Das Bundesjustizministerium (BMJV) hat einen Gesetzesentwurf zur Änderung der Muster-Widerrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB) vorgelegt. Damit reagieren die Verantwortlichen auf ein bahnbrechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 26. März 2020, in dem die Richter das bisherige, in zahlreichen Fällen verwendete Muster für unvereinbar mit der EU-Verbraucherkreditrichtlinie erklärten. Wie die Widerrufsinformationen laut diesem Entwurf in Zukunft angepasst werden müssen und was das für Ihren Verbraucherkreditvertrag bedeutet, zeigen wir Ihnen im folgenden Artikel.
Ende März diesen Jahres sorgte der EuGH mit einem folgenreichen Urteil für die Kreditwirtschaft für viel Aufmerksamkeit. Die Richter erklärten die Widerrufsinformationen in zahllosen Verbraucherkreditverträgen für unionsrechtswidrig und ermöglichten damit vielen Verbrauchern von ihrem so genannten Widerrufsjoker Gebrauch zu machen. Aufgrund der fehlerhaften Widerrufsinformation hatte nämlich die eigentlich 14-tägige Widerrufsfrist auch bei älteren Verbraucherkreditverträgen nie zu laufen begonnen. Folglich konnten viele Verbraucher auch noch Jahre später ihre Verbraucherkreditverträge widerrufen.
Nach dem EuGH-Urteil dämpfte der BGH jedoch die Freude vieler Verbraucher. Er gestand den Banken bzw. Kreditgebern zu, dass sie sich mit ihrer fehlerhaften Widerrufsinformation in der Regel an die Muster-Widerrufsinformation im EGBGB gehalten hatten. Folglich profitierten sie vom so genannten Musterschutz. In einigen Fällen konnten die Verbraucher also doch nicht vom Widerrufsjoker Gebrauch machen. Es hießt: Der Gesetzgeber sei am Zug.
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EuGH kritisierte Kaskadenverweis in bisheriger Muster-Widerrufsinformation
Laut Anlage 7 des EGBGB können Kreditgeber bei Verbraucherkreditverträgen folgende Muster-Widerrufsinformation verwenden.
„Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z.B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“
Eben diese Klausel hatten viele Banken in ihre Verträge übernommen. Hier wird bzgl. der Pflichtangaben im Kreditvertrag auf § 492 Abs. 2 BGB verwiesen, der wiederum auf Art. 247 §§ 6-13 EGBGB verweist. Die Luxemburger Richter stellten fest, dass dieser so genannte Kaskadenverweis für Verbraucher ohne juristische Vorbildung unzumutbar sei. Der Kaskadenverweis widerspreche der Richtlinie 2008/48/EG vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge, da Bankkunden nicht in klarer, prägnanter Form über den Beginn der Widerrufsfrist belehrt würden. Es könne nicht sein, dass man sich durch einen Dschungel an Paragraphen kämpfen müsse, um herauszufinden, wann die Widerrufsfrist beginne.
Neue Muster-Widerrufsinformation: Pflichtangaben in 25 Punkten
Nun scheint der Gesetzgeber endlich zu handeln. Der Gesetzesentwurf vom Bundesjustizministerium zählt nun in seiner Muster-Widerrufsinformation eine Fülle an Pflichtangaben auf, über die Verbraucher informiert werden muss, damit die Widerrufsfrist zu laufen beginnt. In die Muster-Widerrufsinformation werden damit alle Pflichtangaben, wie sie bereits in Art. 247 EGBGB aufgezählt und definiert sind, übernommen.
Die Musterwiderrufsinformation wird an den entscheiden Stellen folgendermaßen geändert:
Abschnitt 1
Widerrufsrecht
Der Darlehensnehmer* kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle nachstehend unter Abschnitt 2 aufgeführten Pflichtangaben erhalten hat (…)
Abschnitt 2
Für den Beginn der Widerrufsfrist erforderliche Pflichtangaben im Vertrag
Die Pflichtangaben im Sinne des Abschnitts 1 Satz 2 umfassen:
1. den Namen und die Anschrift des Darlehensgebers;
2. die Art des Darlehens;
3. den effektiven Jahreszins;
4. den Gesamtbetrag;
Zu Nummern 3. und 4: Die Angabe des effektiven Jahreszinses und des Gesamtbetrags hat unter Angabe der Annahmen zu erfolgen, die zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrags bekannt sind und die in die Berechnung des effektiven Jahreszinses einfließen.
