Kündigt ein Mobilfunkanbieter den Vertrag mit seinem Kunden, so kann er nicht die Entgelte für die volle Restlaufzeit als Schadensersatz verlangen. Vielmehr müssen dessen ersparte Aufwendungen berücksichtigt werden. Dies hat das AG Sondershausen entschieden und den geltend gemachten Anspruch um 90 Prozent gekürzt.
Ein Kunde hatte mit einem Telekommunikationsunternehmen einen Mobilfunkvertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren abgeschlossen. Nachdem er mehrere Rechnungen nicht bezahlt hatte, kündigte das Unternehmen den Vertrag fristlos wegen Zahlungsverzugs. Darüber hinaus verlangte der Mobilfunkanbieter vom Kunden Schadensersatz und stellte ihm sämtliche Entgelte für die restliche Vertragslaufzeit in Rechnung. Als der Kunde sich weigerte, zu zahlen, verklagte der Anbieter ihn auf Schadensersatz.
Mobilfunkanbieter muss sich 90 Prozent an ersparten Aufwendungen anrechnen lassen
Das Amtsgericht (AG) Sondershausen sprach dem Anbieter nun lediglich einen erheblich geringeren Teil der monatlichen Entgelte als Schadensersatz zu als gefordert (Urteil 30.03.2017, Az. 4 C 11/17). Denn dieser habe sich 90 Prozent des Paketpreises an Aufwendungen erspart.
Zwar entstünden dem Anbieter durch die Bereitstellung eines Anschlusses durchaus Kosten durch Betrieb und Instandhaltung des Netzes. Jeder einzelne Kunde trage dann mit seiner Grundgebühr zum Erhalt des Mobilfunknetzes bei. Je mehr Nutzer ein Mobilfunknetz habe, desto geringer seien die Kosten pro Nutzer für die Instandhaltung des Netzes. Dies zeige, dass der Mobilfunkbetreiber tatsächliche Aufwendungen habe, die auch in Relation zu den Kunden stünden.
Weil der säumige Kunde diesen Anschluss aber nicht mehr nutzen darf, müssten allerdings die dem Anbieter dadurch ersparten tatsächlichen Aufwendungen angerechnet werden. Dies ergebe sich daraus, dass der Mobilfunkanbieter die anfallenden Kosten bei den Paketpreisen mitberücksichtigt habe. Den Anteil der gesparten Kosten bezifferte das Gericht auf 90 Prozent des Paketpreises.
Kündigung des Mobilfunkvertrags: Kürzung des Schadensersatzes
Zu der Frage, inwieweit Telekommunikationsunternehmen sich hier ersparte Aufwendungen anrechnen müssen, gibt es bereits mehrere Gerichtsentscheidungen.
In einem ähnlichen Fall hatte ein Mobilfunkunternehmen ebenfalls einen Mobilfunkvertrag mit einer Laufzeit von zwei Jahren abgeschlossen. Nachdem der Kunde mehrere Rechnungen nicht bezahlt und der Anbieter ihm den Vertrag gekündigt hatte, machte dieser einen Schadensersatzanspruch in Höhe von etwa 600 Euro geltend. Hierzu entschied das AG Münster, dass der Kunde nur ungefähr 300 Euro Schadensersatz zahlen muss (Urteil vom 30.10.2015, Az. 48 C 2904/15). Das Gericht schätzte dabei den Anteil der ersparten Aufwendungen auf mindestens 50 Prozent. Dies begründete das Gericht vor allem damit, dass der „Wegfall“ des Anschlusses für den Anbieter mir einer Erleichterung verbunden sei. Diese ergebe sich daraus, dass hier das Netz weniger belastet werde. Dies spiele vor allem an Tagen wie Sylvester eine Rolle, an denen das Mobilfunknetz besonders ausgelastet werde und es daher schnell zu Engpässen komme. In diesem Zusammenhang führte das AG Münster aus, dass der Anbieter auch einen dem Kunden gewährten „Treuerabatt“ beim Grundpreis berücksichtigen müsse. Die genaue Begründung der Entscheidung können Sie in diesem Beitrag nachlesen.
Ebenso sahen dies das AG Bremen (Urt. v. 22.11.2013, Az. 25 C 0215/13) sowie das AG Tempelhof-Kreuzberg (Urt. v. 04.12.2014, Az. 23 C 120/14) bei der Kündigung eines Mobilfunkvertrages bei einem Flatrate Tarif. Die Richter erkannten wegen ersparter Aufwendungen des Mobilfunkanbieters ebenfalls eine Kürzung des Schadensersatzanspruches um 50 Prozent zu.
hab
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