Ein Passagier fliegt innerhalb der EU, der andere von der EU in einen Drittstaat. Von beiden gleicht das BKA die Daten mit der polizeilichen Datenbank ab. Doch das war rechtswidrig, so das VG Wiesbaden. Die vom EuGH aufgestellten Grundsätze waren nicht erfüllt.

Das Bundeskriminalamt (BKA) darf nicht die Fluggastdaten sämtlicher Flüge pauschal überwachen. Das hat das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden in zwei Verfahren über die Verarbeitung von Fluggastdaten nach dem Fluggastdatengesetz entschieden (VG Wiesbaden, Urt. v. 06.12.2022, Az. 6 K 1199/22. WI; 6 K 805/19.WI).

Das Fluggastdatengesetz (FlugDaG) beruht auf der europäischen Fluggastdaten-Richtlinie und dient der Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Kriminalität. Es sieht vor dem Abflug oder der Ankunft an einem europäischen Flughafen einen Abgleich der personenbezogenen Daten von Fluggästen unter anderem mit Fahndungsdatenbanken vor. Zu den Fluggastdaten gehören vor allem Name, Adresse, Buchungsdaten, Sitzplatz und weitere Informationen über Flugpassagiere.

Die Kläger im Rechtsstreit waren zwei Passagiere, von denen einer auf einer innereuropäischen Strecke sowohl hin als auch zurück flog und der andere von der EU in einen Drittstaat und von dort wieder zurück. In diesem Zusammenhang wurden die Daten der Kläger durch das BKA mit polizeilichen Datenbanken abgeglichen. Zu einem Treffer kam es bei den Klägern nicht.

Soforthilfe vom Anwalt

Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.

Wir sind bekannt aus

EuGH: Datenverarbeitung bei Terrorgefahr rechtmäßig

Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Fluggastdatenverarbeitung hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits 2021 auf Vorlage des Belgischen Verfassungsgerichts entschieden (Urt. v. 21.06.2022, Rs. C-817/19). Das Gericht hatte in diesem Urteil die Datenverarbeitung für rechtmäßig erklärt, wenn sie im Zusammenhang mit terroristischen Straftaten und schwerer Kriminalität stehe. Da die Datenverarbeitung ein schwerer Grundrechtseingriff sei, müsse die Bedrohung real und aktuell sein. Eine Verarbeitung aufgrund des Risikos gewöhnlicher Kriminalität sei nicht ausreichend.

Aufgrund dieser Voraussetzungen hat nun das VG Wiesbaden geurteilt. Für beide Datenverarbeitungen waren die vom EuGH aufgestellten Grundsätze nicht erfüllt, so dass das Handeln des BKA rechtswidrig sei.

Überwachung der Kläger rechtswidrig aufgrund fehlender Rechtsgrundlage

Bezüglich des innereuropäischen Flugs fehle es an einer grundrechtskonformen Rechtsgrundlage des BKA. Nach der Entscheidung des EuGH dürften die Daten von Passagieren von Flügen innerhalb der EU nur dann verarbeitet werden, soweit es Anhaltspunkte für terroristische Bedrohungen auf bestimmten Flugrouten gebe. Eine solche Bedrohung habe die Beklagte aber nicht nachweisen können. Die Totalüberwachung sämtlicher Flüge, wie sie im FlugDaG geregelt sei, sei daher unzulässig.

Auch hinsichtlich des Flugs in einen Nicht-EU-Staat liege keine Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung durch das BKA vor. Die Bekämpfung gewöhnlicher Kriminalität rechtfertige es nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, die Daten sämtlicher Flugpassagiere ohne konkreten Anhaltspunkt mit Ausschreibungs- und Fahndungsdatenbanken abzugleichen. Die Mitgliedstaaten hätten vielmehr die Aufgabe, gesetzlich die schweren Straftaten zu benennen, wegen derer die Flugpassagiere einer so weitgehenden Datensammlung ausgesetzt würden. Nur so werde sichergestellt, dass das System der Fluggastdatenspeicherung nur zur Bekämpfung schwerer Kriminalität eingerichtet und betrieben werde. Einen solchen Straftatenkatalog enthalte das deutsche FlugDaG aber nicht.

Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig, die Beklagte kann noch Rechtsmittel einlegen. Zur Verfügung steht entweder die Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof oder eine Sprungrevision direkt zum Bundesverwaltungsgericht.

mha