Birte Meier wollte sich nicht damit zufriedengeben, dass ihre männlichen Kollegen mehr verdienten als sie. Nach einem jahrelangen Kampf, in dem sie sich von Gericht zu Gericht klagte, bekam sie nun endlich Geld vom ZDF überwiesen. Ein langer Rechtsstreit, der den Klageweg für viele Frauen in gleicher Situation ebnen könnte. Wir rekapitulieren.
Birte Meier und der ZDF einigten sich auf einen Vergleich. Meier klagte auf Zahlung der Gehaltsdifferenz, die zwischen ihr und ihren männlichen Kollegen bestand. Zu einer Entscheidung des Arbeitsgerichts (ArbG) Berlin kommt es wegen des Vergleichs nicht mehr.
Ein langer Klageweg findet ein Ende: Über achteinhalb Jahre, nachdem die Journalistin Birte Meier erstmals geklagt hat, einigte sie sich mit dem ZDF nun auf einen Vergleich. Meier reichte eine Klage ein, nachdem sie festgestellt hatte, dass sie über mehrere Jahre hinweg weniger Gehalt als ihre männlichen Kollegen erhalten hatte. Das ZDF zahlte der Journalistin nun eine nicht näher genannte Summe, um die Rechtsstreitigkeiten beizulegen. Nach der ersten Abweisung ihrer Klage wurde Meier von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) unterstützt. Die GFF freute sich darüber, dass der Streit nun endlich beigelegt werden konnte, sieht aber einen Skandal darin, dass Meier so lange kämpfen musste, um eine Ausgleichszahlung zu erhalten. 2017 hatte ihr Gehalt um 800 Euro unter dem mittleren Gehalt vergleichbarer männlicher Kollegen gelegen, wie die spätere Offenlegung des ZDF zeigte.
Berliner Gerichte wiesen Meiers Klage zunächst ab
2015 fing alles vor dem ArbG Berlin an, dort endete der Fall jetzt auch – der Kreis hat sich also geschlossen. Mit Urteil vom 01.02.2017 wiesen die Berliner Richter die Klage der Journalistin auf Auskunft über die Gehälter und Zahlung der Differenz ab (Az. 56 Ca 5356/15). Auch vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin war die Klage erfolglos (Urt. v. 05.02.2019, Az. 16 Sa 983/18). Die Richter argumentierten, dass Meier nicht als Arbeitnehmerin, sondern ausschließlich als freie Mitarbeiterin tätig war. Obwohl ihre Tätigkeit sowohl mit anderen freien Mitarbeitern als auch mit festangestellten Mitarbeitern vergleichbar sei, konnte das LAG keine Anzeichen für eine geschlechtsbezogene Ungleichbehandlung bei der Bezahlung feststellen. Das Gericht erklärte, dass die Journalistin keine ausreichenden tatsächlichen Beweise für die vermuteten Unterschiede vorgelegt habe. Meier habe konkret nachweisen müssen, dass die Lohnunterschiede geschlechtsbezogen seien. Außerdem war das LAG der Ansicht, dass ihr als freier Mitarbeiterin kein Auskunftsanspruch nach § 10 Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) zustünde. § 10 EntgTranspG berechtigt Beschäftigte, vom Arbeitgeber Auskunft über die Gehälter anderer Beschäftigter mit der gleichen oder gleichwertigen Tätigkeit zu verlangen. Das LAG ließ damals die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu.
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Erster Durchbruch vor dem BAG
Wie wir letztes Jahr bereits berichteten, schrieb Meier vor dem BAG Rechtsgeschichte. Die Journalistin erreichte die Feststellung, dass auch sie als freie Mitarbeiterin gegen ihren Arbeitgeber einen Anspruch auf Auskunft nach dem Entgelttransparenzgesetz hat, obwohl das Gesetz diesen Anspruch nur „Arbeitnehmern“ zuspricht (Beschl. v. 25.06.2020, Az. 8 AZR 145/19). Laut dem BAG komme es beim Entgelttransparenzgesetz auf den europarechtlichen Begriff des Arbeitnehmers an, weil das Gesetz auf Europarecht beruhe. Dieser sei weiter als der des deutschen Rechts und umfasse auch freie Mitarbeiter.
In Bezug auf den nicht zur Revision zugelassenen Teil, die erfolglose Klage auf Gehaltsanpassung, erhob Birte Meier Nichtzulassungsbeschwerde. Ein anderer Senat am BAG verwarf diese jedoch als unzulässig, weswegen Meier vor das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) ziehen wollte. Ihre Klage wurde aber aus formellen Gründen abgewiesen (Beschl. v. 01.06.2022, Az. 1 BvR 75/20). Außerdem sah das BVerfG das BAG nicht in der Pflicht, die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorzulegen, wie Meier es damals forderte. Die Verletzung des Grundrechts auf Gleichbehandlung sei zudem nicht rechtzeitig begründet worden. Wegen dieses Nichtannahmebeschlusses stand Birte Meier nun – erneut – vor dem ArbG Berlin. Hier wurde nun der Vergleich geschlossen.
Bedeutung des Vergleichs
Der Fall zeigt eindeutig: „Gender Pay Gap“ ist kein Hirngespinst. Gehaltsdifferenzen zwischen den Geschlechtern bestehen nach wie vor. Die Differenz betrug 2020 hierzulande bereinigt sechs Prozent, wie Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen. Ursprünglich forderte Meier 80.000 Euro Schadensersatz. Zwar ist nicht klar, welchen Anteil ihrer Forderung sie letztlich durch den Vergleich erzielte. Dennoch ist ihr Kampfgeist ein wichtiges Signal dafür, was erreicht werden kann, wenn Frau sich wehrt. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob nun ein Stein ins Rollen kommt oder es sich bei dem Verfahren nur um einen Einzelfall gehandelt hat.
agü/ezo