5. den Nettodarlehensbetrag;
6. den Sollzinssatz;
Die Angabe zum Sollzinssatz muss die Bedingungen und den Zeitraum für seine Anwendung sowie die Art und Weise seiner Anpassung enthalten. Ist der Sollzinssatz von einem Index oder Referenzzinssatz abhängig, so ist dieser anzugeben. Sieht der Darlehensvertrag mehrere Sollzinssätze vor, so sind die Angaben für alle Sollzinssätze zu erteilen. Sind im Fall mehrerer vereinbarter Sollzinssätze Teilzahlungen vorgesehen, so ist anzugeben, in welcher Reihenfolge die ausstehenden Forderungen des Darlehensgebers, für die unterschiedliche Sollzinssätze gelten, durch die Teilzahlungen getilgt werden.
7. die Vertragslaufzeit;
8. Betrag, Zahl und Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen;
9. die Auszahlungsbedingungen;
10. alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sowie die Bedingungen, unter denen die Kosten angepasst werden können;
11. den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie gegebenenfalls anfallende Verzugskosten;
12. einen Warnhinweis zu den Folgen ausbleibender Zahlungen;
13. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts, die Frist und die anderen Umstände für die Erklärung des Widerrufs sowie ein Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten. Der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist anzugeben;
14. das Recht des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen;
15. den Namen und die Anschrift des Darlehensnehmers;
16. die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde;
17. im Falle eines Darlehensvertrags mit fester Laufzeit einen Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers, während der Gesamtlaufzeit des Darlehens jederzeit kostenlos einen Tilgungsplan zu erhalten;
Verlangt der Darlehensnehmer einen Tilgungsplan, so muss aus diesem hervorgehen, welche Zahlungen in welchen Zeitabständen zu leisten sind und welche Bedingungen für diese Zahlungen gelten. Dabei ist aufzuschlüsseln, in welcher Höhe die Teilzahlungen auf das Darlehen, die nach dem Sollzinssatz berechneten Zinsen und die sonstigen Kosten angerechnet werden. Ist der Sollzinssatz nicht gebunden oder können die sonstigen Kosten angepasst werden, so ist in dem Tilgungsplan in klarer und verständlicher Form anzugeben, dass die Daten des Tilgungsplans nur bis zur nächsten Anpassung des Sollzinssatzes oder der sonstigen Kosten gelten. Der Tilgungsplan ist dem Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.
18. Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrags;
19. sämtliche weitere Vertragsbedingungen;
20. soweit für den Vertrag bedeutsam:
a) einen Hinweis, dass der Darlehensnehmer Notarkosten zu tragen hat;
b) Angaben über die vom Darlehensgeber verlangten Sicherheiten und Versicherungen, im Fall von entgeltlichen Finanzierungshilfen insbesondere den Hinweis auf einen Eigentumsvorbehalt;
c) die Angabe der Methode zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, soweit der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt und der Darlehensgeber beabsichtigt, seinen Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung geltend zu machen;
d) den Hinweis, dass der Darlehensnehmer Zugang zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren hat, und gegebenenfalls die Voraussetzungen für diesen Zugang;
e) Name und Anschrift des beteiligten Darlehensvermittlers;
21. die Höhe etwaiger mit dem Darlehensvertrag erhobener Kontoführungsgebühren sowie die Bedingungen, unter denen die Gebühren angepasst werden können, wenn der Darlehensgeber den Abschluss eines Kontoführungsvertrags verlangt;
22. soweit die vom Darlehensnehmer geleisteten Zahlungen nicht der unmittelbaren Darlehenstilgung dienen, eine Aufstellung der Zeiträume und Bedingungen für die Zahlung der Sollzinsen und der damit verbundenen wiederkehrenden und nicht wiederkehrenden Kosten im Darlehensvertrag;
