Der Bundesgerichtshof hat heute zur Frage, ob die „Google“-Suchmaschinenbetreiberin mit ihrer? textgestützten Bildsuchfunktion gegen Urheberrechte Dritter verstößt, indem sie Bilder verkleinert und in komprimierter Form als Miniaturansichten (sog. Thumbnails) in ihrer Trefferliste anzeigt, Stellung genommen.
NEIN urteilte der Bundesgerichtshof und erwies Google damit einen großen Dienst.? Während sich die Vorinstanzen, die eine Urheberrechtsverletzung grundsätzlich bejahten, mit der Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit quälten, scheint der Bundesgerichtshof eine andere Lösung vorgezogen zu haben. Der Pressemitteilung (Nr. 93/2010) ist zu entnehmen, dass der I. Zivilsenat bereits die Begehung einer rechtswidrigen Urheberrechtsverletzung durch Google verneint. Der Senat setzt insoweit früher an als die Vorinstanzen, die die Frage im zweiten Schritt über eine konkludente oder ausdrückliche Einwilligung lösten. Der BGH hingegen stellte fest, dass der in der Wiedergabe in Vorschaubildern liegende Eingriff in das Recht der Klägerin gemäß § 19 a UrhG nicht rechtwidrig sei, weil die Beklagte dem Verhalten der Urheberin auch ohne rechtsgeschäftliche Erklärung entnehmen durfte, dass diese mit der Anzeige ihrer Werke einverstanden sei.
Damit kommt der BGH zu dem Ergebnis, dass Urheber in Zukunft aktiv Maßnahmen ergreifen müssen, um die unerlaubte Verwertung ihrer Werke durch Dritte als Thumbnails zu verhindern und spricht jeglichen bisherigen urheberrechtlichen Grundsätzen zuwider, nach denen sich üblicherweise der Nutzer um die Erlaubnis des Urhebers zur Verwertung des urheberrechtlich geschützten Werkes kümmern muss.
Die genaue Begründung des Urteils kann also mit Spannung erwartet werden. Schließlich setzt sich der BGH deutlich in Widerspruch zu diesen urheberrechtlichen Grundsätzen.
Mit dem Urteil scheint also ein Umdenken stattzufinden, das Urheber und Rechteinhaber zunehmend in die Verantwortung nimmt. Denn nach dem BGH muss derjenige, der nicht will, dass seine veröffentlichten Bilder genutzt werden, selbst tätig werden und technische Maßnahmen zum Schutze ergreifen.
Derzeit unabsehbar scheinen die Konsequenzen dieses Urteils, überträgt man sie auf andere Lebenssachverhalte, wie beispielsweise Musikveröffentlichungen. Bedeutet die Veröffentlichung eines Songs bei YouTube, dass rechtswidrige Urheberrechtsverletzungen bei komprimierten Auszügen schlichtweg nicht mehr möglich sind, es sei denn der Urheber trifft zahlreiche Schutzvorkehrungen? Veröffentlicht Madonna also einen Song im Internet, ist sie automatisch damit einverstanden, dass ich „Songschnipsel“ davon auf meiner Webpräsenz veröffentliche, jedenfalls sofern Auswahl und Veröffentlichung automatisiert erfolgen?
Oder sollte es sich hier um ein „Google-Privileg“ handeln? Das dürfte allerdings schwerlich mit dem deutschen Recht zu vereinbaren sein- schließlich „sind wir ja vor dem Gesetz alle gleich“. Oder sind die Großen eben doch ein bisschen „gleicher“?
Im Hinblick auf die bisherige restriktive Rechtsprechung zum Thema Urheberrecht, die zahlreichen Abmahnungen wegen illegaler Stadtplanveröffentlichungen, wegen Filesharings und den damit verbundenen hohen Streitwerten kann das Urteil eigentlich nur verwundern.
Ein unwohles Gefühl dürfte sich aufgrund des Urteils im Übrigen insbesondere bei Bilddatenbanken ausbreiten, da das Urteil diese offensichtlich unter Zugzwang setzt.
Ein uneingeschränkter Freibrief zugunsten von Google stellt das Urteil allerdings nicht dar. Denn der Bundesgerichtshof verwies insoweit auf die Rechtsprechung des EuGH und stellte fest, dass in Fällen, in denen die von der Suchmaschine gefundenen und als Thumbnails angezeigten Abbildungen rechtswidrig in das Internet gestellt worden seien, eine Haftung des Suchmaschinenbetreibers durchaus bestehe, wenn er von der Rechtswidrigkeit der von ihm gespeicherten Informationen Kenntnis erlange.