Wohlverhaltensphase – auf diese Dauer und Verpflichtungen müssen Sie sich einstellen
Die längste Phase während eines Insolvenzverfahrens ist die Wohlverhaltensphase. Der Schuldner ist in dieser mehrjährigen Zeit dazu verpflichtet, gewissen Obliegenheiten bzw. Pflichten nachzukommen, um im Anschluss die Restschuldbefreiung zu erhalten. Diese Seite gibt einen Überblick über die Obliegenheiten, die während der Wohlverhaltensphase erfüllt werden müssen. Es wird außerdem deutlich, welche Dauer zu erwarten ist und inwiefern Kredite und größere Anschaffungen während dieser Phase erlaubt sind.
Ablauf der Privatinsolvenz kurz zusammengefasst
Die Privatinsolvenz bzw. Verbraucherinsolvenz ermöglicht es zahlungsunfähigen Personen, sich innerhalb von drei Jahren von jeglichen Schulden zu befreien. Dafür durchlaufen Sie vier Phasen: Um das Verfahren eröffnen zu können, muss der Schuldner zuerst in einem außergerichtlichen Schuldenbereinigungsverfahren eine Einigung mit seinen Gläubigern anstreben. Verläuft dies nicht erfolgreich, kann das Privatinsolvenzverfahren beantragt werden. In einem ersten Schritt unternimmt hierbei das Gericht einen zweiten Versuch, eine Einigung mit den Schuldnern zu erlangen. Wenn auch dies fehlschlägt, wird das eigentliche Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet.
Hierbei werden zunächst die Schulden der betroffenen Person festgestellt – das pfändbare Vermögen wird eingezogen und auf die Gläubiger aufgeteilt. Anschließend beginnt die Wohlverhaltensphase, die darauf abzielt, dass der Gläubiger nach Ablauf dieser von allen seinen Restschulden freigesprochen wird.
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Obliegenheiten in der Wohlverhaltensphase
Während der Wohlverhaltensphase hat der Schuldner gewisse Obliegenheiten bzw. Pflichten, denen er für eine erfolgreiche Restschuldbefreiung nachkommen muss. Diese sind in § 295 der Insolvenzordnung geregelt. Tut er dies nicht, kann das Gericht ihm die Restschuldbefreiung verwehren und das Ziel des Verfahrens ist verfehlt – der Schuldner hat immer noch alle seine Schulden selbständig zu tilgen.
Folgende Obliegenheiten hat der Schuldner zu erfüllen:
- Der Schuldner ist verpflichtet, eine zumutbare Arbeit auszuführen. Sollte er nicht im Besitz einer Arbeitsstelle sein, muss er sich zumindest ernsthaft um eine solche bemühen. Wird ihm daraufhin eine zumutbare Arbeitsstelle angeboten, ist es ihm untersagt, diese abzulehnen: Einschränkungen durch den gesundheitlichen Zustand oder Kinder werden vom Gericht berücksichtigt.
- Es steht dem Schuldner frei, sich alternativ selbstständig zu machen. In diesem Fall werden die pfändbaren Abgaben an ein angemessenes Dienstverhältnis angepasst.
- Alles, was an pfändbarem Einkommen eingenommen wird, muss unverzüglich an den Insolvenzverwalter bzw. den Treuhänder ausgezahlt werden. Dieser teilt das Geld monatlich unter den Gläubigern auf.
- Der Schuldner ist verpflichtet, jegliche Änderungen bezüglich seines Arbeitsplatzwechsels, Veränderungen im Einkommen oder seiner Adressinformationen unverzüglich, aber spätestens innerhalb von 2 Wochen, seinem Insolvenzverwalter mitzuteilen
- Jegliche Erbschaften oder Gewinne muss der Betroffene seinem Insolvenzverwalter melden. Im Falle einer Erbschaft muss er 50 % dieser abgeben. Gewinne unter 200 € müssen nicht ausgezahlt werden.
- Alle Zahlungen an Gläubiger müssen über den Insolvenzverwalter laufen. So wird sichergestellt, dass alle Gläubiger gleichmäßige Anteile erhalten.
Die Dauer der Wohlverhaltensphase
Die Dauer der Wohlverhaltensphase ist davon abhängig, wann der Betroffene die Privatinsolvenz beantragt hat: Alle Verfahren, die ab dem 01.10.2020 beantragt wurden, haben eine reguläre Dauer von drei Jahren ab der Privatinsolvenzeröffnung. Sie endet mit der Restschuldbefreiung.
Insolvenzverfahren, die vor Oktober 2020 beantragt wurden, werden regulär nach sechs Jahren aufgehoben. Die Wohlverhaltensperiode kann in diesem Fall jedoch verkürzt werden:
- Wenn der Schuldner in der Lage ist, 35 % der Forderungssumme sowie die Verfahrenskosten abzubezahlen, wird die Wohlverhaltensperiode auf drei Jahre verkürzt.
- Die Wohlverhaltensphase kann auf fünf Jahre verkürzt werden, wenn der Schuldner zumindest die Verfahrenskosten abbezahlen kann.
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Kredite und Anschaffungen während der Wohlverhaltensphase – was ist erlaubt?
Der Schuldner sollte während der Wohlverhaltensperiode der Insolvenz vorsichtig sein, wenn es darum geht, neue Schulden einzugehen: Neue Verbindlichkeiten in unangemessener Höhe können zur Folge haben, dass das Gericht die Restschuldbefreiung versagt. Auch darf während der Wohlverhaltensperiode kein Geld verschwendet werden.
Möchte der Schuldner eine größere Anschaffung tätigen, wie ein Auto kaufen oder einen Kredit eingehen, sollte er beachten, dass das verwendete Vermögen einzig aus angespartem unpfändbaren Vermögen stammen darf.
Das Unterfangen eines Kredits gestaltet sich bei seriösen Banken und Kreditgebern jedoch häufig als schwierig, da die Bonität durch das Insolvenzverfahren beeinflusst wird. Sollten die Insolvenzgläubiger von einem solchen Unterfangen erfahren, können sie außerdem verlangen, dass die Restschuldbefreiung untersagt wird.
Größere Anschaffung, wie die eines Autos, dürfen nicht über eine Finanzierung gekauft werden. Auch hier ist der Kauf lediglich aus Barmitteln möglich, die aus dem nicht pfändbaren Vermögen stammen. Schuldner sollten einen solchen Kauf unbedingt im Voraus mit ihrem Insolvenzverwalter absprechen. Andernfalls riskieren Sie, dass es in das pfändbare Vermögen mit aufgenommen wird.
Die Betroffenen sollten zudem bedenken, dass neue Verschuldungen nicht von der Restschuldbefreiung betroffen sind und ein erneutes Privatinsolvenzverfahren erst nach zehn Jahren wieder möglich ist – der Schuldner muss selbstständig in voller Höhe für die neuen Schulden aufkommen.
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