Verbraucherinsolvenz – das steckt dahinter
Ist eine Person hoch verschuldet und nicht in der Lage, diese Schulden selbständig zu begleichen, kann sie unter gewissen Voraussetzungen eine Verbraucherinsolvenz beantragen. Dies ermöglicht es der betroffenen Person, innerhalb von drei Jahren von allen Restschulden befreit zu werden und so der Schuldenfalle zu entkommen. Welche Voraussetzungen Sie erfüllen müssen, wie ein solches Verfahren abläuft und welche Vor- und Nachteile es mit sich bringt, erfahren Sie hier! Das Wichtgste vorab…
Was ist Verbraucherinsolvenz?
Die Verbraucherinsolvenz ist ein vereinfachtes Insolvenzverfahren, das zahlungsunfähigen natürlichen Personen offensteht. Umgangssprachlich bezeichnet man diese auch als „Privatinsolvenz“. Unter natürlichen Personen verstehen sich hierbei jegliche Verbraucher – unabhängig vom Einkommen. Ausgeschlossen sind
- Unternehmen,
- selbstständige berufstätige Personen
- und Freiberufler.
Für alle, die unter diese Personengruppen fallen, gibt es die Möglichkeit, die Regelinsolvenz zu beantragen.
Eine Ausnahme bilden ehemalige Selbstständige: Laut § 304 der Insolvenzordnung (InsO) kann die Verbraucherinsolvenz auch in diesem Fall beantragt werden, solange der Betroffene weniger als 20 Gläubiger besitzt und es keine offenen Forderungen aus Arbeitsverhältnissen gibt.
Um die Verbraucherinsolvenz beantragen zu können, muss außerdem eine Zahlungsunfähigkeit des Schuldners vorliegen. Laut § 17 Abs. 2 der InsO ist diese vorliegend, wenn der Schuldner die fälligen Zahlungspflichten nicht erfüllen kann und die Zahlungen eingestellt hat.
Das Ziel der Verbraucherinsolvenz ist eine vollständige Restschuldbefreiung der Verschuldeten. Das Verfahren ermöglicht es den verschuldeten Menschen, sich innerhalb von drei Jahren aus der Schuldenfalle zu befreien.
Gründe hinter einer Verbraucherinsolvenz
Es gibt viele verschiedene Gründe, die dazu führen können, dass Personen sich überschulden. Die am häufigsten auftretenden Ursachen sind die plötzliche Arbeitslosigkeit und langfristige Erkrankungen bis hin zur Arbeitsunfähigkeit. Infolge dieser können Fixkosten gar nicht mehr oder nur teilweise bezahlt werden und Schulden bauen sich auf.
Ein ebenfalls oft vertretender Grund ist die Trennung oder Scheidung vom Partner. Aus der Beziehung verbleibende Kosten und zusätzliche Verpflichtungen, wie Unterhalt und juristische Vertretungen, können von dem alleinigen Gehalt nicht gedeckt werden und die Betroffenen finden sich schnell in der Schuldenfalle wieder.
Weitere häufig auftretende Gründe sind:
- Unfälle
- Suchterkrankungen
- Schadensersatzzahlungen
- Gescheiterte Selbstständigkeit oder Immobilienfinanzierung
- Die gesamtwirtschaftliche Lage
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Die Antragstellung
Bevor der Schuldner einen Antrag stellen kann, muss ein außergerichtlicher Einigungsversuch mit den Gläubigern stattgefunden haben. Damit dieser vom Gericht anerkannt wird, muss dem Versuch zwingend ein Schuldenbereinigungsplan zugrunde liegen, der gemeinsam mit einem Anwalt oder alternativ einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle aufgestellt wird. In diesem Plan wird aufgezeigt, wie und unter welchen zugrunde liegenden Bedingungen die Schulden beglichen werden.
Scheitert der Versuch einer Einigung, kann der Schuldner beim Insolvenzgericht einen schriftlichen Antrag auf Verbraucherinsolvenz stellen. Um diesen einzureichen, werden folgende Unterlagen benötigt:
- Der Antrag auf Verbraucherinsolvenz: Diese Formulare werden vom Bundesministerium der Justiz bereitgestellt und müssen zwingend vollständig ausgefüllt werden.
- Die Bescheinigung über den außergerichtlichen Einigungsversuch: In dieser wird von einem Anwalt oder einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle bestätigt, dass eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern angestrebt wurde und warum der Versuch gescheitert ist.
- Angaben zur Einkommens- und Vermögenslage: Dazu zählen ein Vermögensverzeichnis, eine Vermögensübersicht, ein Verzeichnis der Gläubiger und ein Verzeichnis der Forderungen an den Schuldner.
