Tattoos werden immer salonfähiger und sind heutzutage auch bei Staatsbediensteten keine Seltenheit mehr. Sind sie unter der Dienstbekleidung nicht sichtbar, bestehen dagegen grundsätzlich auch keine Bedenken. Doch dass sich ein Polizeibewerber riesengroß die Worte „Loyalty, Honor, Respect, Family“ auf den Rücken tätowieren ließ, war keine gute Idee. Denn sein Dienstherr schloss dadurch auf eine mangelnde charakterliche Eignung des jungen Mannes und verweigerte die Einstellung. Zu Recht, urteilte nun das VG Trier.

Das Land Rheinland-Pfalz darf einen Bewerber für den Polizeidienst ablehnen, der über den gesamten oberen Rückenbereich eine Tätowierung mit den Worten „Loyalty, Honor, Respect, Family“ trägt. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Trier mit Beschluss vom 27.09.2022 (Az. 7 L 2837/22.TR) entschieden.

Ein junger Mann bewarb sich um Einstellung in den gehobenen Polizeidienst des Landes Rheinland-Pfalz. Wegen Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung wurde die Einstellung jedoch abgelehnt. Der Grund: Die Worte „Loyalty, Honor, Respect, Family“, welche ihm in der Schriftart „Old English“ über den gesamten oberen Rückenbereich von der linken bis zur rechten Schulter tätowiert waren. Die Einstellungsbehörde war der Meinung, diese Tätowierung vermittele den Gesamteindruck eines „Ehrenkodex“, der über den Bedeutungsgehalt der einzelnen tätowierten Begriffe hinausreiche und inhaltlich mit den Werten einer „modernen Bürgerpolizei“ nicht in Einklang gebracht werden könne.

Soforthilfe vom Anwalt

Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

stephanie toerkel

Stephanie Törkel – unsere Betriebsrats-Expertin – begleitet und berät bereits seit Jahren Betriebsräte in unterschiedlichen Branchen. Sie weiß: ein direkter Draht zum Rechtsexperten ist wichtig!

Schnelle und direkte Hilfe für Betriebsräte

Sie benötigen für Ihren Betriebsrat Unterstützung! Ich bin für Sie da!

Ihnen stehen folgende Möglichkeiten der unverbindlichen und kostenfreien Kontaktaufnahme zur Verfügung: Schicken Sie Frau Törkel eine Email-Anfrage oder buchen Sie sich in ihrem Terminkalender einen Termin für eine Live-Session (Telefon oder Video-Beratung).

In dringenden Angelegenheiten können Sie auch direkt bei Frau Törkel anrufen: 0173-3459964.

Wir sind bekannt aus

Zweifel an charakterlicher Eignung gerechtfertigt

Gegen die Ablehnung seiner Einstellung suchte der Bewerber um einstweiligen Rechtsschutz beim VG Trier. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, es sei willkürlich, aufgrund einer – nicht sichtbaren – Tätowierung auf seine Nichteignung zu schließen. Dem Antrag auf Einstellung in den Polizeidienst entsprechen die Richter jedoch nicht. Vielmehr schlossen sie sich der Auffassung der Polizei an und stellten fest, dass der Anwerber keinen Anspruch auf Einstellung in den gehobenen Polizeidienst habe. Nach den maßgeblichen Vorschriften seien Einstellungen in ein öffentliches Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung vorzunehmen, wobei dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zustehe, der nur einer begrenzten gerichtlichen Kontrolle unterliege. Die erforderliche charakterliche Eignung des Bewerbers habe der Dienstherr zutreffend verneint, denn dieser habe seine Zweifel an der charakterlichen Nichteignung des jungen Mannes plausibel, willkürfrei und ohne sachwidrige Erwägungen dargelegt.

Stellt Bewerber eigenes Wertesystem über das staatliche?

Zwar seien die gewählten Begriffe für sich genommen erst einmal neutral und nicht zu beanstanden. Zu Recht habe die Einstellungsbehörde jedoch ausgeführt, dass die in der Tätowierung enthaltenen Begriffe und insbesondere die Voranstellung der Begriffe „Loyalität“ und „Ehre“ an erster und zweiter Stelle bei einem unbefangenen Betrachter den Verdacht nahelegen müssen, dass diese Werte für den Antragsteller eine besondere Bedeutung haben und hieraus der Schluss gezogen werden könne, dass dieser ein archaisches und überkommenes Wertesystem vertrete, in welchem der Loyalität zu einer bestimmten Person oder Personengruppe und der Aufrechterhaltung einer wie auch immer gearteten „Ehre“ eine übersteigerte Bedeutung zukomme. Die Eintätowierung in die Haut zeuge zudem davon, dass sich der Träger in besonders intensiver Weise zu den angesprochenen Werten bekenne.