23. soweit sich der Darlehensnehmer mit dem Abschluss eines Darlehensvertrags auch zur Vermögensbildung verpflichtet, ein Hinweis, dass weder die während der Vertragslaufzeit fälligen Zahlungsverpflichtungen noch die Ansprüche, die der Darlehensnehmer aus der Vermögensbildung erwirbt, die Tilgung des Darlehens gewährleisten, es sei denn, dies wird vertraglich vereinbart;
24. ergänzende oder abweichende Pflichtangaben bei Verträgen über einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe:
Bei Verträgen, durch die ein Unternehmer einem Verbraucher einen entgeltlichen Zahlungsaufschub oder eine sonstige entgeltliche Finanzierungshilfe (z. B. Finanzierungsleasingvertrag) gewährt, muss der Vertrag zusätzlich zu den in den Nummern 1 bis 23 genannten Pflichtangaben den Gegenstand (Ware oder Dienstleistung), den der Darlehensnehmer erhalten soll, bezeichnen und die Höhe des Barzahlungspreises enthalten. Barzahlungspreis ist der Preis, den der Verbraucher zu entrichten hätte, wenn seine Schuld bei der Übergabe der Sache oder bei der Erbringung der Leistung in voller Höhe fällig würde. Handelt es sich um einen Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher über die entgeltliche Nutzung eines Gegenstandes, in dem vereinbart ist, dass der Verbraucher bei Beendigung des Vertrags für einen bestimmten Wert des Gegenstandes einzustehen hat, so sind die Angaben nach Nummer 14 (vorzeitige Rückzahlung), Nummer 17 Satz 3 (Aufschlüsselung der Anrechnung von Teilzahlungen) und Nummer 20 Buchstabe c (Vorfälligkeitsentschädigung) entbehrlich.
Hat der Unternehmer den Gegenstand für den Verbraucher erworben, so tritt an die Stelle des Barzahlungspreises der Anschaffungspreis.
25. ergänzende Pflichtangaben bei Darlehensverträgen, die mit einem anderen Vertrag verbunden sind, und bei Darlehensverträgen, die ausschließlich der Finanzierung eines anderen (später widerrufenen) Vertrags dienen und in denen die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag genau angegeben ist:
Ein Darlehensvertrag ist mit einem anderen Vertrag im Sinne dieser Nummer 25 verbunden, wenn das Darlehen ganz oder teilweise der Finanzierung des anderen Vertrags dient und beide Verträge eine wirtschaftliche Einheit bilden. Eine wirtschaftliche Einheit ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Unternehmer selbst die Gegenleistung des Verbrauchers finanziert, oder im Falle der Finanzierung durch einen Dritten, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Darlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers bedient.
Weiter gilt Nummer 25 für Darlehensverträge, die ausschließlich der Finanzierung eines anderen (später widerrufenen) Vertrags dienen und in denen die Leistung des Unternehmers aus dem widerrufenen Vertrag im Darlehensvertrag genau angegeben ist. Diese Verträge müssen zusätzlich zu den Angaben in den vorstehenden Nummern 1 bis 24 (soweit anwendbar) enthalten:
a) Bezeichnung des Gegenstandes (Ware oder Dienstleistung) und Höhe des Barzahlungspreises sowie
b) Informationen über die Rechte des Verbrauchers, die sich daraus ergeben, dass der Darlehensvertrag mit einem anderen Vertrag verbunden ist oder in dem vorstehend genannten Sinn zusammenhängt. Weiter ist über die Bedingungen der Ausübung dieser Rechte zu informieren.
Was bedeutet das nun für Sie?
Mit der Gesetzesänderung soll infolge des EuGH-Urteils für mehr Rechtsklarheit und Transparenz bei den Widerrufsinformationen in Verbraucherkreditverträgen gesorgt werden. Abzuwarten bleibt nun, ob er im Gesetzgebungsprozess von Bundestag und Bundesrat noch abgewandelt wird.
Mit dem Tag des Inkrafttretens des Gesetzes soll jedenfalls das neue Muster auch verwendet werden. Ab dann müssen Kreditgeber alle genannten Pflichtangaben in ihre Widerrufsinformation aufnehmen, um in den Genuss des Musterschutzes zu kommen.
Wir werden Sie über alle weiteren Entwicklungen informieren.
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