- Ein Antrag auf Restschuldbefreiung
Erfahren Sie hier mehr darüber, wie Sie einen Insolvenzantrag stellen!
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Wie läuft das Verfahren ab?
Sobald die benötigten Unterlagen geprüft und anerkannt sind, wird das eigentliche Verfahren eingeleitet. Dieses besteht aus vier Phasen:
- Das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren
In einem ersten Schritt unternimmt das Insolvenzgericht einen zweiten Versuch, mit den Gläubigern zu einer Einigung bezüglich der Schuldenbereinigung zu kommen. Diese haben anschließend vier Wochen Zeit, um diesen Schuldenbereinigungsplan an- oder abzulehnen.
In dem Falle, dass mehr als 50 % dem Plan zustimmen, kann das Gericht auf Antrag der verschuldeten Person die Zustimmung der ablehnenden Gläubiger ersetzen.
- Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens
Sobald das gerichtliche Schuldenbereinigungsverfahren scheitert, beginnt das eigentliche Insolvenzverfahren. Die Schulden des Schuldners werden zunächst offiziell festgestellt und eventuell pfändbares Vermögen wird eingezogen und verwertet. Alle erreichten Erlöse erhalten die Gläubiger.
- Wohlverhaltensphase
Mit der Eröffnung der Verbraucherinsolvenz startet ebenfalls die Wohlverhaltensphase. In dieser Zeit hat der Schuldner einige Verpflichtungen, denen er gewissenhaft nachkommen muss. Versäumt er dies, so kann die Restschuldbefreiung abgelehnt werden. Der Schuldner ist verpflichtet, …
- … seine pfändbaren Einkünfte an den Treuhänder abzugeben. Diese werden anschließend einmal monatlich an die Gläubiger verteilt, um so die ausstehenden Forderungen zu tilgen.
- … einer angemessenen Erwerbstätigkeit nachzugehen bzw. sich nachweislich um eine solche zu bemühen.
- … regelmäßige Einblicke in sein Vermögen zu gestatten.
- … das Gericht sowie den Treuhänder über wesentliche Änderungen seiner Vermögenssituation, seiner beruflichen Situation oder seinem Wohnsitz zu informieren.
- Restschuldbefreiung
Die Restschuldbefreiung wird nach Ablauf der Wohlverhaltensphase per Gerichtsbeschluss veranlasst — der Schuldner ist ab diesem Zeitpunkt von allen Forderungen der Gläubiger, die zur Zeit der Insolvenzeröffnung bestanden, befreit. Ausgenommen sind hierbei beispielsweise Forderungen wegen vorsätzlicher Delikte oder Steuerhinterziehung.
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Häufig gestellte Fragen rund um das Verbraucherinsolvenzverfahren an unsere Anwälte.
Wie hoch müssen die Schulden für eine Privatinsolvenz sein?
Es gibt bei der Privatinsolvenz keinen bestimmten Betrag an Schulden, die der Schuldner aufweisen muss. Die InsO besagt viel mehr, dass jeder, der zahlungsunfähig ist, die Privatinsolvenz beantragen kann. Er gilt als zahlungsunfähig, wenn es dem Schuldner nicht mehr möglich ist, seinen Zahlungspflichten selbständig nachzukommen und er gezwungen ist, diese einzustellen.
Kann ich meine Schulden vollständig begleichen, wenn ich eine Verbraucherinsolvenz beantrage?
Nach der Restschuldbefreiung ist der Schuldner von allen Schulden befreit, die er bei der Insolvenzeröffnung hatte. Es gibt jedoch einige Ausnahmen, wie Forderungen wegen vorsätzlicher Delikte oder Schulden aus Steuerhinterziehung.
Welche anderen Optionen habe ich anstatt einer Verbraucherinsolvenz?
Sollten Sie noch nicht zahlungsunfähig sein, bietet es sich an, einen Haushaltsplan aufzustellen, um Einnahmen und Ausgaben besser kontrollieren zu können. Alternativ ist es möglich, in Form eines außergerichtlichen Vergleichs mit den Gläubigern zu einer Einigung zu kommen.
Was sind die Voraussetzungen für eine Verbraucherinsolvenz?
Um eine Verbraucherinsolvenz zu beantragen, müssen Sie zahlungsunfähig sein. Diese Art der Insolvenz steht außerdem nur natürlichen Personen zur Verfügung. Unternehmen, Freiberufler und derzeit selbständige berufstätige Personen durchlaufen das Regelinsolvenzverfahren.
Welche Vorteile hat die Verbraucherinsolvenz?
Die Verbraucherinsolvenz erlaubt es Schuldnern durch ein vereinfachtes Insolvenzverfahren, nach drei Jahren schuldenfrei zu sein. Aufgrund der Restschuldbefreiung muss der Betroffene dafür nicht alle Schulden tatsächlich abbezahlen. Dies bietet ihnen die Chance, der Schuldenfalle zu entkommen.
