Das Landgericht München I hat entschieden, dass auch Leasingverträge ewig widerrufen werden können, wenn der Verbraucher nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Aus Kundensicht wurde vor dem LG das Idealergebnis erzielt: sämtliche geleisteten Leasingraten erhält der Kunde zurück und muss nicht einmal Wertersatz für die gefahrenen Kilometer leisten! Ein voller Erfolg für Verbraucher.
Uns liegt ein aktuelles Urteil des Landgericht München I (LG München I Urt. v. 20.12.2018 – 10 O 9743/18) vor, das uns freundlicherweise von den Kollegen, die den Rechtsstreit geführt haben, zur Verfügung gestellt wurde. Der Kläger leaste Ende 2014 einen Audi A1 bei der Sixt Leasing SE. Erst drei Jahre später – am 30.12.2017 – erklärte der Kunde den Widerruf des Leasingvertrages. Eigentlich war zu diesem Zeitpunkt die zweiwöchige Widerrufsfrist des Kunden längst abgelaufen. Trotzdem war sein Widerruf wirksam und insbesondere fristgerecht, hat das Landgericht entschieden. Denn die Widerrufsbelehrung der Sixt Leasing SE war fehlerhaft, gesetzliche Pflichtangaben fehlten und zudem war die Widerrufsbelehrung irreführend.
Was bisher nur zu Verbraucherkreditverträgen durch Gerichte entschieden wurde, gilt jetzt auch für Leasingverträge, die zwischen dem 13.06.2014 bis zum 20.03.2016 geschlossen wurde: Ist die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, etwa weil Pflichtangaben fehlen, beginnt die Widerrufsfrist gar nicht erst an zu laufen. Die Folge ist das sog. ewige Widerrufsrecht. Verbrauchern steht auch Jahre nach Abschluss des Leasingvertrages ein Widerrufsrecht zu.
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Pflichtangaben fehlten – irreführende Belehrung
Die von Sixt ausgehändigte Widerrufsbelehrung entsprach in mehrfacher Hinsicht nicht den gesetzlichen Vorgaben. Zunächst wurde der Kläger nicht ordnungsgemäß über den geltenden Verzugszinssatz informiert. Deutlicher ins Gewicht fiel jedoch, dass die Informationen zu den Möglichkeiten einer Kündigung unzureichend waren, weil sie keinerlei Angaben zu Form und Frist der Kündigung enthielten. Es gab zwar eine Angabe, dass beide Seiten kündigen können aber keine Angabe dazu, wie eine Kündigung durchzuführen wäre. Zuletzt gab es sogar eine missverständliche Passage im Vertragstext, die bei Verbrauchern zu Unklarheiten bzgl. ihres Widerrufsrechts führen könnte. Irreführend, lautete das Verdikt des Münchner Richters. Die von Sixt verwendete Widerrufsbelehrung stand im Widerspruch zum damals geltenden Recht. Daher wurde der Kläger nie ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt, weswegen die Frist zur Erklärung des Widerrufs auch nie zu Laufen begann.
Kostenlos Autofahren mit dem LG München
Ist der Widerruf wirksam erklärt, wird der Vertrag rückabgewickelt, d.h. im Fall des LG München I musste der Kläger das Fahrzeug an die Leasinggesellschaft. Im Gegenzug hatte Sixt die bereits geleisteten Leasingraten zurückzuerstatten. So weit, so normal. Allerdings ist aus Kundensicht das Highlight dieser Entscheidung, dass der klagende Verbraucher keinen Wertersatz für das Fahrzeug z.B. für gefahrene Kilometer zahlen musste. Der Kläger konnte also über drei Jahre völlig kostenlos das geleaste Fahrzeug benutzen und erhält nach seinem Widerruf alles zurück, was er an Raten geleistet hat!
Das LG München selbst erkennt, dass die fehlende Verpflichtung des Kunden zum Wertersatz für die Leasinggesellschaft ein hartes Ergebnis sei. Allerdings entspräche dieses Ergebnis schlicht dem Wortlaut des Gesetzes.
Bei allen aktuellen Möglichkeiten, einen Autokauf rückabzuwickeln, sei es weil das Fahrzeug die Diesel-Abschaltvorrichtungen verbaut hat, oder weil der Finanzierungsvertrag fehlerhaft und deshalb widerrufbar ist, ist vor allem die Frage des Wertersatzes bzw. Nutzungsersatz spannend. Die Rechtsprechung hierzu ist uneinheitlich. Im Idealfall fahren Kunden jahrelang „kostenlos“ Auto- ein lohnendes Geschäft.
Wem nützt diese Entscheidung?
Die Entscheidung des LG München ist in mehrfacher Hinsicht beachtlich. Einerseits wurde der Widerrufsjoker auf Leasingverträge ausgedehnt. Denn auch bei diesen handelt es sich letztlich auch nur um Finanzierungshilfen. Nimmt ein Verbraucher solche Finanzierungshilfen in Anspruch, muss er eben ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt werden. Leasingnehmer können jetzt auch den Widerrufsjoker nutzen und haben damit die Möglichkeit ihr Fahrzeug loszuwerden – bei absolut verbraucherfreundlicher Rechtslage.
Auch wenn der Widerruf von Autokrediten/Leasingverträgen erstmal nichts mit Dieselgate zu tun hat, bietet ein Widerrufsrecht die Möglichkeit, ein Dieselfahrzeug. Und zwar zu den Konditionen zu denen man es ursprünglich erwerben wollte. So lässt sich der Wertverlust von Dieselfahrzeugen seit Bekanntwerden des Diesel-Skandals kompensieren.
Wir prüfen ihren Vertrag!
Lassen Sie sich über die Chancen und Risiken eines Widerrufs in Ihrem persönlichen Fall beraten, bevor Sie ihn erklären. Erklären Sie vorschnell den Widerruf kann dies zu Problemen führen, die sich leicht vermeiden lassen. Das betrifft vor allem auch für die Frage der Kostenübernahme durch Ihre Verkehrsrechtsschutzversicherung.
Wir bieten eine kostenlos Ersteinschätzung Ihres Vertrages und prüfen ihre rechtlichen Möglichkeiten. Wir werden sodann umfassend mit Ihnen erörtern, ob und inwieweit ein Vorgehen für Sie zweckmäßig ist. Die Details eines solchen Mandats können Sie gern in einem persönlichen Gespräch mit uns erfahren. Im Rahmen der außergerichtlichen Vertretung erklären wir zum Beispiel für Sie den Widerruf und führen etwaige Verhandlungen mit der Bank bzw. der Leasinggesellschaft.