Mobilfunkanbieter Freenet hat Anfang des Jahres sein neues FUNK-Tarifmodell gestartet. Anders als bei den meisten anderen Anbietern können Kunden ihre Verträge hier täglich kündigen. Bei der „Unlimited“-Option soll Nutzern ein unbegrenztes Datenvolumen zur Verfügung stehen. Doch anscheinend hat Freenet nun einigen Kunden aufgrund zu hohen Datenverbrauchs gekündigt. Das Unternehmen verweist dabei auf seine AGB, aber genau hier entbrennt ein Streit.
Freenet geht mit seinem FUNK-Tarif neue Wege. Vor allem die Unlimited-Datenflat ist für viele Handynutzer interessant, zumal sie deutlich preiswerter ist als vergleichbare Angebote. Für nur 99 Cent am Tag können die Kunden vermeintlich endlos ungedrosselt im Internet surfen. Eine weitere Besonderheit an den FUNK-Tarifen ist, dass sie täglich kündbar sind. So sind Nutzer deutlich flexibler als bei herkömmlichen Handyverträgen. Allerdings ist nun bekannt geworden, dass Freenet Kunden wegen vermeintlich exzessiver Internetnutzung gekündigt hat. Das erscheint widersprüchlich, da Freenet doch selbst mit unbeschränktem Datenvolumen wirbt.
In den Fällen, in denen Kunden gekündigt wurde, handelte es sich offenbar um Extremfälle, in denen binnen kurzer Zeit große Datenmengen von teils mehr als einem Terrabyte (1000 Gigabyte) transferiert wurden. Offenbar wurden die SIM-Karten in LTE-Router
eingesetzt, sodass einzelne Nutzer ihr heimisches Netzwerk statt über das Kabel- oder Festnetz über das mobile Netz von FUNK laufen ließen. Fraglich ist, ob sich die Nutzer dadurch vertragswidrig verhalten haben.
Ist AGB-Klausel zulässig?
Zwar weist Freenet in seinen FAQ ausdrücklich darauf hin, dass Kunden ihr Mobilgerät auch für Tethering und als mobilen Hotspot einsetzen können. Beim Einsetzen der SIM-Karte in LTE-Router befindet sich die Karte aber gerade nicht mehr im Smartphone. An dieser Stelle kommen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von FUNK ins Spiel. AGB sind nach § 305 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) Vertragsbedingungen, die
- vorformuliert sind
- für die Verwendung in einer Vielzahl von Verträgen bestimmt sind
- und einseitig von einer Vertragspartei gestellt, also gerade nicht ausgehandelt, werden.
In den FUNK-AGB heißt es unter Punkt 5.8, dass der mobile Internetzugang nur mit Smartphones, Tablets oder sonstigen Geräten genutzt werden dürfe, die eine mobile Nutzung unabhängig von einem permanenten kabelgebundenen Stromanschluss ermöglichen. So soll der Einbau der SIM-Karten in stationäre LTE-Router ausgeschlossen werden. Eine solche Regelung ist zunächst auch nicht weiter unzulässig, schließlich handelt es sich ja um einen Mobilfunkvertrag. Ein solcher Vertrag ist vor allem für die Nutzung durch mobile Endgeräte bestimmt. Das schließt zwar nicht aus, dass regelmäßig über einen mobilen Hotspot auch andere stationäre Geräte wie PCs oder Smart-TVs verbunden werden, wird die SIM-Karte aber von vornherein in einen LTE-Router eingesetzt, läuft dies dem Vertragszweck zuwider, denn dann findet ja gerade keine mobile Nutzung mehr statt. Die Klausel dürfte also inhaltlich rechtmäßig sein. Anders wäre die Rechtslage, wenn in den AGB der Unlimited-Verträge tatsächlich doch eine Begrenzung des Datenvolumens geregelt wäre, denn das wäre wohl eine nach § 305c BGB unzulässige überraschende Klausel.
AGB wurden nachträglich geändert
Interessanter als der Inhalt ist jedoch, ob die Klausel überhaupt wirksam in den Vertrag einbezogen wurde. Laut verschiedener Medienberichte war Punkt 5.8 der AGB bis vor kurzem gar nicht in den AGB enthalten und wurde erst nachträglich ohne einen Hinweis an die Kunden hinzugefügt. Das geht so – zumindest mit Blick auf Bestandskunden – nicht. AGB sind zwar grundsätzlich nicht in Stein gemeißelt, ihre Änderung ist jedoch an Bedingungen geknüpft.
- Der Vertragspartner muss ausdrücklich auf die Änderung der AGB hingewiesen werden
- Er muss die Möglichkeit haben, sich über die Änderungen zu informieren
- Ihm muss eine angemessene Frist zur Erhebung eines Widerspruchs eingeräumt werden
- Und er muss über die Konsequenzen eines Widerspruchs in Kenntnis gesetzt werden
Jeder kennt Mails von PayPal, Mastercard oder Spotify, in der man auf eine Änderung der AGB hingewiesen wird. Meist lauten die Hinweisschreiben dann folgendermaßen:
Wir haben Punkt XY unserer AGB geändert. Er lautet nun wie folgt: […] Sie haben die Möglichkeit der Änderung binnen sechs Wochen zu widersprechen. Im Falle eines Widerspruchs können Sie unsere Dienste nicht mehr weiternutzen.
Ein solcher Hinweis fehlte im Fall von FUNK offenbar. Somit hatten Bestandskunden keine Chance, sich über die Änderungen zu informieren. Daran ändert sich auch die tägliche Kündbarkeit des Vertrags nichts. Dauerschuldverhältnisse wie ein Handyvertrag werden auch bei täglicher Kündigungsmöglichkeit nicht jeden Tag aufs Neue geschlossen, sondern laufen so lange weiter, bis sie gekündigt werden. Für Bestandskunden, die ihren Tarif bereits vor Änderung der AGB gebucht haben, gilt Punkt 5.8 also aufgrund des fehlenden Hinweises nicht.
Für Neukunden gilt aktuelle Version
Anders sieht es dagegen bei Neukunden aus. Sie werden im Bestellprozess schließlich auf die aktuelle Fassung der AGB hingewiesen, sodass sie für sie gilt. Auch für Bestandskunden, die nach Änderung der AGB den Tarif gewechselt oder den Vertrag pausieren lassen haben, gelten die neuen Vorgaben – zumindest sofern bei der Tarifänderung erneut auf die AGB hingewiesen wird.
Im Ergebnis lässt sich also sagen, dass die Klausel zwar inhaltlich zulässig ist, das heimliche nachträgliche Ändern jedoch dazu führt, dass der Passus zumindest für Bestandskunden nicht gilt. Ob Bestandskunden aber ohne weiteres ihre SIM-Karten in LTE-Router einbauen können, ohne dass darin ein vertragswidriges Verhalten läge, müssten im Zweifel aber die Gerichte entscheiden.
fho