SCHUFA-Einträge können die Kreditwürdigkeit eines Menschen erheblich herabsetzen – so geschehen in diesem Fall. Umso ärgerlicher ist es dann, wenn die SCHUFA-Meldung falsch ist. Doch wer deswegen auf einen hohen Schadensersatzanspruch nach der DSGVO hofft, wird enttäuscht. Zumindest nach der Meinung des OLG Koblenz, das einer Geschädigten lediglich 500 Euro zusprach.
Ein Mobilfunkanbieter meldete vermeintliche Forderungen gegen eine Kundin an die SCHUFA – allerdings zu Unrecht. Obwohl die DSGVO für solche Fälle einen „abschreckenden“ Schadensersatzanspruch vorsieht, bekam die Kundin lediglich 500 Euro Schadensersatz zugesprochen. Eine Abschreckungswirkung gebe es auch schon bei niedrigen Beträgen, so das OLG Koblenz (Urt. v. 18.05.2022, Az. 5 U 2141/21).
Mobilfunkbetreiber meldete zu Unrecht Ansprüche bei der SCHUFA
Eine Kundin schloss in der Filiale eines Telekommunikationsunternehmens am 25.09.2018 einen neuen Mobilfunkvertrag ab. Gleichzeitig beendete sie den bisherigen Vertrag beim selben Anbieter. Am 06.01.2019 widerrief die Kundin ihren neuen Mobilfunkvertrag. Der Telekommunikationsdienstleister stellte der ehemaligen Kundin daraufhin im Zeitraum bis zum 10.07.2019 verschiedene Rechnungen aus, die von der Kundin nicht ausgeglichen wurden. Am 16.09.2019 veranlasste der Mobilfunkanbieter einen SCHUFA-Eintrag zu Lasten der ehemaligen Kundin. Am 27.09.2019 gab das das Unternehmen die Löschung des Eintrags in Auftrag. Die Löschung erfolgte jedoch mindestens bis zum Juni 2021 nicht.
Nach einem erfolglosen Mahnverfahren erhob das Telekommunikationsunternehmen vor dem Amtsgericht Klage auf Zahlung der vermeintlich ausstehenden Zahlungen. Daraufhin machte die Ex-Kundin widerklagend einen Anspruch auf immateriellen Schadensersatz in Höhe von 6.000 Euro aus Art. 82 DSGVO geltend. Infolgedessen gab das Amtsgericht das Verfahren zuständigkeitshalber an das Landgericht ab. Dieses gab der Klage des Mobilfunkunternehmens statt und wies die Widerklage der ehemaligen Kundin ab. Letztere legte daraufhin Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Koblenz ein und bekam vor diesem Recht.
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An die SCHUFA gemeldete Ansprüche bestanden nicht
Zunächst stellten die OLG-Richter fest, dass die Kundin den neu abgeschlossenen Vertrag wirksam widerrufen habe und dem Telekommunikationsanbieter daher keine Ansprüche zustanden. Somit erfolgte nach Auffassung des OLG auch der SCHUFA-Eintrag unrechtmäßig. Allein deshalb, weil die gemeldete Forderung nicht eindeutig bestand, sondern von der Kundin bestritten wurde, hätte die Meldung unterbleiben müssen.
Intensiv setzten sich die Richter dann mit der Frage auseinander, inwieweit der Kundin Schadensersatz nach Art. 82 der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zustand. Durch die Mitteilung unberechtigter Forderungen an die SCHUFA habe das Mobilfunkunternehmen gegen Art. 5, 6 iVm Art. 4 Nr. 2 DSGVO verstoßen, so die Richter. Fraglich sei jedoch, ob der Kundin dadurch ein immaterieller Schaden entstanden sei.
Der immaterielle DSGVO-Schadensersatz sei auch ein Instrument, um die Ziele der DSGVO zu verwirklichen. Kern sei danach der Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten. Vor dem Hintergrund seien verschiedene Aspekte in die Bemessung des Schadensersatzes einzubeziehen. Maßgeblich könnten sowohl durch die Datenverarbeitung verursachte Ängste und Stress sein. Darüber hinaus habe der Schadensersatz auch eine Genugtuungsfunktion. Schließlich könne der Anspruch auch noch eine generalpräventive Funktion haben.
