Eine WhatsApp-Gruppe unter befreundeten Kollegen, in denen man sich auch über den Betrieb und den Arbeitgeber austauscht – so weit, so üblich. Doch in diesem Fall führte eine solche Gruppe zur Kündigung eines Mitarbeiters. Grund dafür waren ehrverletzende Äußerungen über den Arbeitgeber in den WhatsApp-Nachrichten. Ob die Kündigung rechtens war, hat das LAG Hannover entschieden.
Ein Arbeitnehmer hat sich in einer WhatsApp-Gruppe mit Arbeitskollegen negativ über seinen Arbeitgeber geäußert. Die daraufhin erfolgende Kündigung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Hannover nun für unwirksam erklärt (Urt. v. 19.12.2022, Az. 15 Sa 286/22).
Die WhatsApp-Gruppe umfasste sieben Mitglieder, alle waren Kollegen und untereinander langjährig befreundet. Ein Arbeitnehmer wurde innerhalb der Gruppe jedoch ausfällig über das Unternehmen, bezeichnete es unter anderem als „Drecksladen“ und sagte, dass er den Betrieb hasse. Und das waren noch die harmlosen Aussagen. Er fantasierte über sexuelle Fantasien mit einer Frau und sagte Sätze wie „Covidioten sollten vergast werden (…) KZ oder so“. Auch, dass er spezielle Personen aus dem Betrieb hasse, schrieb er. Und „Ich will alle anderen aber auch ficken“. Und noch so einiges mehr.
Trotz der langjährigen Freundschaft meldete ein Kollege die Nachrichten dem Arbeitgeber, der den Verfasser daraufhin außerordentlich kündigte. Dieser ging nun beim LAG erfolgreich gegen die fristlose Entlassung vor.
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Kein dienstlicher Bezug der WhatsApp-Gruppe
Der Arbeitgeber habe zwar die erhaltenen Informationen verwerten dürfen, ein Beweisverwertungsverbot liege hier nicht vor. Dennoch fehle es an einem wichtigen Grund für die Kündigung, weil die Äußerungen in einem rein privaten Umfeld gefallen seien.
Negative Aussagen über den Arbeitgeber, auch auf WhatsApp, könnten zwar unter Umständen eine Kündigung rechtfertigen, da sie die sogenannte Loyalitätspflicht gegenüber dem Arbeitgeber verletzen, die aus dem Arbeitsvertrag erwächst. Allerdings gelte dies nicht für vertrauliche Gespräche. Denn eine Äußerung, die in einem vertraulichen Gespräch getätigt wird, sei vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers geschützt. Das liege daran, dass Menschen den Raum haben müssten, sich in engen Beziehungen frei zu äußern und ihre Emotionen auszudrücken, ohne Angst vor den Konsequenzen zu haben. Deshalb dürfe auf eine vertrauliche Aussage grundsätzlich keine Kündigung gestützt werden.
Das LAG stufte den WhatsApp-Chat zwischen den Kollegen als vertraulich ein. Denn alle Mitglieder sind langjährig befreundet und der betroffene Arbeitnehmer habe davon ausgehen dürfen, dass die anderen seine Äußerungen für sich behielten. Das gilt insbesondere, da die Gruppe bereits seit 2014 existierte und die Nachrichten bisher noch nie einem Außenstehenden bekannt geworden waren. Außerdem sei die Gruppengröße überschaubar gewesen und sie war zudem nicht öffentlich zugänglich. Der Arbeitnehmer hätte das Hinzukommen eines neuen Mitglieds in den Chat registriert. Der Vertraulichkeit habe auch nicht entgegengestanden, dass die Mitglieder sich über ihren Arbeitsplatz ausgetauscht haben. Dies sei trotzdem ein privater Meinungsaustausch ohne dienstlichen Bezug.
Deshalb sei die außerordentliche Kündigung unwirksam. Allerdings ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig. Es ist ein Revisionsverfahren vor dem Bundesarbeitsgericht anhängig.
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