Wer kann mir bei einer Verbraucherinsolvenz helfen?
Ein Fachanwalt für Insolvenzrecht kann Sie bei der Einschätzung Ihrer Schuldenlage, beim Austausch mit den Gläubigern und der Kommunikation mit dem Insolvenzgericht unterstützen. Da es sich hierbei um einen recht komplexen Prozess handelt, erleichtert dies das Verfahren für die Betroffenen enorm. Alternativ kann man eine anerkannte Schuldnerberatungsstelle aufsuchen.
Dauer und Auswirkungen einer Verbraucherinsolvenz
Alle Verfahren, die vor Oktober 2020 eröffnet wurden, haben eine Dauer von maximal sechs Jahren. Bedingt durch die Corona-Pandemie hat sich die Verfahrensdauer für alle Anträge, die seit dem 01.10.2020 eingegangen sind, auf drei Jahre reduziert.
Der Schuldner muss damit rechnen, dass er während des Verfahrens sehr viele Informationen offenlegen muss. Außerdem wird in dieser Zeit jegliches Vermögen oder Einkommen, das über den unpfändbaren Betrag hinausgeht, an den Insolvenzverwalter abgegeben. Weiterhin muss beachtet werden, dass die anfallenden Kosten für das Insolvenzverfahren vom Schuldner getragen werden. Dabei handelt es sich um:
- die Gerichtskosten
- die Kosten für den Insolvenzverwalter bzw. Treuhänder
- ggf. die Anwaltskosten
Kann der Schuldner diese Kosten nicht durch die Insolvenzmasse begleichen, kann eine Stundung der Kosten beantragt werden.
Kann man die Verbraucherinsolvenz vermeiden oder verkürzen?
Ein einfacher Weg, um Schulden entgegenzuwirken, ist einen Haushaltsplan aufzustellen. Diese Maßnahme kann sowohl zur Prävention, als auch beim ersten Anfallen von Schulden genutzt werden. Der Betroffene hält hierbei fest, welche Einnahmen und Ausgaben anfallen und erlangt so einen Überblick über mögliche Ursachen der finanziellen Probleme: So kann er extra Ausgaben anpassen und das Geld stattdessen nutzen, um Schulden zu begleichen.
In dem Fall, dass die Schulden bereits zu hoch sind, kann der Schuldner mithilfe eines außergerichtlichen Vergleichs versuchen, mit den Gläubigern zu einer Einigung zu kommen.
Wurde bereits ein Verbraucherinsolvenzverfahren eingeleitet, kommt häufig die Frage auf, ob die Dauer verkürzt werden kann. Schuldner, die die Privatinsolvenz vor dem 01.10.2020 beantragt haben, können das Verfahren von sechs auf drei Jahre verkürzen. Dafür muss der Betroffene in dieser Zeit 35 % der Forderungssumme und die Verfahrenskosten tilgen. Ist ihm das nicht möglich, kann er das Verfahren durch das Abbezahlen der Verfahrenskosten auf fünf Jahre verkürzen.
Das Verbraucherinsolvenzverfahren dauert seit dem 01.10.2020 regulär nur noch drei Jahre. Eine Verkürzung ist nur dann möglich, wenn der Schuldner alle Verfahrenskosten und sonstige Verbindlichkeiten beglichen hat und die angemeldeten Forderungen erfüllt sind.
Warum benötigt man einen Anwalt bei einer Verbraucherinsolvenz?
Mit einem Fachanwalt für Insolvenzrecht an der Seite werden viele Schritte des Verbraucherinsolvenzverfahrens für den Schuldner vereinfacht. Bereits vor dem Insolvenzverfahren kann er die finanzielle Situation prüfen und einschätzen, ob eine Verbraucherinsolvenz in der jeweiligen Situation sinnvoll ist. Mit seinem Fachwissen kann er den Schuldner bei der Aufstellung eines Schuldenbereinigungsscheins unterstützen und die Kommunikation mit den Gläubigern vereinfachen.
Wenn es zu einem Verbraucherinsolvenzverfahren kommt, hat der Schuldner mit einem Anwalt eine Person vom Fach an der Seite, der das gesamte Insolvenzverfahren begleitet:
- Einschätzung der individuellen Lage
- Aufstellung eines Schuldenbereinigungsscheins
- Ermittlung der Gläubiger
- Erstellung des Insolvenzvertrag
- Korrespondenz mit Gläubigern sowie dem Insolvenzverwalter
- Unterstützung während der Wohlverhaltensphase
Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie in unserem Artikel zu Insolvenzrecht-Anwälten.