Ausgehend von diesem immateriellen Schadensbegriff habe die Mobilfunk-Kundin den ihr entstandenen immateriellen Schaden dem Grunde nach hinreichend dargelegt. Sie habe hierzu ausgeführt, die unberechtigt weitergegebenen Daten seien geeignet gewesen, ihre Kreditwürdigkeit erheblich herabzusetzen und ihre Teilhabe am Wirtschaftsleben zu erschweren. So sei die Kreditvergabe bei ihrer Hausbank angehalten worden und sei des Weiteren zu befürchten, dass ihr künftig bei im Internet abgeschlossenen Geschäften Käufe auf Rechnung versagt würden.
6.000 Euro Schadensersatz sind überzogen
Die Höhe des Anspruchs auf materiellen Schadensersatz sei mit dem geltend gemachten Betrag von 6.000 Euro jedoch nach Maßgabe des § 287 Zivilprozessordnung (ZPO) gänzlich überzogen. Art. 82 DSGVO enthalte keine Kriterien zur Bestimmung der Höhe des Anspruchs auf immateriellen Schadensersatz. Um den verschiedenen Funktionen des Schadensersatzanspruches Rechnung zu tragen, sei es indes nicht zwingend, die Beträge hoch anzusetzen, um die geforderte Wirksamkeit und abschreckende Wirkung zu erzielen.
Den Kontext betrachtend müsse gesehen werden, dass es sich bei dem Forderungsmanagement in bestimmten Wirtschaftsbereichen wie der Telekommunikation um Massenverfahren handele. Es würden in diesen Bereichen monatlich hunderttausende, wenn nicht Millionen von Forderungen begründet, in Rechnung gestellt und deren Zahlungseingang überwacht. Die Einzelforderung sei dabei – wie hier – außerordentlich gering und verbleibe auch in der Summe mehrerer Monate meist unter 500 Euro. Würde man also im Einzelfall einen so hohen Schadensersatzanspruch ansetzen wie gefordert, so überstiege dieser sogar den Ertragsverlust in der Hauptsacheforderung.
Komme es im Einzelfall zu einem Rechtsverstoß, reiche ein dementsprechend niedriger immaterieller Schadensersatzanspruch, um der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion wegen der Bloßstellung gegenüber dem eigenen Kreditinstitut zu entsprechen. Die Beeinträchtigungen seien außerdem primär wirtschaftlicher und nicht höchstpersönlicher Natur und kämen körperlichen Beeinträchtigungen nicht nahe. Komme es zu vielen Fällen von Rechtsverstößen durch den gleichen Verantwortlichen (Verletzter), sei die hohe abschreckende Wirkung außerdem in der Summe aller immateriellen Ersatzansprüche zu sehen. Daneben trete dann noch die Gefahr ganz erheblicher materieller Ersatzansprüche.
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SCHUFA-Meldungen sollen auch Verbraucher schützen
Würde man den immateriellen Schadensersatzanspruch zu hoch ansetzen, begründete dies die Gefahr, dass aus wirtschaftlichen Gründen Meldungen an die SCHUFA gänzlich unterblieben. Dies ließe aber die (auch) verbraucherschützende Funktion der Meldung, eine Verschuldung zu erschweren, in unvertretbarer Weise gänzlich in den Hintergrund treten.
Zu sehen sei daneben, dass die betroffene Person eine Vielzahl von Rechten und Möglichkeiten habe, die Beeinträchtigung gering und kurz zu halten, so dass der immaterielle Schadensersatz auch in seiner Sanktionswirkung nicht alleine stehe.
Schließlich dürfe auch nicht außer Betracht gelassen werden, dass nach Art. 82 DSGVO nur ein konkreter Anspruchsteller mit seiner Betroffenheit zu entschädigen sei, während das Allgemeininteresse im Schwerpunkt nach Art. 83 DSGVO durch Bußgelder gewahrt werde.
Über einen etwaigen Anspruch auf Ersatz des materiellen Schadens, welcher der Kundin durch das zunächst verweigerte und inzwischen verteuerte Darlehen entstanden war, entschied das OLG mangels Klageantrags nicht.
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jko