Eine Bank darf für das Errechnen der Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung im Fall der vorzeitigen Rückführung eines Darlehens kein gesondertes Entgelt verlangen. Dies hat das OLG Frankfurt am Main entschieden. Es handle sich vielmehr um eine vertragliche Nebenpflicht der Bank gegenüber ihren Kunden.

Nach Ansicht des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt am Main stellt das Errechnen der Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung im Fall der vorzeitigen Rückführung eines Darlehens – unabhängig von § 493 Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – eine vertragliche Nebenpflicht einer Bank gegenüber ihren Kunden dar, so dass eine Bank dafür kein gesondertes Entgelt verlangen dürfe. Im konkreten Fall verpflichtete das OLG die Bank daher, die Verwendung einer Klausel, mit der 100 Euro für die Errechnung verlangt wurden, zu unterlassen (Urt. v. 14.12.2022, Az. 17 U 132/21).

Die beklagte Bank bewirbt unter anderem Verbraucherkredite. Nach ihrem Preisverzeichnis verpflichten sich private Darlehenskunden jedoch zur Zahlung einer Pauschale von 100 Euro, wenn die Bank für sie die Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung bei vorzeitiger Ablösung eines Darlehens (Allgemeindarlehen oder ein vor dem 21.03.2016 abgeschlossenes Immobiliardarlehen) errechnen soll. Die Pauschale wird außerdem unabhängig davon fällig, ob es nachfolgend zur vorzeitigen Rückführung des Darlehens kommt und wird nicht auf eine im Fall vorzeitiger Rückführung tatsächlich zu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung angerechnet.

Ein Kunde hielt diese Klausel jedoch für unwirksam und klagte beim erstinstanzlich zuständigen Landgericht (LG) Frankfurt am Main (Urt. v. 12.11.2021, Az. 2/25 O 190/20). Nachdem das LG den Unterlassungsantrag jedoch abgewiesen hatte, legte der Kunde Berufung beim OLG Frankfurt am Main ein – mit Erfolg.

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OLG sieht Kunden unangemessen benachteiligt

Denn die von der Bank verwendete Klausel sei tatsächlich unwirksam, so das OLG. Zunächst führte das Gericht aus, dass es sich bei der Aufwandsentschädigung um eine gerichtlich voll überprüfbare sogenannte Preisnebenabrede handle. Allerdings sei die Klausel mit wesentlichen Grundgedanken der Rechtsordnung nicht vereinbar und benachteilige die Kunden daher unangemessen. Denn nach Ansicht des Gerichts sei die Bank bereits nebenvertraglich verpflichtet, den Darlehensnehmer über die Höhe einer Vorfälligkeitsentscheidung bei vorzeitiger Rückführung zu informieren. Dies gelte unabhängig von den gesetzlich normierten Informationspflichten nach § 493 Abs. 5  Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), da sich diese allein auf Immobiliardarlehensverträge beziehen würden.

Berechnung für Bank nicht aufwendig

Weiterhin führte das OLG aus, der Darlehensnehmer habe auch grundsätzlich ein entsprechendes Informationsbedürfnis. Denn die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung sei komplex und beinhalte Rechenoperationen, die für den durchschnittlichen Kunden nur schwer nachzuvollziehen seien. Die Bank könne dagegen die Entschädigung mithilfe eines Computerprogramms ohne großen Aufwand errechnen. Die Berechnung stelle damit keine zusätzliche Sonderleistung dar, die einer gesonderten Vergütung unterliege. Dies gelte unabhängig davon, ob es tatsächlich zur vorzeitigen Rückführung komme oder nicht, betonte das Gericht.

Die beanstandete Klausel weiche damit von dem Grundsatz ab, dass die Bank ohne gesondertes Entgelt ihre vertraglichen Verpflichtungen zur Unterrichtung des Darlehensnehmers erfüllen müsse. Diese Abweichung indiziere eine unangemessene Benachteiligung der Darlehensnehmer. Dass die jeweilige Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung mit einem Verwaltungsaufwand einhergehen könne, müsse die Bank nach der vertraglichen Abrede hinnehmen, ergänzte das OLG schlussendlich.

aha