Aus einer „harmlosen“ Rückenuntersuchung wird ein handfester sexueller Übergriff. Das Arbeitsgericht Berlin hatte über die fristlose Kündigung einer Bundesbehörde zu entscheiden, nachdem ein langjähriger Mitarbeiter die unbekleideten Brüste einer Kollegin begrabscht hatte. Das Gericht glaubte der Betroffenen und zog Konsequenzen.

Nach 19 Jahren im Dienst bei einer Bundesbehörde wurde einem Mitarbeiter wegen des Vorwurfs, die unbekleideten Brüste einer Kollegin begrabscht zu haben, fristlos gekündigt. Zurecht, entschied das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin (Urt. v. 06.08.2023, Az. 22 Ca 1097/23)

Die betroffene Kollegin hatte sich beim Kläger über Rückenschmerzen beschwert. Dieser schob dann – mit ihrer Einwilligung – ein Stück ihrer Bekleidung hoch und öffnete den BH, um ihren Rücken abzutasten. Nach Aussagen des Arbeitgebers blieb es dabei aber nicht, sondern der Kläger habe dann seine Hände unter den BH geschoben und auf die Brüste der Kollegin gelegt. Das bestritt der Kläger vehement. Deswegen ging er auch gegen die fristlose Kündigung seines Arbeitgebers vor.

Gericht glaubt dem Opfer

Die Kollegin wurde vor Gericht als Zeugin gehört und konnte ihre Perspektive glaubhaft darlegen. Der Kläger hingegen behauptete, er habe die Brüste nur versehentlich gestreift, als er den BH wieder zu schließen versuchte. Das Gericht empfand aber die Berichte der Kollegin als glaubhafter und warf dem Kläger vor, mit seinen Erklärungen nur Schutzbehauptungen aufzustellen. Auch sei nicht erkennbar, dass die Betroffene ihren Kollegen grundlos der sexuellen Belästigung bezichtigen wollte.

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Wir sind bekannt aus

Eine vorherige Abmahnung, die auch bei einer Kündigung aus wichtigem Grund grundsätzlich erforderlich wäre, ist laut Gericht entbehrlich gewesen. Die Pflichtverletzung sei so schwer, dass nach einer Abwägung der Interessen auch eine sofortige Kündigung gerechtfertigt sei. Die langjährige Arbeitszeit des Klägers wurde berücksichtigt, doch im Ergebnis hätte die Schwere seiner Pflichtverletzung laut Gericht trotzdem überwogen.

Gegen das Urteil kann Berufung zum Landesarbeitsgericht erhoben werden.

Belästigung am Arbeitsplatz ist eine Straftat

Der Fall könnte nun im Nachgang auch die Strafgerichtsbarkeit beschäftigen. Seit der Reform des Sexualstrafrechts liegt einen sexuellen Übergriff nach § 177 Strafgesetzbuch (StGB) auch dann vor, wenn der Täter bei der sexuellen Handlung – die bei einem Ergreifen beider Brüste jedenfalls vorliegt – ein Überraschungsmoment ausnutzt. Das könnte hier durchaus der Fall gewesen sein, worauf laut StGB eine Haftstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren ausstehen würde. Allenfalls wäre es eine sexuelle Belästigung nach § 184i StGB.

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