Ein Online-Möbelhändler beantragte, die Mitarbeiter seines Kundendienstes auch an Sonn- und Feiertagen von Deutschland aus arbeiten zu lassen. Nachdem der Antrag abgelehnt wurde, reichte das Unternehmen Klage vor dem VG Berlin ein – ohne Erfolg. Denn auch das Gericht untersagte nun die Arbeit an Sonn- und Feiertagen.
Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin untersagte einem Online-Möbelhändler die Beschäftigung des firmeneigenen Kundendiensts an Sonn- und Feiertagen. In dessen Urteilsbegründung hob das Gericht die Bedeutung von Sonn- und Feiertagen hervor und stellte klar, dass eine Sonntagsarbeit insbesondere dann nicht gerechtfertigt werden kann, wenn ein Unternehmen gleichzeitig die wöchentlichen Betriebszeiten nicht ausreichend ausschöpft (Urt. v. 27.04.2023, Az. 4 K 311/22).
Das Unternehmen bietet ihre Produkte ausschließlich im Internet an. Beschäftigt sind 1.635 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, davon 215 im Kundenservice. Gewöhnlich besetzt der Möbelhändler seinen Kundendienst an Sonn- und Feiertagen mit deutschsprachigen Mitarbeitern, die aber in Polen und Irland sitzen. Nun beantragte das Unternehmen beim zuständigen Landesamt für Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische Sicherheit in Berlin „ausnahmsweise Sonn- und Feiertagsarbeit für bis zu 14 Beschäftigte im Kundenservice im Homeoffice in Sachsen“. Der Antrag wurde jedoch abgelehnt und das Unternehmen erhob Klage vor dem Verwaltungsgericht. Die Berliner Richter gaben dem Landesamt in ihrer Urteilsbegründung Recht. Die Voraussetzungen für eine Ausnahmebewilligung seien nicht gegeben.
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Wöchentliche Betriebszeiten nicht ausreichend genutzt
Grundsätzlich ist es auch im Sinne des Arbeitszeitgesetz (ArbZG) möglich, vom Beschäftigungsverbot an Sonn- und Feiertagen abzuweichen. Voraussetzung dafür ist, dass die Konkurrenzfähigkeit des beantragenden Unternehmens nur durch die Bewilligung von Sonn- und Feiertagsbeschäftigung gesichert werden könnte. Darüber hinaus müsste der Betrieb die gesetzlich zulässigen Betriebszeiten unter der Woche ausnutzen. Das VG Berlin wies darauf hin, dass 144 Stunden Betriebszeit pro Woche möglich seien. Unternehmen hätten also die Möglichkeit ihre Mitarbeiter auch in Nacht- und Randstunden arbeiten zu lassen.
Tatsächlich nutze das Online-Unternehmen jedoch nur 90 der möglichen 144 Stunden wöchentlicher Betriebszeit, also nicht einmal Zweidrittel der Zeit. Das Unternehmen hat hierfür eine simple Begründung: Nachtarbeit würde bei einem Kundendienst aufgrund der fehlenden Nachfrage wenig Sinn ergeben. Darüber hinaus ist das Unternehmen der Ansicht, dass die eigene Wettbewerbsfähigkeit gefährdet sein könnte, sollten sonntags keine Kundenauskünfte gegeben werden können. Die Arbeit an Sonn- und Feiertagen sei also notwendig.
Gericht betont die Bedeutung der Sonn- und Feiertage
Das Gericht teilte diese Ansicht nicht und argumentierte dahingehend, dass es dem Unternehmen durchaus zumutbar sei, telefonische Auskünfte nur an Werktagen zu erteilen.
Das würde auch damit zusammenhängen, dass die Kunden des Unternehmens zu jeder Zeit im Online-Shop bestellen können – also auch nachts. Der Wortlaut des ArbZG sei eindeutig. Die Bestimmung sei eine Ausprägung des in Art. 139 i.V.m. Art. 140 GG verfassungsrechtlich verankerten Schutzes der Sonn- und Feiertagsruhe. Durch das vorliegende Urteil werden die besondere Bedeutung und der Zweck der Sonn- und Feiertage untermauert. Nur unter strenger Einhaltung bestimmter Voraussetzungen soll es möglich sein, eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen. Gegen das Urteil kann noch Berufung eingelegt werden.
agü/ezo