Ordner, die für Sicherheitsunternehmen im Fußballstation oder bei Musikfestivals mit „Engagementverträgen“ arbeiten, sind regelmäßig keine selbstständigen Unternehmer, sondern unterliegen als abhängig Beschäftigte der Sozialversicherungspflicht. Dies gelte laut dem LSG Sachsen-Anhalt vor allem dann, wenn die Ordner kein eigenes Unternehmerrisiko tragen und keinen Einfluss auf die Verdiensthöhe haben.  

Geklagt hatte eine Security-Firma, deren Mitarbeiter in Fußballstadien, Festzelten oder Diskotheken Eintrittskarten kontrollieren, Besucherströme lenken und für Sicherheit und Ordnung sorgen. Solche Mitarbeiter werden als Ordner bezeichnet. Im konkreten Fall wurden die Ordner für jeweils einzelne Veranstaltungen angeworben. Für ihren Einsatz wurden sodann „Engagementverträge“ abgeschlossen. Mit diesen Verträgen sollte ausdrücklich kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts begründet werden. Wie das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt nun entschied, seien die Mitarbeiter dennoch nicht als selbstständige Unternehmer, sondern als abhängig Beschäftigte zu werten, sodass sie auch der Sozialversicherungspflicht unterliegen (Urt. v. 26.01.2023, Az. L 3 BA 6/19).

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Abgrenzung von selbstständigen Unternehmern und abhängigen Beschäftigten

Im Verfahren stritten die Parteien darüber, ob die Ordner als selbstständige Unternehmer oder abhängige Beschäftigte zu werten sind. Bei der Abgrenzung einer selbständigen Tätigkeit von einer abhängigen Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV entscheidend, ob eine persönliche Abhängigkeit des Beschäftigten vom Arbeitgeber angenommen werden kann. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Ob jemand als Selbstständiger oder abhängig Beschäftigter einzuordnen ist, kann folglich nicht von den Vertragsparteien bestimmt werden, sondern richtet sich objektiv nach der tatsächlichen und inhaltlichen Gestaltung des Tätigkeitsverhältnisses. Hierfür muss grundsätzlich jeder Einzelfall für sich betrachtet bewertet werden.

Sozialversicherungspflichtig sind mit einigen Ausnahmen grundsätzlich alle Arbeitnehmer. Unter der Grundvoraussetzung, dass ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegt, sind Arbeitgeber verpflichtet diesen Beitrag für ihre Mitarbeiter zu entrichten. Dadurch wird sichergestellt, dass der Arbeitnehmer im Fall der Fälle verschiedene sozialstaatliche Leistungen in Anspruch nehmen kann. Darunter fallen beispielsweise die gesetzliche Krankenversicherung, Rentenversicherung und Unfallversicherung, die soziale Pflegeversicherung und die Arbeitslosenversicherung.

Fehlender Gestaltungsspielraum spricht für abhängige Beschäftigung

Das LSG Niedersachsen stellte nun klar, dass eine Person, die für einen Auftraggeber zur Absicherung einer Veranstaltung Ordner- und Überwachungstätigkeiten verrichtet, als beschäftigter Arbeitnehmer zu qualifizieren sei. Dies gelte vor allem dann, wenn der Ordner kein eigenes Gewerbe für die Personenüberwachung angemeldet habe und nicht über den Nachweis einer gewerblichen Sachkundeprüfung verfüge. Der Arbeitgeber sei in diesem Fall dazu verpflichtet, für die Ordner Sozialversicherungsbeträge zu entrichten.

Ein weiterer Grund, weshalb die Ordner gerade nicht als selbstständige Unternehmer zu werten seien, sei das Fehlen eines Gestaltungsspielraums bei der Ausübung ihrer Tätigkeit gewesen. Es sei strikt vorgegeben gewesen, dass sie an den verschiedenen Arbeitsstellen beispielsweise Eintrittskarten kontrollieren, Besucherströme lenken oder für Sicherheit sorgen sollten. Darüber hinaus hätten die Mitarbeiter keinerlei Einfluss auf die Höhe ihres Entgelts gehabt. Auch das Unternehmerrisiko habe einzig bei der anstellenden Security-Firma gelegen. Zudem seien die Ordner schon rein äußerlich nicht von Arbeitnehmern zu unterscheiden gewesen, da ihre Arbeitskleidung aus schwarzen Westen bestand, die den Firmenschriftzug des Unternehmens trugen.  

An der Tatsache, dass die Arbeitsverträge ein Beschäftigungsverhältnis begründen, ändere auch die Bezeichnung des Arbeitsvertrages als „Engagementvertrag“ nichts. Eine solche Bezeichnung stelle vielmehr eine Verschleierung des tatsächlichen abhängigen Beschäftigungsverhältnisses dar und sei damit ein bloßer „Etikettenschwindel“, so das LSG Sachsen-Anhalt.

jvo/ezo