Wer zur Fi­nan­zie­rung eines Au­to­kaufs ein so­ge­nann­tes ver­bun­de­nes Dar­le­hen auf­nimmt, kann nach An­fech­tung des Kaufs auch die be­reits ge­zahl­ten Kre­dit­ra­ten vom Dar­le­hens­ge­ber zu­rück­for­dern. Der Bun­des­ge­richts­hof hat den Streit um die ein­schlä­gi­ge Rück­for­de­rungs­an­spruchs­grund­la­ge nun­mehr ge­klärt: Die An­fech­tung ist ab­so­lut und wirkt bei ver­bun­de­nen Ver­trä­gen auch ge­gen­über dem Dar­le­hens­ge­ber, so dass über das Be­rei­che­rungs­recht rück­ab­ge­wi­ckelt wird.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun entschieden, dass bei Aufnahme eines Darlehens zur Finanzierung eines Autos als sogenannter verbundener Vertrag nach erklärter Anfechtung auch die bereits gezahlten Kreditraten zurückgefordert werden können (BGH, Urteil vom 15.06.2021, Az. XI ZR 568/19). Denn die Anfechtung ist absolut und wirke sowohl gegenüber dem Verkäufer als auch gegenüber dem Darlehensnehmer.

In der Sache hatte der Kläger des Verfahrens im Jahr 2013 einen neuen VW Golf von einer VW-Vertragshändlerin gekauft.

Dazu schloss er mit einer Kreditgeberin einen sogenannten verbundenen Darlehensvertrag zur Finanzierung des Autos in Höhe von 28.000€ ab, ausgenommen von der bereits geleisteten Anzahlung. Von einem verbundenen Darlehensvertrag spricht man, wenn ein Kaufvertrag zusammen mit einem Darlehensvertrag abgeschlossen wird, dessen Verwendungszweck, in diesem Fall die Autofinanzierung, an den Kaufvertrag geknüpft ist. Die Kreditgeberin zahlte den Darlehensbetrag ohne Umwege direkt an die Autohändlerin aus und wurde damit Sicherungseigentümerin des Golfs. 

Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung

Der Käufer bemerkte jedoch zwei Jahre nach dem Autokauf, dass es sich bei dem Golf nicht um einen Neuwagen handelte, wie bei Abschluss des Kaufvertrages vereinbart, sondern er bereits im Jahr 2011 hergestellt worden war. Als Folge davon erklärte er die Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung und stellte auch die Tilgung des Darlehens bei der Kreditgeberin ein. 

Daraufhin kündigte die Bank den Darlehensvertrag, verwertete den Golf, wozu sie als Sicherungseigentümerin berechtigt war, und forderte vom Darlehensnehmer die Zahlung des noch ausstehenden Betrages von 11.000€. 

Dieser erhob jedoch Widerklage auf Rückzahlung seiner bisher geleisteten Raten und den Erlös aus dem Fahrzeugverkauf. Dem entsprach auch das Landgericht Leipzig (LG Leipzig, Urteil vom 14.03.2019, Az. 4 O 2567/17).

Die Vertragshändlerin, die das Auto seinerzeit verkauft hatte, legte als Streithelferin Berufung zum Oberlandesgericht Dresden ein und verfolgte die Ansprüche der Bank vor dem BGH weiter (OLG Dresden, Urteil vom 18.10.2019, Az. 9 U 841/19). Damit hatte sie allerdings keinen Erfolg.

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Rechtsgrundlage bei verbundenen Verträgen

Bisher war umstritten, was die Rechtsgrundlage für die Rückgewähr in einem Fall wie diesem ist. Der BGH entschied diese Frage nun: Der Käufer kann die Summe nach § 813 Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zurückverlangen.

Nach dem Wortlaut des § 813 BGB begründe die Norm zwar nur ein Rückforderungsrecht ab dem Zeitpunkt, ab dem diesem Anspruch eine dauernde Einrede entgegengestanden habe. Das wäre erst der Zeitpunkt des Zugangs der Anfechtungserklärung. 

Allerdings entschied der BGH nun, dass das Rückforderungsrecht nicht nur bei anfänglicher Nichtigkeit gelten müsse, sondern auch in Fällen der Anfechtung wegen arglistiger Täuschung.  

Grund dafür sei die Tatsache, dass die rückwirkende Vernichtung des Kaufvertrages nach § 142 BGB, der die Rechtsfolge der Anfechtung nach § 123 BGB normiert, absolut sei. Sie gelte also nicht nur im Verhältnis von Käufer und Verkäuferin, sondern in verbundenen Verträgen auch gegenüber der Kreditgeberin nach § 359 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F.

Arglistige Täuschung: Golf war kein Neuwagen

Durch den Abschluss des Kaufvertrages habe die Vertragshändlerin konkludent erklärt, der Wagen sei fabrikneu und damit nicht mehr als zwölf Monate vor Vertragsschluss hergestellt worden.

Der BGH bejaht eine arglistige Täuschung auch dann, wenn die Angaben der Vertragshändlerin nur Angaben ins Blaue waren, obwohl sie anhand der Fahrzeugidentifizierungsnummer das korrekte Modelljahr hätte ermitteln können. Dass sie sich allein auf das Lieferdatum fünf Monate zuvor verlassen habe, qualifizierte der BGH als bedingt vorsätzliches Verhalten. 

Die Anfechtung des Kaufvertrages wirke gemäß § 142 BGB auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück. 

Damit bestehe aus den oben genannten Gründen auch ein Anspruch auch auf Rückgewähr der bezahlten Kreditraten.

lro