Was passiert, wenn ein Unternehmen die Zielvorgaben für eine Bonuszahlung zu spät oder gar nicht festlegt? Ein ehemaliger Mitarbeiter klagte auf entgangene Vergütung – und bekam vor Gericht Recht. Diese Entscheidung kann für viele Beschäftigte in ähnlichen Arbeitsverhältnissen richtungsweisend sein.

Ist ein Teil des Arbeitsentgelts von individuellen Zielen abhängig, muss der Arbeitgeber diese auch rechtzeitig mitteilen. Unterlässt er das, macht er sich schadensersatzpflichtig. So entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun im Falle einer verspäteten Zielvorgabe aus dem Jahr 2019 (BAG, Urteil vom 19. Februar, Az. 2025 10 AZR 57/24).

Der Arbeitnehmer war bis zum 30. November 2019 als Führungskraft „mit Führungsverantwortung“ angestellt. Sein Arbeitsvertrag sah eine variable Vergütung vor, deren Höhe sich zu 70 % aus Unternehmenszielen und zu 30 % aus individuellen Zielen ergab. Laut einer Betriebsvereinbarung hätte die Zielvorgabe bis spätestens 1. März des Jahres erfolgen müssen. Doch der Arbeitgeber versäumte es, seinem Arbeitnehmer rechtzeitig individuelle Ziele vorzulegen. Erst im September erfuhr er, dass vor dem Hintergrund der vergangenen drei Jahre ein Zielerreichungsgrad von 142% vorausgesetzt werde. Im Oktober 2019 erhielt er erst konkrete Zahlen zu diesen Zielen.

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Führungskräfte

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Frühere Information, mehr Leistung

Der Arbeitnehmer machte geltend, dass er bei einer rechtzeitigen Zielvorgabe seine Unternehmensziele zu 100 % und die individuellen Ziele mit einem Durchschnittswert von 142 % erreicht hätte. Er forderte daher einen Schadensersatz in Höhe von 16.035,94 Euro brutto, zusätzlich zu dem bereits ausgezahlten variablen Entgeltteil von 15.568,55 Euro brutto. Die Arbeitgeberin argumentierte hingegen, die Zielvorgabe sei rechtzeitig erfolgt und entspreche den Grundsätzen der Billigkeit. Höchstens könne der Arbeitnehmer eine Leistungsbestimmung verlangen, nicht jedoch Schadensersatz. Das Arbeitsgericht (ArbG) Köln wies die Klage zunächst ab. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln gab dem Arbeitnehmer hingegen Recht und sprach ihm den geforderten Schadensersatz zu. Das bestätigte das BAG nun und erteilte damit der Revision der Arbeitgeberin eine Absage.

Das BAG stellte klar: Eine verspätete oder unterlassene Zielvorgabe stellt eine Pflichtverletzung dar. Da sie erst nach Ablauf von ¾ der Zielperiode erfolgt sei, könne sie die Motivations- und Anreizfunktion nicht mehr erfüllen. Eine gerichtliche Leistungsbestimmung sei aufgrund der zeitlichen Verspätung ebenfalls hinfällig. Der Arbeitnehmer habe daher Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1, Abs. 3 in Verbindung mit § 283 S. 1 BGB verlangen können.

Ersatzvergütung in voller Höhe

Das Gericht schätzte den Schaden gemäß § 287 Abs. 1 ZPO auf Basis der zugesagten variablen Vergütung. Da keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass der Arbeitnehmer die Ziele nicht erreicht hätte, wurde ihm der volle Schadensersatzbetrag in voller Höhe zugesprochen.

Das BAG ging davon aus, dass der Arbeitnehmer die Unternehmensziele in der Tat zu 100% und die persönlichen Ziele in Höhe der durchschnittlichen Schätzung von 142% erreicht hätte. Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers lehnte das BAG ab, da allein der Arbeitgeber für die fristgerechte Zielvorgabe verantwortlich gewesen sei.

Für Arbeitnehmer bedeutet das Urteil eine gestärkte Position: Bleiben Zielvorgaben aus oder erfolgen sie verspätet, kann ein Anspruch auf Schadensersatz bestehen. Arbeitgeber sind daher gut beraten, die Vorgaben klar zu definieren und fristgerecht zu kommunizieren – nicht nur, um finanzielle Risiken zu vermeiden, sondern auch, um die Motivation ihrer Mitarbeiter aufrechtzuerhalten.

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tsp