindlichen Zielsetzung – seit 1991 und wird bereits seit längerem vom Verfassungsschutz beobachtet.
Der Kläger erhob zunächst vor dem Arbeitsgericht Bochum Kündigungsschutzklage (Az.: 3 Ca 997/21). Mit Erfolg: Das Arbeitsgericht hielt die Kündigungen für unwirksam. Allerdings beendete es auf Antrag der Stadt Bochum das Arbeitsverhältnis durch ein rechtsgestaltendes Auflösungsurteil zum 31. März 2022 gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe von 30.000 Euro.
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Mitgliedschaft muss Auswirkungen auf das konkrete Arbeitsverhältnis haben
Gegen dieses Urteil legten sowohl der Kläger als auch die Beklagte das Rechtsmittel der Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Hamm ein. Das Landesarbeitsgericht (LAG) schloss sich der Entscheidung der Vorinstanz an. Ob der als technischer Sachbearbeiter im Bereich der Park- und Grünanlagen der Stadt Bochum eingestellte Angestellte tatsächlich Mitglied der Hammerskin Vereinigung ist, konnte im Prozess nicht geklärt werden, da er sich hierzu nicht äußerte. Im Rahmen der Verhandlung stellte das LAG auch klar, dass eine bloße Mitgliedschaft des Klägers in der Vereinigung der Hammerskins mit Blick auf seine konkreten Arbeitsaufgaben mangels Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis für die Begründung einer Kündigung nicht ausreichend sei. Das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien verlief bis zur Kündigung störungsfrei. Auch die von der Beklagten ebenfalls bemühte Drucksituation aus der Belegschaft heraus, sei in diesem konkreten Einzelfall noch nicht kündigungsrelevant.
LAG Hamm bestätigt Auflösungsurteil der Vorinstanz
Allerdings hielt das Landesarbeitsgericht dem Kläger vor, dass sein Verhalten im Prozess die weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für die Beklagtenseite unzumutbar mache. Der Kläger hatte der Stadt Bochum vorgeworfen, im Kontext vorausgehender Gespräche über eine einvernehmliche Vertragsauflösung, Betrug zu Lasten anderer öffentlicher Kassen angeregt zu haben. Hierzu entschied bereits das Arbeitsgericht Bochum, dass dieser Vorwurf sachlich zu Unrecht und ohne erkennbaren Bezug zu einer zulässigen Verteidigung gegen die Kündigungen erhoben wurde. Dem schloss sich die Berufungsinstanz an, indem es verlauten ließ, dass eine dem Beschäftigungszweck dienliche Zusammenarbeit zwischen den Parteien nach dem Prozess nicht mehr zu erwarten sei und das Auflösungsurteil der Vorinstanz folglich bestätigte.
Hinweise für die Praxis
Das Urteilzeigt auf, dass die Anforderungen der Rechtsprechung an eine wirksame Druckkündigung hoch sind. Privates Verhalten, auch wenn es sich um Fehlverhalten handelt, reicht für die Annahme eines Kündigungsgrundes nicht aus. Eine Kündigung kann nur gerechtfertigt sein, wenn eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung und/oder eine Störung betrieblicher Abläufe vorliegt. Eine nur abstrakte Gefährdung oder außerhalb des Arbeitsverhältnisses begründete Vorfälle reichen dagegen nicht aus. Dies gilt auch mit Blick auf eine etwaig bestehende politische Gesinnung Weder die strafrechtliche noch die moralische Bewertung rein außerdienstlicher Vorkommnisse haben arbeitsrechtliche Relevanz.
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