Eine solche persönliche Einstellung mit der Pflicht eines Polizeibeamten zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten gem. § 34 Abs. 1 Satz 3 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) unvereinbar. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Bewerber aufgrund seines Wertesystems der „Loyalität“ und „Ehre“ eine höhere Bedeutung als den Freiheitsrechten der Bürger zumesse, zumal er nicht hinreichend dargelegt habe, auf welchen Bezugspunkt sich diese Attribute beziehen.

Interesses an britischer Geschichte trotz amerikanischer Schreibweise?

Eine besondere Bedeutung maßen die Richter überdies der gewählten Schriftart „Old English“ bei. So trug der Bewerber vor, er habe gerade diese Schriftart gewählt, weil die Werte, welche ihm schon von seiner Familie vermittelt worden seien, „durch ihre Bogenbrechungen nochmals graphisch unterstrichen werden sollten“. Außerdem interessiere er sich privat für die Geschichte des britischen Imperiums, zumal er dort Verwandtschaft habe. Diese Erklärung befanden die Richter als konstruiert und nicht glaubwürdig. Dies machte das Gericht unter anderem daran fest, dass es sich bei „honor“ um eine amerikanische Schreibweise handele, während das britische Pendant „honour“ laute. Dass die Familie dem jungen Mann schon als Kind zuvörderst die Werte Loyalität und Ehre vorgelebt habe, hielten die Richter für lebensfremd.

Gegen die Entscheidung steht dem Beteiligten innerhalb von zwei Wochen Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht (OVG)Rheinland-Pfalz zu.

Rechtslage zu tätowierten Polizisten noch ungeklärt

Immer wieder beschäftigen Tätowierungen von Polizeidienst-Anwerbern die Gerichte. Dabei geht es regelmäßig um zwei voneinander zu trennende Aspekte: Zum Einen um die Frage, ob Polizisten überhaupt sichtbare Tattoos tragen dürfen, welche nach wie vor nicht abschließend geklärt ist. Zum anderen ist häufig – wie hier – fraglich, ob ein bestimmtes Tattoo charakterlicher Zweifel am Bewerber aufkommen lässt. In jüngerer Zeit hat das OVG Münster etwa einen 22 x 18 Zentimeter großen Löwenkopf auf der Brust für insoweit unproblematisch gehalten (Urt. v. 12.05.2020, Az. 6 B 212/20). Am 14.09.2021 urteilte das VG Düsseldorf (Az. 2 L 1822/21), dass eine Vielzahl von Tattoos, mit denen der rechte Oberarm eines Bewerbers versehen war, namentlich eine (Friedens-)Taube, ein Engel, ein Auge, ein Kreuz, ein Skelett samt Totenkopf, welches eine Sanduhr in der Hand hielt und eine Banderole mit der Aufschrift „Semper fidelis“ (lat. „immer treu“) trug, sowie der Schriftzug „fortes fortuna adiuvat“ (lat. „den Mutigen hilft das Glück“) nicht geeignet war, Zweifel am Charakter eines Bewerbers zu begründen. Im Unterschied zur hier vorgestellten Entscheidung konnte der damalige Bewerber allerdings schlüssige Erklärungen zu jedem einzelnen Tattoo liefern.

Kontaktieren Sie unsere Experten im Arbeitsrecht!

Die Kanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE berät seit mehr als 30 Jahren Arbeitgeber, Unternehmen, Führungskräfte, Arbeitnehmer und Betriebsräte in allen Fragen des Arbeitsrechts. Zu unseren Leistungen zählen Vertragsgestaltung und -optimierung, Prüfung von Abmahnungs- und Kündigungssachverhalten, Compliance-Beratung, gerichtliche und außergerichtliche Vertretung in Kündigungsschutzverfahren und vieles mehr! Rufen Sie uns für eine kostenlose Ersteinschätzung Ihres Problems einfach an unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit)!

jko